Spionagevorwurf gegen Mitarbeiter Krah hält an Spitzenkandidatur für Europawahl fest
Trotz Spionagevorwürfen gegen einen seiner Mitarbeiter bleibt Maximilian Krah AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl. Beim Wahlkampfauftakt seiner Partei wird er aber fehlen. Kanzler Scholz nannte die Vorwürfe "sehr besorgniserregend".
Der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah bleibt Spitzenkandidat seiner Partei bei der Europawahl - trotz des Verdachts gegen einen seiner Mitarbeiter, für den chinesischen Geheimdienst spioniert zu haben. Das kündigte er nach einem Krisengespräch mit den Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla in Berlin an.
Ihm selbst sei "kein persönliches Fehlverhalten" vorzuwerfen, betonte Krah. Aus dem Wahlkampf wird er sich aber zumindest zeitweise zurückziehen. Er werde am Wochenende beim Wahlkampfauftakt der AfD in Donaueschingen nicht teilnehmen, darauf hätten sich die drei in der Runde verständigt. "Wenn Sie jetzt aber glauben, das sei das Ende meiner Spitzenkandidatur, dann muss ich Sie enttäuschen. Ich bin und bleibe Spitzenkandidat."
Vonseiten der Parteispitze hieß es, Krah habe selbst entschieden, beim Wahlkampfauftakt auszusetzen - "um den Wahlkampf sowie das Ansehen der Partei nicht zu belasten", teilten Weidel und Chrupalla mit. Beide forderten die Aufklärung der Vorwürfe gegen Krahs Mitarbeiter.
Der AfD bleiben kaum Möglichkeiten
Mit Blick auf die Europawahl und die Aufstellung der Spitzenkandidaten blieben der AfD auch quasi keine Einflussmöglichkeiten mehr, sagt ARD-Korrespondent Martin Schmidt. Die Partei könne die Liste nicht mehr anpassen, ohne dass diese dann komplett ungültig würde.
Es gibt nur wenige Ausnahmen. Wenn zum Beispiel der Kandidat stirbt oder wegen eines Urteils nicht mehr wählbar ist, kann die Liste verändert werden. Die AfD könnte wohl nur ihre Spitzenkandidaten Krah und den von Korruptionsvorwürfen belasteten Petr Bystron - Platz zwei der Europaliste der AfD - von Plakaten oder den Wahlkampfbühnen verbannen.
Auffällig sei, dass die Parteispitze zu keinem gemeinsamen Statement mit Krah bereit gewesen sei, so Schmidt weiter. Es solle keine Bilder mit Krah geben, nur eine Erklärung der AfD-Führung sei angekündigt. Aus Sicht von Schmidt ein Versuch der Spitze, "den Schaden, den Krah jetzt erlitten hat, nicht auf sich selbst übertragen zu bekommen".
Mitarbeiter wird entlassen
Krah sprach erneut von einem "sehr schwerwiegenden Vorwurf" gegen seinen Mitarbeiter. Dem beschuldigten Jian G. will Krah noch im Laufe des Tages kündigen. Er selbst sei an der Aufklärung der Vorwürfe gegen seinen Assistenten "sehr interessiert". In seinem Büro "werden wir weiter daran arbeiten, alles zu rekonstruieren, was im fraglichen Zeitraum von ihm überarbeitet wurde", so Krah weiter.
Der Wahlkampf werde von den Vorwürfen "leider furchtbar überschattet": "Wir reden über China, nicht über Europa", so Krah und fügte hinzu: "Wir müssen wieder wegkommen von dieser sehr unangenehmen Angelegenheit." Die "Angelegenheit" müsse "dahin kommen, wo sie hingehört - zu den Justizbehörden".
Krah ist Mitglied in den Ausschüssen für internationalen Handel, aber auch in den Unterausschüssen für Menschenrechte sowie Sicherheit und Verteidigung, außerdem ist er Teil der Delegation für Beziehungen zu den USA.
Scholz äußerte sich besorgt
Bundeskanzler Olaf Scholz nannte den Spionage-Verdacht "sehr besorgniserregend". Bei einer Pressekonfernz mit dem britischen Premierminister Rishi Sunak, der heute zu Besuch in Berlin ist, sprach er sich für ein konsequentes Vorgehen der Sicherheitsbehörden aus. "Wir können Spionage gegen uns nicht akzeptieren, egal, aus welchem Land sie kommt. Und deshalb muss sie entdeckt und diejenigen, die Verantwortung haben, verhaftet werden und vor Gericht gestellt werden."
Beschuldigter sitzt in U-Haft
Jian G. befindet sich mittlerweile in Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof habe den Haftbefehl in der Nacht zum Mittwoch in Vollzug gesetzt, teilte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit.
Der Vorwurf lautet auf Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall. Der Festgenommene soll laut Generalbundesanwalt (GBA) Informationen aus dem EU-Parlament weitergegeben haben.
Der Mitarbeiter war laut Bundesanwaltschaft vom Landeskriminalamt Sachsen am Montag in Dresden festgenommen worden. Wohnungen des Beschuldigten wurden demnach durchsucht.
In einem silbernen Auto verdeckt ein Mann sein Gesicht. Bei ihm soll es sich um den nun inhaftierten Jian G. handeln.
G. seit 2019 Mitarbeiter Krahs
Der deutsche Staatsangehörige G. soll Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes sein. Seit 2019 soll er für Krah gearbeitet haben. Im Januar dieses Jahres soll er laut Generalbundesanwalt wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europaparlament weitergegeben haben. Zudem habe er für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht.
China hatte die Spionagevorwürfe bisher klar zurückgewiesen. Die Anschuldigungen dienten dazu, "China zu verleumden und zu unterdrücken" und hätten das Ziel, "die Atmosphäre der Zusammenarbeit zwischen China und Europa zu zerstören", teilte Wang Wenbin, Sprecher des Außenministeriums in Peking, am Dienstag mit.