Tarifverhandlungen Tausende Ärzte bei Uniklinik-Warnstreiks
Bundesweit haben sich mehrere tausend Ärzte an Warnstreiks beteiligt. Sie wollen den Druck auf ihre Arbeitgeber, die deutschen Unikliniken, erhöhen und fordern bessere Gehälter und weniger Bereitschaftsdienste.
Bei Warnstreiks für höhere Gehälter und gemäßigtere Arbeitszeiten haben mehrere tausend Ärzte an deutschen Unikliniken bundesweit demonstriert.
Nach Angaben der Ärztegewerkschaft Marburger Bund kamen allein bei der zentralen Kundgebung in Hannover 3500 Teilnehmer zusammen. Viele trugen Warnwesten oder weiße Kittel und hielten Transparente mit Aufschriften wie "Mama, warum wohnst du im Klinikum?" und "Nach müde kommt blöd" in die Höhe.
An den bestreikten Unikliniken gelten Notdienstvereinbarungen: Geplante und nicht lebensnotwendige Operationen und Behandlungen wurden verschoben. "Wir legen großen Wert darauf, dass wir keinen Patienten in bedrohlicher Lage in Gefahr bringen", betonte ein Sprecher des Marburger Bundes.
Man sei "spürbar von den Auswirkungen betroffen", teilte etwa die Uniklinik Köln mit: Zwei Drittel der geplanten Behandlungen und Eingriffe seien ausgefallen. In Düsseldorf und Aachen hingegen waren nach Angaben der Kliniken kaum Ausfälle zu beklagen.
In Kiel und Lübeck beteiligten sich neben Ärzten auch Hunderte Pflegekräfte an den Streiks. Aus den Unikliniken im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen folgten nach Verbandsangaben mehr als 1000 Ärzte dem Streikaufruf.
Automatisierte Arbeitszeiterfassung
Die Ärztegewerkschaft will mit den Streiks den Druck in der laufenden Tarifverhandlung erhöhen - am Nachmittag beginnt die dritte Verhandlungsrunde mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Sie betreffen einen Großteil der 20.000 Ärzte an insgesamt 23 Unikliniken im Bundesgebiet. Berlin und Hessen sowie einzelne Krankenhäuser in Hamburg, Halle und Mainz haben eigene Tarifregelungen.
Die Mediziner fordern sechs Prozent mehr Gehalt, mehr freie Wochenenden und eine Begrenzung der Bereitschaftsdienste. Dadurch sollen Beruf und Privatleben besser vereinbar sein. Zudem will die Gewerkschaft eine automatisierte Erfassung der Arbeitszeit durchsetzen.
"Es muss Schluss sein mit überlangen Arbeitszeiten", sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. Insbesondere zahlreiche Nacht- und Wochenenddienste gingen an die gesundheitliche Substanz und beeinträchtigten damit auch die Qualität der Patientenversorgung.
Spahn unterstützt Ärzte
Unterstützung hatten die Ärzte Ende Januar von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bekommen. In einem Interview mit den tagesthemen zeigte er Verständnis für die Klagen von Klinikärzten über hohe Arbeitsbelastung. Es sei wichtig, sich auch um die Gesundheit derer zu kümmern, die sich 365 Tage im Jahr um die Gesundheit anderer kümmerten. Das sei auch eine Frage der Patientensicherheit, so Spahn.
Die Bundesregierung werde weiter daran arbeiten, Strukturen zu schaffen, in denen Ärzte und Pflegekräfte ausreichend Zeit hätten, sagte Spahn. Er verwies aber auch auf die Verantwortung der Arbeitgeber: Die Kliniken seien gefordert, ihre Dienstpläne so zu gestalten, dass in einem solchen 365-Tage-Betrieb die unterschiedlichen Interessen berücksichtigt würden. "Ich habe manchmal den Eindruck, die Arbeitgeber im Gesundheitswesen planen noch so wie in den 1990er Jahren - und das geht halt im Jahr 2020 nicht mehr."