Ungelöster Haushaltsstreit Die Ungeduld wächst
Die SPD wartet darauf, dass der Kanzler endlich den Haushaltskonflikt löst. Doch bislang bleibt Scholz klare Antworten schuldig. In der Regierungsbefragung dürfte er sich dazu äußern. Die Ungeduld in den eigenen Reihen wächst.
Endlich "Orientierung geben", das ist die Formulierung, die viele Sozialdemokraten gerade benutzen. Gemeint ist damit Kanzler Olaf Scholz, der nun Orientierung geben soll, wann und vor allem wie genau der Haushalt für 2025 aussehen kann.
Den heutigen 3. Juli, den ursprünglichen Termin für den Kabinettsbeschluss für den Bundeshaushalt, hat die Ampelkoalition nicht halten können. Stattdessen sitzen der Kanzler, der Wirtschaftsminister und der Finanzminister stundenlang weiter zusammen, ringen um Millionenbeträge, um zu einem Ergebnis zu kommen. Es sind zähe Verhandlungen, die Ampelparteien sind müde von der Ungewissheit.
In der letzten Sitzungswoche des Bundestags vor der Sommerpause stellt sich Bundeskanzler Olaf Scholz heute Mittag den Fragen der Abgeordneten. Der Kanzler wird die Regierungsbefragung mit einem kurzen Vortrag zu einem Thema eigener Wahl eröffnen, dann können die Abgeordneten ihn eine gute Stunde lang zu diesem und zu allen anderen Themen befragen. Erwartet wird, dass dabei auch die schwierigen Haushaltsverhandlungen innerhalb der Koalition zur Sprache kommen. Intern soll sich der Kanzler zuletzt optimistisch zu einer Einigung in dieser Woche geäußert haben.
Viele Abgeordnete sind ahnungslos
Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wirkt ungeduldig. Er ist kein Politiker, der in der Öffentlichkeit laut poltert. Wenn er Druck macht, dann ist die Lage ernst. So war es vor gut einer Woche, als Mützenich sagte, er erwarte diese Woche klare politische Erklärungen vom Kanzler, wie dieser Haushalt nun aussehe. Und so warteten die Genossen gemeinsam mit Mützenich gestern bei der Fraktionssitzung auf den Kanzler, auf politische Erklärungen, auf diese gewünschte Orientierung.
Ohne Kenntnis über den Haushalt möchte Mützenich die Abgeordneten nicht in die Sommerpause gehen lassen. Letztlich sei der Bundeshaushalt am Ende eine Entscheidung des Parlaments, denn der Bundestag müsse ihn beschließen. Aber derzeit sind viele Abgeordnete der Ampelparteien ahnungslos, was das Dreier-Gespann aus Kanzler, Vize-Kanzler und Finanzminister nächtelang diskutiert, wie der Plan aussehen soll, mit dem sie ein Milliardenloch stopfen wollen.
Der Kanzler bittet um Geduld
Besonders ungeduldig ist auch Tim Klüssendorf. Er gehört der parlamentarischen Linken an, jenem Flügel, der immer lauter in der SPD wird und einen "Sparhaushalt" nicht mitmachen will. "Wir brauchen einen Plan B", forderte Klüssendorf erst vor wenigen Wochen. Nachdem er den Kanzler und seine Erklärungsversuche in der SPD-Fraktion gehört hat, ringt er mit den Worten: Klare Lösungen habe der Kanzler der Fraktion nicht präsentiert, die Verhandlungen liefen noch.
Der Kanzler habe um Verständnis gebeten, um Geduld. Laufende Verhandlungen eben. Irgendwie habe der Kanzler die Genossen ja bei der Stange halten müssen, schwingt da mit. Aber eine Lösung sei greifbar nah, habe Klüssendorf verstanden. "Es wurde klar gesagt, bis Freitag. Weil bis Freitag sind wir alle hier", so Klüssendorf. Dann würde auch eine Sondersitzung der SPD-Fraktion dazu stattfinden.
Wo hakt es noch?
Viele Etats der Ministerien seien schon geeint, hört man immer wieder beschwichtigend. Doch um zu ahnen, woran es hakt, muss man nicht in die Untiefen des Finanzministeriums hören. Es reichen zahlreiche Auftritte von Außenministerin Annalena Baerbock, die mehr als unzufrieden ist, dass nicht ausreichend Geld für humanitäre Hilfe zur Verfügung steht.
Generell, so sind sich nach wie vor Sozialdemokraten und Grüne einig, würde es helfen, wenn man auch die Hilfen für die Ukraine aus dem Bundeshaushalt hinausrechnet, eine finanzielle Notlage dafür erklärt und damit den Haushalt quasi überzieht. Doch noch scheint Finanzminister Lindner nicht so weit, dem zuzustimmen. Denn an dem Haushalt hängt auch ein großes Paket für die Wirtschaft. Der Name dafür ist unklar. Lindner will eine "Wirtschaftswende", die SPD ein "Dynamisierungspaket". Beide eint: Sie wollen die Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Das Preisschild dafür: unklar.
So schielen nun alle auf den Freitag. Auf ein Ergebnis, auf Klarheit, auf Orientierung. Das könnte eine Einigung im Haushaltsstreit sein - oder eben auch, dass man bis Freitag weiß, dass man sich nicht einigen konnte.