Cum-Ex-Untersuchungsausschuss Darum geht es beim Warburg-Skandal
Die Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Warburg-Bank verfolgen Kanzler Scholz schon lang. Die Union fordert nun einen U-Ausschuss zur Aufklärung des Steuerskandals. Worum geht es dabei? Antworten auf einige Fragen.
Die Ausgangslage
Die Union will in einem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur politischen Aufarbeitung des Steuerskandals der Hamburger Warburg-Bank den heutigen Kanzler Olaf Scholz (SPD) ins Visier nehmen. Zu seiner Rolle als früherer Erster Bürgermeister Hamburgs gebe es viele Widersprüche und Ungereimtheiten, die auch ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft bislang nicht habe ausräumen können, sagte Matthias Hauer, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss.
Da die Ampelkoalition es mehrfach verhindert habe, Scholz vor den Finanzausschuss zu laden, sei ein Untersuchungsausschuss des Bundestags unausweichlich.
Worum geht es in der Steueraffäre?
Die Hamburger Privatbank MM Warburg war in die illegalen Cum-Ex-Geschäfte verwickelt und hat so Millionen verdient. Die Aufarbeitung dreht sich seit längerem vor allem um die Frage der Rückzahlung: Eigentlich hätte die Warburg-Bank allein für Cum-Ex-Geschäfte aus dem Jahr 2009 insgesamt 47 Millionen Euro zurückzahlen müssen. Die Hamburger Finanzverwaltung entschied im Dezember 2016 aber, die ursprünglich geplante Rückforderung wegen zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuern doch nicht zu erheben und zunächst in die Verjährung laufen zu lassen.
Eine zweite Forderung über weitere 43 Millionen Euro war Ende 2017 erst kurz vor der Verjährung auf Weisung des Bundesfinanzministeriums erhoben worden. Nach einem Gerichtsurteil hatte die Bank 2020 eigenen Angaben zufolge schließlich alle ausstehenden Steuerrückforderungen beglichen, versucht aber auf juristischem Weg weiter, das Geld zurückzubekommen.
Was sind Cum-Ex-Geschäfte?
Cum-Ex-Geschäfte heißen so, weil große Pakete von Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch rund um den Stichtag für die Ausschüttung in rascher Folge hin- und hergeschoben wurden. Die bewusst undurchsichtigen Transaktionen hatten nur ein Ziel: Sie sollten bei den Finanzbehörden möglichst große Verwirrung stiften. Mit diesem Trick ließen sich die Beteiligten im großen Stil Kapitalertragsteuer erstatten, die nie gezahlt wurde. Die Gewinne wurden aufgeteilt. Möglich machte das eine Gesetzeslücke, die inzwischen geschlossen wurde. Bis dahin hatte das Cum-Ex-Geschäft jahrelang geboomt.
Was hat Scholz mit der Angelegenheit zu tun?
Scholz hatte als damaliger Erster Bürgermeister Hamburgs 2016 und 2017 Kontakt mit dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius. Seitdem das bekannt ist, steht der Verdacht im Raum, Scholz könnte in dem Zeitraum, als es um eine Rückzahlung ging, Einfluss zugunsten der Bank genommen haben.
Scholz hatte bei seinen bislang zwei Vernehmungen vor einem Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zwar eingeräumt, dass die Treffen stattgefunden haben, sich hinsichtlich der Inhalte der Gespräche aber auf Erinnerungslücken berufen. Den Verdacht einer politischen Einflussnahme wies er stets zurück. Einen Beweis für eine Einflussnahme hat der Hamburger Untersuchungsausschuss in zweieinhalb Jahren Tätigkeit bislang nicht erbracht.
Was soll der Untersuchungsausschuss bringen?
Die Union sieht bei der politischen Aufarbeitung des Steuerskandals viele offene Fragen. Der Ausschuss soll nun zum einen die Frage einer möglichen Einflussnahme klären, zum anderen soll geprüft werden, ob die genannten Erinnerungslücken glaubhaft sind.
Eine wesentliche Rolle dürften dabei auch die Befragungen von Scholz in seiner Zeit als Bundesfinanzminister im Finanzausschuss des Bundestags 2020 spielen. Kritiker werten Teile seiner inzwischen in Protokollform veröffentlichten Aussagen im Zusammenhang mit Cum-Ex und Warburg als Beleg dafür, dass Scholz damals doch persönliche Erinnerungen an seine Treffen mit Olearius einräumte und somit bei späteren anderslautenden Beteuerungen etwa im Hamburger Untersuchungsausschuss log.
Die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft kam jüngst zu der Einschätzung, dass kein Anfangsverdacht gegen Scholz wegen Falschaussage mit Blick auf dessen Aussagen in den verschiedenen Parlamentsausschüssen bestehe.
Wann startet der Ausschuss?
In der ersten Sitzungswoche nach Ostern will die CDU/CSU-Fraktion die Einsetzung des Ausschusses beantragen, wie Vizefraktionschef Mathias Middelberg ankündigte. Die Oppositionsfraktion kann dies aus eigener Kraft durchsetzen, weil der Bundestag auf Antrag von mindestens einem Viertel seiner Abgeordneten einen Untersuchungsausschuss einsetzen muss.
Was sagen die anderen Parteien?
Den Antrag werde die Unionsfraktion allein stellen, sagte Matthias Hauer, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss. Man lade die anderen Fraktionen ein, an der Aufklärung mitzuarbeiten. Die Linke will eine Unterstützung prüfen, sagte ihr finanzpolitischer Sprecher Christian Görke.
Die SPD hingegen wirft der Union vor, aus "parteitaktischen Interessen" einen Untersuchungsausschuss zum Steuerskandal um die Hamburger Warburg-Bank einsetzen zu wollen. "Das Thema ist parlamentarisch und gesellschaftlich vollumfänglich aufgearbeitet und transparent", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, der Nachrichtenangentur dpa. Die Union bringe Behauptungen vor, die längst widerlegt seien.
Der Grünen-Politiker Bruno Hönel sagte dem ARD-Hauptstadtstudio: "Der Union stehen selbstverständlich alle parlamentarischen Instrumente zur Verfügung, wenn sie Sachverhalte aufarbeiten möchte."