Kretschmanns Merkel-Lob irritiert Parteifreunde Wenn Grünen der Duschkopf aus der Hand fällt
Die Linkspartei fühlt sich an einen BVB-Fan erinnert, der Schalke die Daumen drückt, manche Grüne erwischte der Schock beim Duschen. Es geht um eine Aussage des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann: Merkel weiter als Kanzlerin fände er "sehr gut". Andrea Müller über die Reaktionen.
Winfried Kretschmann kann es nicht lassen. Die Grünen haben ihren Spitzenkandidaten noch nicht gekürt, da stellt - mitten in der Urwahl - ARD-Talkerin Sandra Maischberger dem grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg eine tückische Frage: "Dass Angela Merkel 2017 vielleicht wieder als Kanzlerkandidatin antritt?" "Fände ich sehr gut", antwortet Kretschmann darauf.
Am Morgen dann via Twitter entsetzte Reaktionen. Ihr sei der "Duschkopf aus der Hand gefallen", schreibt die grüne Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner aus Rheinland-Pfalz. Was habe Kretschmann nur geritten?
Mit dieser Frage steht Rößner nicht allein. Aus der Parteizentrale wird von Kopfschütteln berichtet - nicht zum ersten Mal. Denn dass Winfried Kretschmann für die Kanzlerin betet, wissen sie in Berlin seit Monaten. Aber dieses Loblied geht vielen - ein Jahr vor der Bundestagswahl - dann doch zu weit.
Hatte Kretschmann die Bundespräsidentenwahl im Hinterkopf?
Merkel sei in der ganzen europäischen Krise sehr wichtig, so das Lob Kretschmanns in der ARD-Talksendung. Deshalb könne er sich nur "ganz schwer vorstellen", wer das sonst machen könne. Ihr Kurs sei richtig - "und deswegen schätze ich sie".
Über Kretschmanns Motive kann nur spekuliert werden. Sagt er nur, was er denkt, oder steckt Taktik dahinter? Eine Bewerbung zum Beispiel als schwarz-grüner Kandidat bei der Bundespräsidentenwahl? Erklärt hat Kretschmann sich bisher noch nicht.
Entsprechend hilflos klingt die grüne Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt am Morgen im WDR. Sie wird Spitzenkandidatin bei der Bundestagwahl. "Wir werden eigenständig in diesen Wahlkampf gehen, wir werden als Partei uns nicht vorher festlegen, mit wem wir gegebenenfalls uns eine Zusammenarbeit vorstellen können. Und deswegen wünsche ich mir nicht einfach, dass Frau Merkel Kanzlerin bleibt, sondern ich wünsche mir, dass die Grünen sehr stark werden und dann kann man nachher verhandeln", so Göring-Eckardt.
"Wie ein BVB-Fan, der Schalke die Daumen drückt"
Und Verhandeln werde schwierig, ergänzt Ko-Fraktionschef Anton Hofreiter. Die Hürden seien hoch, sagte er dem "Handelsblatt" - für die Schwarzen aber auch die beiden Roten. Kretschmanns Alleingang passt den Grünen wieder einmal nicht ins Konzept.
Die Linke nimmt das als Steilvorlage gerne auf. Werden die Grünen zur "Union light", fragt Fraktionschef Dietmar Bartsch. Und der Parteivorsitzende Bernd Riexinger fühlt sich an die Bundesliga erinnert: Kretschmann sei wie ein BVB-Fan, der Schalke die Daumen drücke, schreibt er - und rät dem populären Regierungschef vielleicht dann doch die Mannschaft zu wechseln.