Interview mit dem Berliner Datenschützer Garstka "BKA durfte von sich aus nicht handeln"

Stand: 30.08.2007 12:31 Uhr

Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte Ende vergangenen Jahres die Anfrage an 4000 Unternehmen gestellt, Daten über ausländische Mitarbeiter herauszugeben. Nur 212 Unternehmen sind der Aufforderung nachgekommen. tagesschau.de sprach darüber mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten Hansjürgen Garstka.

tagesschau.de: Ist eine solche Anfrage zulässig?

Hansjürgen Garstka: Die Landesbeauftragten für den Datenschutz vertreten die Meinung, dass das BKA von sich aus solche Erhebungen gar nicht durchführen darf. Denn dafür sind die Landespolizeien zuständig. Sie besitzen die entsprechenden Rechtsgrundlagen, eine Rasterfahndung durchzuführen.

tagesschau.de: Das BKA ist also deutlich über das Ziel hinausgeschossen?

Garstka: Ja. Diese Auffassung haben die Landesbeauftragten vertreten. Man kann allenfalls darüber nachdenken, ob das BKA im Auftrag der Länder Daten erhebt. Primär sind aber die Länder zuständig.

tagesschau.de: Sind Ihnen Reaktionen der Firmen bzw. Betroffenen aus Berlin bekannt?

Garstka: In Berlin haben wir den Unternehmen, die vom BKA gefragt worden sind, geraten, die Daten nicht dem BKA zu liefern. Sondern, wie es im Gesetz verankert ist, der Berliner Polizei auszuhändigen. Die Firmen haben sich auch dementsprechend verhalten.

tagesschau.de: Wie kann sich der Einzelne wehren?

Garstka: Es hat schon einige Klagen gegeben. Jeder kann sich an ein Gericht wenden, denn das Unternehmen darf solche Daten nicht herausgeben. Oder man kann vom BKA fordern, die Daten zu löschen. Das hängt dann vom Einzelfall ab.

tagesschau.de: Wie kann man eine Balance zwischen dem Sicherheitsbedürfnis des Staates und des Einzelnen bzw. angemessenen Datenschutz wahren?

Garstka: Natürlich ist die Rasterfahndung eine sehr eingreifende Maßnahme. Aber der Gesetzgeber hat die Rasterfahndung zur Gefahrenabwehr einmal im Polizeirecht und zur Strafverfolgung im Strafprozessrecht verankert. Die Rahmenbedingungen für die Rasterfahndung sind sehr eng, es sind zahlreiche Datenschutzkriterien eingebaut. Der gesetzliche Rahmen ist somit ausgeglichen.

Wir hoffen, dass wir den jetzigen Stand der Bedingungen halten können. Die Barrieren innerhalb der Rasterfahndung sollten nicht verringert werden.

tagesschau.de: Gibt es denn keinen Widerspruch zwischen der "Rekrutierung" von Fachkräften und dem allgemeinen Verdacht auf Terrorismus bei asiatischen oder arabischen Menschen?

Garstka: Es gibt keine inhaltliche Verbindung zwischen der Anwerbung von Fachkräften und dem Ausfindigmachen von so genannten Schläfern. Personen, deren Daten in der Rasterfahndung aufgenommen wurden, sind nicht gleich Verdächtige. Daten, die in die Rasterfahndung eingehen, sind nämlich keine Verdachtsdaten. Und das ist das Problematische an der Rasterfahndung: Es sind Daten völlig unschuldiger Menschen darin enthalten. In Berlin gab es im Rahmen der Rasterfahndung keine Trefferfälle. Ausländische Studenten, mit denen ich gesprochen habe, sind empört.

tagesschau.de: Wie haben die betroffenen Studenten auf die Rasterfahndung reagiert?

Garstka: Die Studenten der Universität Osnabrück, zum Beispiel, haben gegen die Rasterfahndung geklagt. Dieses Verfahren wird noch geprüft.

Das Gespräch führte Christina Rumpf