Hans-Christian Ströbele gestorben Einer, der seinem Gewissen folgte
Er verteidigte RAF-Mitglieder und musste wegen Unterstützung einer terroristischen Organisation selbst ins Gefängnis. Als Mitbegründer der Grünen war er für seine Partei stets unbequem. Nun ist Hans-Christian Ströbele gestorben.
Hans-Christian Ströbele - ein Mann der Basis. Einer, der nur seinem Gewissen verpflichtet war. Und für das eintrat, was er für richtig hielt. Nun ist der langjährige Grünen-Bundestagsabgeordnete im Alter von 83 Jahren gestorben.
Bekannt wurde er als Mitbegründer des ersten und einzigen Sozialistischen Anwaltskollektives. Gemeinsam mit Otto Schily und Horst Mahler verteidigt er die RAF-Terroristen der ersten Generation. Doch die Anwälte gehen noch weiter - sie ermöglichen den Gefangenen den Austausch von Informationen.
Das bringt Ströbele für wenige Wochen selbst ins Gefängnis: "In dem Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten wird Rechtsanwalt Ströbele vorgeworfen, eine kriminelle Vereinigung unterstützt zu haben und zwar in einem besonders schweren Fall", sagte der damalige Justizsenator von Berlin, Hermann Oxfort.
Für die Grünen war er unbequem
Trotz großer Proteste wird er zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Sein Engagement für die Mitglieder der RAF hielt Ströbele bis zum Schluss für richtig und notwendig. Hans-Christian Ströbele war sein Leben lang konsequent links. Mit linken Träumen - auch als Gründungsmitglied der "taz": "Das war der Traum von einer linken Tageszeitung, den sehr viele hatten und es ist auch mehrfach versucht worden, also etwa vom Spiegel Verlag mal Ende der 1960er Jahre, das hat immer nicht geklappt und da haben wir gesagt, das muss irgendwie hinhauen." Es hat funktioniert.
Ebenso wie die Gründung der Grünen - auch da war Ströbele Mann der ersten Stunde - und zog 1985 in den Bundestag ein. Aber auch für die Grünen war er unbequem - als Pazifist einer der größten Kritiker des grünen Außenministers Fischer, der sich für Auslandseinsätze der Bundeswehr aussprach. Die Folge: 2002 verweigert ihm die Partei einen aussichtsreichen Listenplatz. Doch Ströbele kämpft - und gewinnt als erster Grüner ein Direktmandat.
"Ich freu mich natürlich ungemein und bin auch ein bisschen glücklich darüber, dass ich so eine Anerkennung meiner politischen Arbeit im Bundestag bekommen habe und einen Vertrauensvorschuss für die nächsten vier Jahre. Ich hoffe, ich kann dem gerecht werden", sagte Ströbele damals.
Er macht, was er für richtig hält
Fraktionsdisziplin gilt für ihn nie. Er sagt Nein, wenn er das für richtig hält. Er macht, was er für richtig hält. Alle Welt sprach über Edward Snowden und seine Enthüllungen - Hans-Christian Ströbele fliegt zu einem Geheimtreffen mit ihm nach Moskau - sein vielleicht größter Coup. Doch Asyl für Snowden und eine Aussage im Bundestag - dieser Wunsch ging dann nicht in Erfüllung, auch wenn er ihn wie alles konsequent verfolgt hat.
Sein letzter Sieg: die öffentliche Anhörung der Geheimdienstchefs im Bundestag. 2017 tritt er nicht mehr an. Hans-Christian Ströbele - einer, der nur seinem Gewissen gefolgt ist.