Reformpläne für Hausarztpraxen So soll die ärztliche Versorgung besser werden
Wie können Hausarztpraxen entlastet werden? Ein Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Lauterbach soll die Arbeitsbedingungen von Hausärzten verbessern. Für sie soll es zum Beispiel keine Obergrenzen mehr bei der Vergütung geben.
Nach der Krankenhausreform bringt Gesundheitsminister Karl Lauterbach nun die Reform der ambulanten Versorgung auf den Weg. Er möchte die Vor-Ort-Versorgung für Patientinnen und Patienten besonders in Hausarztpraxen stärker absichern. Das Bundeskabinett hat heute Lauterbachs "Versorgungsstärkungsgesetz" beschlossen. Die Kernpunkte der Pläne im Überblick:
Keine Obergrenze bei der Vergütung
Für Hausärzte sollen - wie schon bei Kinderärzten - sonst übliche Obergrenzen bei der Vergütung aufgehoben werden. Das bedeutet, dass sie Mehrarbeit sicher bezahlt bekommen, auch wenn das Budget ausgeschöpft ist. Zu Buche schlagen dürfte das mit einem "unteren dreistelligen Millionenbetrag" an Mehrkosten bei den gesetzlichen Krankenkassen, wie das Ministerium schätzt.
Neue Pauschale soll Freiräume schaffen
Kommen soll auch eine jährliche "Versorgungspauschale" für Praxen für die Behandlung chronisch Kranker, die ständig Medikamente nehmen. Das soll Praxisbesuche etwa in jedem Quartal nur zum Rezepteholen vermeiden und insgesamt mehr Freiräume schaffen. Eine neue "Vorhaltepauschale" sollen Praxen bekommen, die bestimmte, noch festzulegende Kriterien erfüllen - etwa zu Haus- und Pflegeheimbesuchen oder Öffnungszeiten auch abends und an Samstagen.
Die Ruhestandswelle soll abgefedert werden
Die besseren Arbeitsbedingungen sollen dazu beitragen, das Netz der Hausarztpraxen mit Blick auf eine kommende Ruhestandswelle zu erhalten. Zwar hatte sich bei Hausärztinnen und Hausärzten zuletzt kein Rückgang mehr gezeigt. Ende 2023 gab es laut Bundesarztregister 51.389 und damit 75 mehr als Ende 2022. Zehn Jahre zuvor waren es aber noch 52.262 gewesen.
Und wenn mehr und mehr Ärzte in den Ruhestand gehen, drohe vor allem im Westen Deutschlands ein Mangel, warnte die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Bei Hausärzten sei der Anteil der Über-60-Jährigen mit 37 Prozent besonders hoch.
Vergleichsangebot für Versicherte
Für gesetzlich Kranken- und Pflegeversicherte soll ein digitales Informations- und Vergleichsangebot geschaffen werden, wie es im Entwurf heißt. Abrufbar sein sollen dort etwa Zahlen zu Genehmigungen, Ablehnungen und Widersprüchen bestimmter Kassenleistungen - aber auch zur Bearbeitungsdauer und zur Qualität von Beratungs- und Unterstützungsangeboten.
Bessere Psychotherapie für Jugendliche
Verbessert werden sollen laut Entwurf auch psychotherapeutische Angebote für Kinder und Jugendliche. Dazu soll für Planungen des Bedarfs eine neue eigene Arztgruppe gebildet werden. Dies ermögliche "eine zielgenauere Steuerung der Niederlassungsmöglichkeiten" für entsprechende Praxen.
Das sagen Verbände zur Reform
Die geplante Reform stößt bisher bei Krankenkassen und Verbänden auf wenig Gegenliebe. Aktuell kritisierte die Diakonie den Entwurf als unzureichend. Innovative Ansätze wie Gesundheitskioske, Primärversorgungszentren und Gesundheitsregionen fehlten, erklärte der evangelische Wohlfahrtsverband vor der Kabinettsentscheidung. Sie seien "wichtige Bausteine, um unser Gesundheitssystem zukunftsfähig und niedrigschwellig auszurichten", sagte Vorstandsmitglied Maria Loheide.
Dem Verband der Hausärzte gehen die geplanten Erleichterungen nicht weit genug. Das machte die Vorsitzende Nicola Buhlinger-Göpfarth im Magazin "Politico" deutlich: "Es ist gut, dass das Gesetz jetzt nach ewigem Hin und Her endlich ins Kabinett geht", sagte sie. Trotz einiger guter Ansätze wie der Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung bleibe das Gesetz jedoch "hinter seinen Möglichkeiten zurück".
Enttäuscht äußerte sich die Verbandsvorsitzende darüber, dass ein zunächst geplanter Bonus für die hausärztliche Versorgung nun doch nicht kommen solle. Er wäre die Chance gewesen, Patientinnen und Patienten "schnell und zielgenau" im Gesundheitswesen zu steuern. "Hier hat die Ampelkoalition offensichtlich der Mut zu echten Strukturreformen verlassen", kritisierte Buhlinger-Göpfarth und forderte Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren.
Den Bonus sollten nach früheren Plänen Lauterbachs Kassenpatientinnen und -patienten erhalten, wenn sie einen Tarif wählen, bei dem sie beispielsweise vor einem Facharzt einen Hausarzt konsultieren.