Mutmaßlicher Mittäter in U-Haft Der Kurier des BND-Maulwurfs
Arthur E. soll Informationen eines BND-Mitarbeiters an einen russischen Geheimdienst übergeben haben und dafür auch bezahlt haben. Seine Festnahme folgte nach ARD-Informationen auf eine umfangreiche Aussage bei US-Behörden.
Am Vormittag hat die Bundesanwaltschaft mit einer Pressemitteilung über die Festnahme von Arthur E. informiert. Demnach wurde er bei der Einreise aus den USA in München von Beamten des Bundeskriminalamts festgenommen. Ausdrücklich wird in der Pressemitteilung darauf verwiesen, dass die US-Bundespolizei FBI die Ermittlungen unterstützt habe.
Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios fiel Arthur E. den Amerikanern auf, als er aus den USA ausreisen wollte. Er soll dabei, warum auch immer, angegeben haben, für Nachrichtendienste zu arbeiten. Daraufhin sollen die US-Behörden ihn festgehalten und befragt haben. Wie das ARD-Hauptstadtstudio in Sicherheitskreisen erfuhr, soll E. daraufhin umfänglich ausgepackt und von seiner Rolle im BND-Verratsfall erzählt haben. Die Geschichte klingt wie aus einem Spionagethriller.
Geld für Informationen
Wie die Bundesanwaltschaft mitteilte, soll Arthur E. der Mittelsmann gewesen sein. Demnach habe er die Informationen, die ein BND-Mitarbeiter verraten haben soll, von diesem in Empfang genommen und nach Russland gebracht, um sie dort an einen russischen Geheimdienst zu übergeben. Der mutmaßliche Verräter, der BND-Mitarbeiter Carsten L., war am 21. Dezember festgenommen worden. Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Landesverrats gegen ihn. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Unklar ist, aus welcher Motivation heraus L. gehandelt haben könnte. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios soll er beim BND frustriert gewesen sein. Das allein erklärt den Verratsfall aber sicherlich nicht. Schwerer wiegen dürfte, dass L. nicht nur politisch weit rechts, sondern auch staatsverdrossen gewesen sein soll, heißt es, dass er sich radikalisiert und das Vertrauen in den Staat verloren habe. Insofern spricht vieles dafür, dass er aus Überzeugung gehandelt haben könnte. Meldungen, wonach L. erpresst worden sei und sich deshalb entschieden haben könnte, Informationen an einen russischen Geheimdienst zu verraten, gehören offenbar in den Bereich der Spekulation. Tatsächlich soll er von Arthur E. auch Geld für die Informationen erhalten haben, heißt es in Sicherheitskreisen.
Mutmaßlicher Mittäter kein BND-Mitarbeiter
Arthur E. ist deutscher Staatsangehöriger, soll aber einen deutsch-russischen Hintergrund haben. Er sei kein Beschäftigter des Bundesnachrichtendienstes, betont die Pressemitteilung der Bundesanwaltschaft. Allerdings steht die Frage im Raum, wie und warum die beiden Männer in Kontakt gekommen sind.
Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios aus Sicherheitskreisen sollen sie sich 2020 kennengelernt haben. Offenbar nicht in einem dienstlichen, sondern in einem eher privaten Kontext, heißt es. Wie genau, ist noch unklar. Danach habe es längere Zeit keinen Kontakt mehr gegeben, bis er dann im vergangenen Jahr wieder aufgenommen worden und sehr intensiv gewesen sei. Das Bild von Arthur E. ist noch unscharf, er soll mit Edelmetallen und -steinen handeln.
Unklar, welche Informationen weitergegeben wurden
Wie gravierend der Fall ist, hängt davon ab, welche Informationen Carsten L. aus dem BND heraus an die russische Seite verraten hat, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. L. war jahrelang als Analyst, als sogenannter Auswerter in der Technischen Aufklärung des BND tätig. Der Bereich ist für die Kommunikationsüberwachung zuständig und dafür, sicherheitsrelevante Erkenntnisse, die dabei gewonnen werden, auszuwerten und nutzbar zu machen. Dieser Teil des BND sitzt nach wie vor in Pullach, wo sich die BND-Zentrale befand, bevor der Auslandsnachrichtendienst nach Berlin umzog.
Wie NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" vor zwei Wochen berichteten, soll L. wenige Monate vor seiner Festnahme befördert worden und nach Berlin versetzt worden sein. Dort sollte er im Bereich der Eigensicherung des BND unter anderem für Sicherheitsüberprüfungen zuständig gewesen sein. Dort hätte er Zugang zu sämtlichen Informationen über das BND-Personal gehabt. Für einen ausländischen Geheimdienst wäre eine Quelle an dieser Stelle ein Hauptgewinn gewesen. Allerdings, so heißt es in Sicherheitskreisen, sei L. bei seiner Festnahme erst sehr kurz auf dem neuen Posten gewesen.
Was konkret verraten wurde, ist der sensibelste Teil der Geschichte. Dem Vernehmen nach soll L. unter anderem Informationen über eine laufende Operation der Technischen Aufklärung des BND mitgeteilt haben. Besonders brisant wäre, wenn ein ausländischer Partnerdienst des BND involviert gewesen wäre.
Zunächst hatten die internen Ermittler des BND nach dem Hinweis eines Partnerdienstes, der auf BND-internes Material gestoßen war, eine Kollegin von Carsten L. in der Technischen Aufklärung ins Visier genommen. Sie wurden deshalb auch als Beschuldigte in dem Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft geführt, gilt mittlerweile aber als unbelastet. Offenbar hat sie lediglich auf Anweisung von Carsten L. gehandelt, ohne zu wissen, worum es in Wahrheit ging. Welchen Wert die Informationen, die die Russen erhalten haben könnten, für diese hatten, und wie groß der Schaden für den BND ist, ist noch nicht zu beziffern. Lediglich der Imageschaden ist nicht zu bestreiten.