Streit über Kindergrundsicherung Familienministerin Paus wehrt sich gegen Kritik
Familienministerin Paus geht davon aus, dass ihr Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung bald im Kabinett beschlossen wird. Behauptungen, dass es kein Konzept gebe, wies sie als "falsch" zurück. Zahlen zu den Kosten nannte sie nicht.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat sich optimistisch über eine baldige Verabschiedung der Kindergrundsicherung durch das Bundeskabinett geäußert. Der Gesetzentwurf liege "mit verschiedenen Berechnungsvarianten" vor und gehe in die Ressortabstimmungen, sagte die Grünen-Politikerin bei einer Pressekonferenz in Berlin. 60 Prozent der Bürger seien für das Vorhaben, 75 Prozent der Familien mit minderjährigen Kindern seien dafür: "Die Kindergrundsicherung ist überfällig."
Strittig war zuletzt vor allem, wie viel Geld im Bundeshaushalt für das Projekt eingeplant wird. Zu den unterschiedlichen Varianten für die Kosten wollte Paus sich unter Hinweis auf den regierungsinternen Abstimmungsprozess nicht äußern. Nachfragen von Journalisten waren bei der Pressekonferenz nicht möglich.
Die Ministerin wehrte sich gegen Kritik, dass es für ihre geplante Kindergrundsicherung kein Konzept gebe. Die Eckpunkte lägen seit Januar vor. "Immer noch zu lesen, es gäbe kein Konzept für die Kindergrundsicherung, ist schlicht falsch", so Paus. Dies stelle auch "die Arbeit all derjenigen in Abrede, die in den vergangenen Wochen und Monaten unglaublich viel Energie in das wichtigste sozialpolitische Projekt dieser Regierung gesteckt haben."
Proaktiv informieren
Paus sagte, fünf bestehende Leistungen würden mit der Kindergrundsicherung zusammengefasst. Es solle einen Garantiebetrag für alle Kinder plus einen Zusatzbetrag je nach Einkommen der Familie geben. Sie sei optimistisch, dass das Kabinett bald zustimmen werde. Rund 5,5 Millionen Kinder würden dann davon profitieren.
Künftig soll eine Stelle für Kindergrundsicherung prüfen, ob Eltern Anspruch auf den Zusatzbetrag haben und diese dann proaktiv informieren. Familien sollen den Antrag über ein Online-Portal stellen können. Die Leistungen würden automatisch ausgezahlt, so Paus. Der Staat befinde sich in einer "Bringschuld".
Studie warnt vor Folgekosten von Kinderarmut
Die Ministerin sieht sich durch eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Diakonie bestätigt. Sie sagte, die geplante Kindergrundsicherung sei "eine Investition in die Zukunft unserer Kinder und in unseren Wohlstand. Darum sollten wir Wachstumsimpulse mit guten Rahmenbedingungen für Familien verbinden".
Die Studie weist auf die Folgekosten der Kinderarmut hin. "Frühzeitige Investitionen sichern soziale und ökonomische Chancen und ersparen dem Sozialstaat weitaus höhere Folgekosten", betonte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.
Der oft schlechtere Zugang zu Bildungsangeboten für armutsbetroffene Kinder führe zu niedrigeren Bildungsabschlüssen und begrenzten beruflichen Perspektiven. Das wiederum erhöhe das Risiko von Arbeitslosigkeit und bedeute langfristig gesellschaftliche Kosten in Form von ausbleibenden Steuer- und Sozialabgaben und zusätzliche Transferleistungen. "Diese Kosten belaufen sich alleine für Personen eines Jahrgangs mit unzureichender Bildung auf 1,5 Milliarden Euro jährlich", heißt es weiter.
Die Grünen-Politikerin Paus und Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP verhandeln seit Monaten über die Summe, die im Haushalt für die Kindergrundsicherung zur Verfügung gestellt werden soll. Im Streit um die Ausstattung der Kindergrundsicherung hatte Paus am Mittwoch die Verabschiedung des "Wachstumschancengesetzes" aus Lindners Ressort verhindert.
Paus reduzierte ihre Forderung von anfangs zwölf auf bis zu sieben Milliarden Euro. Lindner will die Ausgaben bei zwei Milliarden Euro deckeln. Höhere staatliche Leistungen für Familien verbesserten nicht zwingend die Lebenschancen der Kinder, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Jede zusätzliche Ausgabe müsse außerdem im Haushalt gegenfinanziert werden, sagte Lindner.