Schäuble-Memoiren Neue Enthüllungen in der CDU-Spendenaffäre?
Die Memoiren des Ende 2023 verstorbenen Wolfgang Schäuble werfen auch einen Blick zurück auf die CDU-Spendenaffäre. Ein Zeitzeuge sieht hier neue, brisante Erkenntnisse. Doch die heutige Unionsfraktionsführung winkt ab. Zu Recht?
Die CDU-Spendenaffäre - sie zwang Wolfgang Schäuble im Jahr 2000 zum Rücktritt als Partei- und Fraktionschef und kostete ihn auch die mögliche Kanzlerkandidatur 2002. Kein Wunder, dass das dunkelste Kapitel seiner Karriere auch in seinen posthum erschienenen Memoiren eine Rolle spielt. Auf mehreren Seiten widmet er sich auch einem bisher wenig beachteten Aspekt der Affäre: einer schwarzen Kasse der Bundestagsfraktion.
Diese "Fraktionskasse", so schreibt Schäuble, habe nach seiner Erinnerung im Jahr 1982 sechs bis sieben Millionen Mark enthalten und sei - wie ihm erst im Nachhinein klar geworden sei - Teil eines "umfassenden Systems schwarzer Kassen" gewesen. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl schien es in seiner Zeit als Fraktionsvorsitzender angelegt zu haben und habe bei Bedarf darauf zugegriffen, schreibt Schäuble.
Auch 1991 habe das Fraktionskonto noch existiert, anders als von Kohls Intimus Uwe Lüthje behauptet, der, wie Schäuble ausführt, in seinen Aufzeichnungen schreibt, das Fraktionskonto sei schon 1982 aufgelöst und das darauf befindliche Geld in die CDU-Zentrale verlegt worden. Schäuble widerspricht: "Die Abbuchungen liefen einfach weiter."
"Umfassendes System schwarzer Kassen"
Für Frank Hofmann, ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter und um die Jahrtausendwende Obmann im Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre, enthalten Schäubles Memoiren damit etwas Neues. Auf Anfrage der ARD-Hauptstadtstudios sagt Hofmann, im Ausschuss habe die CDU immer nur einzelne Geldbewegungen zugegeben. Jetzt dagegen werde "Wolfgang Schäuble deutlich und schreibt von einem umfassenden System schwarzer Kassen."
Die Unionsfraktion im Bundestag kommt zu einer anderen Bewertung. Sie erklärt auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios, sie plane in der Sache keine weitere Aufklärungsarbeit. Der parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei sagt, die Aufklärung habe vor mehr als zwei Jahrzehnten stattgefunden: "Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vom 13. Juni 2002 gibt dazu ausreichend Antwort."
SPD warnt: Jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen
Das sieht man in der SPD-Fraktion etwas anders. Deren innenpolitischer Sprecher Sebastian Hartmann rät der Union, nicht einfach zur Tagesordnung überzugehen. Zwar weist er auch auf mögliche Verjährungsfristen hin, empfiehlt der CDU/CSU-Fraktion aber, "die im Raum stehenden Hinweise zu klären und die eigene Parteiengeschichte gründlich nötigenfalls juristisch aufzuarbeiten."
Schäuble selbst gibt sich zum Thema Aufklärung in seinen Memoiren selbstkritisch. Im "System Kohl", so schreibt er, habe es niemanden gegeben, der dessen Finanzgebaren genauer unter die Lupe nimmt. "Die innerparteiliche Aufgabe, hier Aufklärung zu betreiben und reinen Tisch zu machen, haben wir versäumt. Dieser Makel bleibt."