Gesetzentwurf vorgestellt Bundesrat stößt neue Organspende-Regelung an
Tausende Menschen hoffen auf ein lebensrettendes Organ, doch die Spendenbereitschaft ist zu niedrig. Helfen sollte die sogenannte Widerspruchslösung, doch die scheiterte im Bundestag. Nun kommt ein neuer Vorstoß der Bundesländer.
Acht Bundesländer setzen sich für einen erneuten Anlauf zur Einführung einer Widerspruchsregelung bei der Organspende ein. Im Bundesrat wurde ein Gesetzentwurf zur Einführung der sogenannten Widerspruchslösung vorgestellt. Ziel des eingebrachten Antrages ist es, dass mehr Betroffene ein lebensrettendes Organ erhalten.
Das Recht des Einzelnen, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden, bleibt in dem Ländervorschlag ausdrücklich unangetastet. Die Widerspruchslösung sähe aber vor, dass grundsätzliche jeder Mensch als Organspender gilt, wenn er oder sie nicht zu Lebzeiten einen Widerspruch geäußert hat. Der Widerspruch kann im Organspende-Register, einem Organspendeausweis, einer Patientenverfügung oder auf andere Art und Weise festgehalten werden.
"Tod auf der Warteliste"
Die Länder begründeten ihre Initiative mit der geringen Zahl an Organspenderinnen und -spendern. Diese stagniere seit über zehn Jahren auf niedrigem Niveau, heißt es in dem Entwurf. Im vergangenen Jahr hätten 8.385 Betroffene auf ein Organ gewartet, gespendet worden seien jedoch nur 2.877 Organe von 965 Menschen.
Das im März 2024 in Betrieb gegangene Organspende-Register allein werde nicht zu einer spürbaren Verbesserung der Situation führen, warnen die Länder. "Wir brauchen den Systemwechsel", sagte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bei der Vorstellung des Antrags im Bundesrat. Der Bundestag müsse deshalb noch einmal über die Widerspruchslösung beraten. Den Mangel an Organen bezeichnete der CDU-Politiker Laumann als "Tod auf der Warteliste".
Nun beraten die Ausschüsse
Der Gesetzesantrag wurde nun in den Gesundheitsausschuss des Bundesrats überwiesen. Sobald dieser seine Beratungen abgeschlossen hat, kommt die Vorlage erneut auf die Tagesordnung der Länderkammer - dann zur Entscheidung, ob diese den Gesetzentwurf beschließen und in den Bundestag einbringen will.
Das Parlament hatte bereits im Jahr 2020 über eine Widerspruchslösung abgestimmt, damals gab es aber keine Mehrheit dafür. Verabschiedet wurde dann das Modell zur so genannten Entscheidungslösung: Das heißt, jeder Mensch soll von sich aus dokumentieren, ob er Organe spenden will oder nicht.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach begrüßte die Bundesratsinitiative "ausdrücklich". "Ohne die Widerspruchslösung werden wir weiterhin Tausende Menschenleben pro Jahr verlieren, die auf ein Organ warten", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Mit der Rückendeckung der Länder werde es jetzt wahrscheinlicher, dass ein zweiter Anlauf im Bundestag erfolgreich sei. Das Sterben auf der Warteliste müsse ein Ende haben, so Lauterbach.
Kritik aus der FDP
Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann hält den Vorstoß der Länder hingegen für "kontraproduktiv". Es sei bereits "eine parlamentarische und damit demokratische Entscheidung" gegen die Widerspruchslösung getroffen worden. Diese gelte es zu respektieren.
Ullman schlug stattdessen vor, über andere Möglichkeiten zu diskutieren, um die Zahl der Spender zu erhöhen. Als Beispiel nannte er eine Änderung des Spendekriteriums: "Wenn wir vom Hirntod zum Herztod übergehen, könnten wir die Spendezahlen erhöhen."
Stiftung Patientenschutz skeptisch
Ähnlich äußert sich der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Der Bundestag habe die Widerspruchslösung eindeutig abgelehnt, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Denn die körperliche Unversehrtheit darf nicht ohne Zustimmung des Betroffenen verletzt werden." Einige Bundesländer torpedierten nun die Gewissensentscheidung der Bundestagsabgeordneten.
Brysch forderte die Länder stattdessen auf, dafür zu sorgen, dass die gesetzlich geforderte Anbindung der Pass- und Ausweisstellen an das Organspende-Zentralregister steht. "Solange dies nicht geschieht, darf die geringe Zahl der registrierten Willenserklärungen niemanden verwundern."