Neue Reihenfolge Wer wird wann geimpft?
Quälend langsam und mühsam - so der Eindruck - kommen die Impfungen in Deutschland voran. Künftig soll es schneller und flexibler gehen - auch dank einer angepassten Impfreihenfolge. Wer ist wann dran? Der Überblick.
Alle Erwachsenen sollen in den nächsten Monaten in Deutschland bei der Corona-Impfung an die Reihe kommen - bloß wann? Das hängt auch von der Verfügbarkeit der zugelassenen Impfstoffe ab. Vom AstraZeneca-Impfstoff sind am Wochenende die ersten Lieferungen eingetroffen. Ab heute soll zudem eine geänderte Corona-Impfverordnung in Kraft treten. Zentrale Fragen lassen sich nun klarer beantworten:
Bis wann sollen die über 80-Jährigen geimpft sein?
Um den Wechsel zum zweiten Quartal Ende März herum. So hat es Gesundheitsminister Jens Spahn versprochen. Das gilt auch für andere in der ersten Gruppe mit höchster Priorität: Pflegeheimbewohner, Pflegekräfte in Heimen, Personal in Intensivstationen, Notaufnahmen, Rettungsdiensten. Den 800.000 Heimbewohnern soll bis Mitte Februar ein "Impfangebot" gemacht werden - 630.000 wurden bisher geimpft. Als nächste innerhalb dieser Gruppe rücken jetzt ambulante Pflegedienste in den Fokus.
Was ändert sich durch den Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffs?
Es ist nach den Stoffen von BioNTech/Pfizer und Moderna das dritte zugelassene Präparat. Mangels Daten zur Wirkung bei Älteren bekommen es vorerst nur Menschen zwischen 18 und 64 Jahren. Mit der geänderten Impfverordnung soll deshalb den Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen sowie Intensiv- und Coronastationen in dieser Altersgruppe nun vorrangig der AstraZeneca-Stoff geimpft werden.
Was bedeutet die vorrangige AstraZeneca-Impfung bei Jüngeren?
"Damit können wir die Älteren und die Pflegekräfte schneller impfen und schützen", verspricht Spahn. Bis 19. Februar sollen 1,75 Millionen Dosen an die Bundesländer geliefert und verimpft werden. Die nächste Lieferung am 2. März soll 1,47 Millionen Dosen umfassen. Während die Impfstoffe von Moderna und BioNTech eine Wirksamkeit von 94 und 95 Prozent haben, sind es bei AstraZeneca nach einer neuen Studie nach der ersten Impfung nur 76 Prozent und bis zu 82 Prozent nach der zweiten. Einige Pflegekräfte sollen denn auch eine "Zwei-Klassen-Impfungen" fürchten.
Wann sollen die Menschen ab 70 Jahren geimpft werden?
Von April an, in Gruppe zwei mit hoher Priorität. Aktuell leben etwa 7,3 Millionen Menschen zwischen 70 und 80 in Deutschland sowie 5,7 Millionen in der Altersgruppe 80 plus. Bislang geliefert wurden 4,2 Millionen Dosen von BioNTech/Pfizer und Moderna. Bis Anfang März kommen rund 3,2 Millionen AstraZeneca-Dosen dazu. Von BioNTech soll es bis Ende Februar mehr als 2,5 Millionen weitere Dosen geben, von Moderna bis Mitte Februar 182.400 Dosen.
Wann sollen Menschen mit Vorerkrankungen geimpft werden?
Manche Menschen sollen in Gruppe zwei vorgezogen werden. In dieser Gruppe sollen nun auch Menschen geschützt werden mit Krebs ohne gestopptem Tumorwachstum, mit schwerer chronischer Lungenerkrankung, mit chronischer Leber- oder Nierenerkrankung, mit Diabetes mit hohen Blutzuckerwerten, mit Fettleibigkeit mit Body-Mass-Index über 40, mit Demenz, geistiger Behinderung, bipolarer Störung, Schizophrenie, schwerer Depression, Trisomie 21 sowie nach Organtransplantationen - und auch Menschen, denen ein Arzt hohes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf bescheinigt.
Wer soll noch in Gruppe zwei geimpft werden?
Bis zu zwei enge Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen zu Hause oder Schwangeren (Schwangere selbst normalerweise nicht) - sowie Ärzte, Polizei- und Ordnungskräfte insbesondere für Demonstrationen, Beschäftigte von Gesundheitsdiensten und Kliniken, Bewohner von Obdachlosen- und Asylbewerberunterkünften und Betreuer geistig Behinderter. Für die gesamte Gruppe zwei gilt: Wer unter 65 ist, soll vorrangig den AstraZeneca-Impfstoff erhalten.
Sollen Kinder geimpft werden?
Der BioNTech-Impfstoff ist von 16 Jahren an zugelassen. Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, erwartet im Lauf des ersten Halbjahrs Ergebnisse zu Studien von Moderna und anderen zu möglichen Impfungen bei Kindern und Jugendlichen.
Welche offenen Fragen bleiben?
Unklar ist weiterhin, ob von Menschen, die schon geimpft sind, eine weitere Ansteckungsgefahr ausgeht. Es gibt bislang keine verlässlichen Daten, dass Geimpfte das Virus nicht weiter übertragen. Auch der Corona-Ausbruch unter bereits geimpften Bewohnern eines Pflegeheims in Osnabrück wirft Fragen auf. Zudem ist unklar, wie wirksam die Impfstoffe gegen die hochansteckenden Virus-Varianten sind. Laut Paul-Ehrlich-Institut gibt es Hinweise, "dass man mit der UK-Variante (also der britischen) ganz gut fertig werden kann, mit der Südafrika- und Brasilien-Variante vielleicht schlechter".
Welche Kritik gibt es an der Impfverordnung?
Die niedergelassenen Ärzte wollen nicht so lange warten. "Diejenigen, die andere jeden Tag behandeln, medizinisch versorgen und schützen, müssen auch selbst geschützt sein", sagt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen. Die Stiftung Patientenschutz kritisiert, es werde zu wenig untersucht, welche Krankheiten noch zu schweren Verläufen führen. Somit seien jüngere Schwerstkranke den "individuellen Entscheidungen eines Gesundheitsamtes vor Ort ausgeliefert".
Wer kommt nach Gruppe zwei?
Auch nach der neuen Verordnung gehören zur Gruppe drei (erhöhte Priorität) Menschen über 60 Jahre, Menschen mit weiteren Krankheiten wie etwa Asthma oder Herzinsuffizienz - sowie zum Beispiel Lehrer, Erzieher, Polizisten, Beschäftigte in Supermärkten. Erst danach sollen alle weiteren folgen. Kanzlerin Angela Merkel hat versprochen: Bis Ende des Sommers sollen alle Menschen in Deutschland ein "Impfangebot" erhalten.
Wird die Impfreihenfolge immer strikt eingehalten?
Nein. In Sachsen-Anhalt wurden etwa mehr als 300 Polizisten im Kreis Stendal schon geimpft - sowie der Oberbürgermeister und zehn Stadträte von Halle, angeblich mit Dosen, die übrig geblieben waren. Für Schlagzeilen sorgte auch die Impfung von Mitgliedern des Geriatrie-Direktoriums des Klinikums Region Hannover Langenhagen sowie der Fall einer 79-Jährigen mit schweren Vorerkrankungen bei München, die keinen vorgezogenen Impftermin bekommt.