ARD-Intendanten beraten über Online-Angebote "Das ist eine medienpolitische Entscheidung"

Stand: 08.02.2012 08:03 Uhr

Die Intendanten der ARD haben bei einem Treffen über die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Online-Angebote beraten. Hintergrund ist die Klage von Zeitungsverlegern gegen die tagesschau-App. Gesucht wird ein Kompromiss. Dabei gehe es um eine "medienpolitische Entscheidung", so die ARD-Vorsitzende Piel.

Von Willi Schlichting, WDR-Medienredaktion

Redet miteinander! Das war der dringliche Appell des Landgerichts Köln Mitte Oktober des vergangenen Jahres - gerichtet an die acht klagenden Verlage und die beklagte ARD. Über die tagesschau-App solle man ins Gespräch kommen. Gegen die sogenannte App, die das Internetangebot tagesschau.de auf die Smartphones transportiert, ziehen die Verleger seit deren Start vor gut einem Jahr zu Felde. Vor Gericht wollen sie eine Klärung, ob die ARD über die App ein presseähnliches Angebot macht. Denn so etwas ist den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten untersagt.

"Tagesschau"-App

tagesschau.de mal als App, mal im Browser: Intendanten und Verleger streben einen Kompromiss an.

Die Verleger meinen, "ja, das ist Presse im Netz", die ARD sagt, "nein, wir machen ein Angebot aus Bildern, Videos und Texten". Das sei eben Internet. Und das Gericht ließ durchblicken, dass am Ende langer Verhandlungen eine generelle Antwort mit passender Rezeptur für die Online-Angebote der ARD nicht zu erwarten sei.

"Rückkehr zum Stummfilm nicht möglich"

So redet man seit Wochen vertraulich miteinander. Da hieß es zunächst mal verbal abzurüsten, denn vor Prozessauftakt wurde ordentlich gepoltert. Der Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe, Christian Nienhaus, stand in erster Reihe, wenn's ums Austeilen ging: "Wir wehren uns gegen die textdominante Berichterstattung in der tagesschau-App ohne Sendungsbezug."

Bei der ARD bevorzugte man das Florett, im folgenden Beispiel geführt von der rbb-Intendantin Dagmar Reim: "Die ARD kann nicht zum Stummfilm zurückkehren, auch wenn es noch so schön wäre, diesen - ausschließlich begleitet von Herrn Döpfner am Klavier - aufzuführen."

Mathias Döpfner ist Springer-Vorstandschef und trifft sich nun wie Christian Nienhaus mit Gesprächspartnern der ARD, etwa mit der Vorsitzenden Monika Piel. Jetzt ist man nett zueinander, wie von beiden Seiten beteuert wird. Und die Gespräche verlaufen konstruktiv. Mehr wollte man aus den laufenden Verhandlungen eigentlich nicht mitteilen, doch das mit der Vertraulichkeit hat offenbar nicht geklappt.

Berichterstattung in Textform als Ausnahme?

Die "tageszeitung" aus Berlin zitierte vor einigen Tagen nach eigenem Bekunden aus dem Entwurf einer "gemeinsamen Erklärung" der Verhandlungspartner. Danach sollen ARD und ZDF bereit sein, eine eigenständige Berichterstattung in Textform nur in Ausnahmefällen online zu stellen. Texte sollen danach inhaltlich mit den Videos und Audios zusammenhängen. Dieses Papier hatte für Aufregung gesorgt, und so war das Interesse am Streit um die App bei der Pressekonferenz der ARD-Intendanten groß.

Die Aufregung drehe sich um ein Papier, das nicht auf der Höhe der Zeit sei, so die Vorsitzende der ARD, Piel: "Ich merke, dass das, was rausgegangen ist, was Ihnen vorliegt, immer noch das alte Papier ist." Und weiter: "Wir haben von Anfang an nie über die tagesschau-App verhandelt, sondern wir haben über die Internetangebote der Öffentlich-Rechtlichen und der Presse geredet." Man habe ausgelotet, was vorwiegend Audio- und Videoinhalt und was "presseähnlich" sei.

Es geht um Politik

Aber zu welchem Preis? Das hatten in den vergangenen Tagen die Redakteursvertretungen innerhalb der ARD gefragt - verbunden mit der Befürchtung, ein Kompromiss könne die Online-Entwicklung in der ARD gefährden. Die Befürchtungen haben die Intendanten durchaus gehört, am Verhandlungsmandat lassen sie aber keine Zweifel. Denn es geht bei den Gesprächen mit den Verlegern um Politik: "Es gibt immer sehr viele Menschen, die Ängste haben, sobald sich irgendwas ändert", so Piel. "Aber das ist eine medienpolitische Entscheidung, die hier getroffen werden muss, zwischen den Verlegern und ARD und ZDF. Und das ist eindeutig im Kompetenzbereich der Intendanten."

Details zum angestrebten Kompromiss gab es aber nicht - Stichwort "Vertraulichkeit". Und beim Zeitplan kann derzeit niemand ein Datum liefern: "Ich kann nur sagen, dass das Ziel ist, und das habe ich auch von der anderen Seite immer so empfunden - weil das wirklich bei aller Klarheit auch sehr vertrauensvolle Gespräche sind: Wir sind daran interessiert, dass wir zeitnah diesen Konflikt zumindest zunächst einmal bereinigen."