Reaktion auf Nord-Stream-Berichte "Keine voreiligen Schlüsse ziehen"
Laut Recherchen, an denen auch die ARD beteiligt war, führen Spuren der Nord-Stream-Explosionen in die Ukraine. Deutsche Politiker betonten, weitere Ermittlungen abwarten zu wollen. Die Union warf der Regierung Intransparenz vor.
Nach den Berichten über mögliche Verursacher der Explosionen der Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 haben sich deutsche Politiker zurückhaltend geäußert. So betonte etwa Außenministerin Annalena Baerbock, dass die zuständigen Behörden zunächst ihre Ermittlungen zu Ende führen müssten.
"Natürlich verfolgen wir alle Berichte und auch alle Erkenntnisse, die es von unterschiedlichen Akteuren gibt, ganz, ganz intensiv", sagte die Grünen-Politikerin bei ihrem Besuch in der Kurden-Hauptstadt Erbil auf eine entsprechende Journalistenfrage. Aber weitere Ermittlungen abzuwarten, sei nötig, damit "wir dann von Seite der Regierung aufgrund dieser Erkenntnisse dann auch Beurteilungen treffen können und nicht voreilig aus Berichten heraus Schlüsse für uns ziehen".
Pistorius: "Abwarten, was sich davon wirklich bestätigt"
Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius reagierte verhalten. Er nehme die Rechercheergebnisse mit großem Interesse zur Kenntnis, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. "Aber wir müssen jetzt mal abwarten, was sich davon wirklich bestätigt. Jetzt hypothetisch zu kommentieren, was wäre wenn, halte ich jetzt für nicht zielführend. Das muss geklärt werden."
In internationalen Sicherheitskreisen wird eine "False Flag"-Operation nicht ausgeschlossen - also dass Spuren bewusst gelegt worden sind, die auf die Ukraine als Verursacher hindeuten. "Das wäre nicht das erste Mal in der Geschichte solcher Ereignisse. Von daher hüte ich mich davor, voreilige Schlüsse zu ziehen", sagte Pistorius. Bislang haben Ermittler den Recherchen zufolge aber keine Hinweise auf ein solches Szenario gefunden.
Weiter betonte Pistorius, es müsse deutlich unterschieden werden, "ob es eine ukrainische Gruppe war - also im ukrainischen Auftrag gewesen sein könnte - oder eine pro-ukrainische ohne Wissen der Regierung".
Für weitere Aufklärung sprach sich auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschuss im Bundestag, Michael Roth, aus. "Ich hoffe, dass man jetzt auch noch Licht hinter das Dunkel bringen kann, vor allem auch bei der Frage, wer ist denn der eigentliche Auftraggeber", sagte der SPD-Politiker auf RTL/ntv laut einer Mitteilung der Sender. Er nehme aber zur Kenntnis, dass die Regierungen in Kiew und Washington eine Beteiligung ausgeschlossen hätten. Er habe keine Lust mehr, sich entsprechende Verschwörungstheorien anzuhören. "Das wird ja auch ganz bewusst von russischer Seite angeheizt."
Kiesewetter kritisiert Informationspolitik der Regierung
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter warf der Bundesregierung eine verfehlte Kommunikation in Zusammenhang mit den Explosionen vor. "Leider leistet die bisherige Informationspolitik und das intransparente Vorgehen der Bundesregierung Spekulationen in allen Richtungen Vorschub", sagte Kiesewetter dem Portal "t-online".
Zu den Recherchen sagte Kiesewetter: "Auch aktuelle Medienberichte verweisen stets auf die unklare Beweislage und zudem die Möglichkeit von 'False-Flag'-Operationen." Auch müsse weiter die Frage bedacht werden, "wer ein Interesse an der Sprengung hat, warum nur drei der vier Stränge gesprengt wurden und wem gerade die Unsicherheit, die Spekulationen und Beschuldigungen nutzen".