Nachtragshaushalt im Bundestag Eine Debatte der Standortbestimmungen
Der Bundestag hat über den Nachtragshaushalt der Ampelkoalition debattiert. Während Vertreter der Regierungsfraktionen die Haushaltspolitik lobten, äußerte die Opposition weiterhin verfassungsrechtliche Bedenken.
Der Nachtragshaushalt ist die Konsequenz aus dem Karlsruher Urteil vom November. Das Bundesverfassungsgericht hatte es verboten, Kreditermächtigungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie für Klima- und Energieprojekte umzuwidmen und der Regierung eine gewaltige Haushaltslücke beschert.
Darauf verwies gleich zum Auftakt der Debatte der Liberale Haushaltspolitiker Otto Fricke. Er erklärte und verteidigte das Vorgehen der Ampelkoalition. "Wir gehen durch eine Umbuchung in den Kernhaushalt, nehmen die entsprechenden Anpassungen vor, ohne uns neue Verschuldungsmöglichkeiten zu schaffen und ohne neue Schulden zu machen. So geht man mit dem Urteil um. So geht diese Koalition mit dem Urteil um, indem sie klar und deutlich nachvollzieht, was notwendig ist an Anforderungen. Das ist eine Haushaltspolitik, so wie sie dann auch sein soll."
Fricke argumentierte: Die Milliarden zur Unterstützung der Opfer der Flut im Ahrtal sowie die Strom- und Gaspreishilfen würden nun korrekt in den Haushalt eingerechnet. Das wird möglich durch die nachträgliche erneute Aussetzung der Schuldenbremse. Der Liberale nutzte die Chance, um die oppositionelle Union für Äußerungen der letzten Tage zu kritisieren. Deren Vertreter hatten der Ampel Tricksereien und Täuschungen vorgeworfen.
Populismus-Vorwürfe gegen CDU/CSU
Von einer "missratenen Haushaltsbuchungstechnik" sprach erneut der CDU-Haushaltsexperte Mathias Middelberg. CDU/CSU hätten weiterhin verfassungsrechtliche Bedenken, denn in anderen Sondervermögen werde weiter am regulären Haushalt vorbeigebucht: "Das ist kein guter Kompromiss für dieses Land. Es ist eher der Versuch, den Riss in Ihrer Ampel zu kitten. Ihnen ist der Klebstoff in Höhe von 60 Milliarden Euro abhanden gekommen, und jetzt muss die Lücke anderweitig geschlossen werden."
Die Ampelvertreter hätten das Urteil aus Karlsruhe seriös sondiert und Ergebnisse vorgelegt, verteidigte auch Dennis Rohde von der SPD den Nachtragshaushalt. Wenn die Union der Regierung eine heuchlerische Art vorwerfe, dann sei das "destruktiver Populismus". Mit Blick auf die Sitzordnung im Parlament, wo die CDU/CSU direkt neben der AfD sitzt, sagte Rohde: "Ich finde, die Sitzordnung in diesem Parlament ist sehr richtig gewählt, liebe Kolleginnen und Kollegen."
Wagenknecht: "Die Ampel ist die Notlage für unser Land"
Der AfD-Abgeordnete Peter Boehringer bezeichnete den Haushalt 2023 als weiterhin "schlicht verfassungswidrig". Weiter sagte er: "Ihre Regierung erklärt heute nachträglich eine Notsituation. Eine solche hatte aber 2023 bis zum Urteil am 15. November niemand bemerkt. Sie selbst hatten sie abmoderiert und für beendet erklärt."
Erstmals als fraktionslose Abgeordnete trat Sarah Wagenknecht ans Pult des Bundestages und nutzte ihre Redezeit für eine grundlegende Kritik an der Haushaltspolitik der Regierungskoalition. "Die Ampel befindet sich nicht in einer Notlage. Die Ampel ist die Notlage für unser Land."
Die Debatte war geprägt von erwartbaren Standortbestimmungen. Übrigens: Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP nahm nicht daran teil. Er sei erkrankt, teilte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas während der Sitzung mit.