Friedrich Merz
Europawahl

Nach der Europawahl Merz geht auf klare Distanz zum BSW

Stand: 11.06.2024 14:03 Uhr

Wie kann man den Aufwärtstrend der AfD im Osten aufhalten? Diese Frage muss sich mit Blick auf die Landtagswahlen im Herbst auch die CDU stellen. Einen Schulterschluss mit dem BSW als mögliches Gegengewicht schließt CDU-Chef Merz aus.

Von einem "wunderbaren Start" für die von ihr gegründete Partei hatte Sahra Wagenknecht nach der Europawahl gesprochen. Aus dem Stand erreichte das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ein Ergebnis von 6,2 Prozent - rund fünf Monate nach der Gründung. Und auch bei den parallel zu der Europawahl abgehaltenen Kommunalwahlen in mehreren Bundesländern konnte die Partei Erfolge verbuchen: In Sachsen wurde sie in einigen Kreisen drittstärkste Kraft, ebenso in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns. Trotzdem bleiben andere Parteien auf Distanz zum BSW - auch der Vorsitzende der CDU: Friedrich Merz kann sich den Schulterschluss mit dem Bündnis nicht vorstellen. Laut vorläufigem Wahlergebnis gehen seine Christdemokraten mit 23,7 Prozent klar als stärkste Kraft aus der Europawahl hervor.

Vor allem im Osten Deutschlands habe es mit dem Erstarken der AfD und dem BSW "eine Veränderung der Parteienlandschaft" gegeben, räumte Merz im ARD-Brennpunkt ein. "Darauf müssen wir jetzt reagieren". Eine Koalition mit dem BSW - auch als potenzielles Gegengewicht zu möglichen Mehrheiten der AfD bei den im Herbst anstehenden Landtagswahlen in drei östlichen Bundesländern - schloss der CDU-Chef jedoch aus:

Das ist völlig klar, das haben wir auch immer gesagt. Wir arbeiten mit solchen rechtsextremen und linksextremen Parteien nicht zusammen.

Für Wagenknecht gelte beides, betonte Merz: "Sie ist in einigen Themen rechtsextrem, in anderen wiederum linksextrem."

"Wir sind bereit dazu sofort die Verantwortung in diesem Land zu übernehmen", Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender zu Ergebnissen der Europawahl

Brennpunkt, 10.06.2024 20:15 Uhr

Unvereinbarkeitsbeschluss gilt nicht für BSW

Die Zusammenarbeit mit politischen Extremen hat die CDU sogar per Unvereinbarkeitsbeschluss festgeschrieben. Der gilt sowohl für die AfD als auch für die Linkspartei. Das BSW fällt bislang nicht unter diesen Beschluss. Auch beim Bundesparteitag der Christdemokraten im Mai wurde kein Antrag gestellt, um den Beschluss auf das neu gegründete BSW auszuweiten.

Mit einer Einschätzung zu Wagenknechts Partei hielt sich die CDU damals betont zurück. Zu "dieser Truppe" könne er noch nichts sagen, hieß es etwa von Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer, und der thüringische Fraktionsvorsitzende Mario Voigt bezeichnete das BSW als "Blackbox".

Es gibt aber auch Stimmen innerhalb der CDU, die sich dem BSW gegenüber weniger skeptisch äußerten. Die stellvertretende Bundesvorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien etwa. Sie sagte im Mai: "In den Ländern wird man schauen müssen, welche Persönlichkeiten dort für das BSW antreten und welche politischen Ziele in den Wahlprogrammen stehen. Danach kann man entscheiden, ob es vor Ort eine Grundlage für eine Zusammenarbeit mit dem BSW gibt."

Wagenknecht kritisiert Aussagen von Merz

Auf Merz' jetzige Absage an eine Zusammenarbeit reagierte das BSW mit Kritik und Unverständnis. Wagenknecht warf dem CDU-Chef vor, "die neuen Bundesländer unregierbar" machen zu wollen. Gleichzeitig warnte sie die Wählerinnen und Wähler im Osten davor, künftig für die CDU zu stimmen. Eine Stimme für die CDU bedeute "auch Rückenwind für Herrn Merz, der die Renten noch weiter kürzen und Deutschland mit der Lieferung von 'Taurus'-Raketen zur Kriegspartei in der Ukraine machen will", sagte Wagenknecht im Gespräch mit dem "Spiegel".

Fabio De Masi, Spitzenkandidat des Bündnisses bei der Europawahl, bezeichnete die Haltung als "extrem dämlich". Seiner Behauptung zufolge gebe es durchaus Mitglieder der CDU, die den Kontakt zum BSW suchen würden. "Man will ja im Osten regieren", schrieb De Masi beim Kurznachrichtendienst X.

Doch CDU-Chef Merz ist nicht der erste, der dem BSW als möglichen Partner eine Absage erteilt. Schon im März hatte Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Interview mit der Märkischen Allgemeinen Zeitung betont, dass für seine SPD "überhaupt nichts" für eine Regierungszusammenarbeit mit dem BSW spreche. Scholz sagte damals: "Das BSW hat keinerlei Vorschläge für eine bessere Zukunft in den Ländern und keinen Plan, wohin Deutschland steuern soll. Deshalb verbieten sich solche Gedankenspiele aus meiner Sicht."

BSW will im Herbst zweistellige Ergebnisse erreichen

Für die Landtagswahlen im Herbst hat sich das BSW jedenfalls klare Ziele gesetzt. "Zweistellige Ergebnisse" soll ihr Bündnis erreichen, hieß es von Gründerin Wagenknecht. Und mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr betonte sie, das BSW werde im nächsten Bundestag in Fraktionsstärke vertreten sein.

Anfang September wird zunächst in Sachsen und Thüringen ein neuer Landtag gewählt, drei Wochen später folgt Brandenburg. Die Ergebnisse der Kommunalwahlen deuten darauf hin, dass allen voran die AfD bei diesen Abstimmungen auf deutliche Zugewinne, wenn nicht gar klare Mehrheiten hoffen darf. In Brandenburg ging sie als klare Siegerin aus der Kommunalwahl hervor, auch in Sachsen liegt sie nach derzeitigem Stand der Stimmenauszählung in fast allen Wahlkreisen vorn. Lediglich in Leipzig konnte die CDU die AfD überholen, für Dresden liegt noch kein Ergebnis vor.

In Thüringen hingegen ging die AfD bei den Stichwahlen am Sonntag leer aus. In neun Landkreisen gingen AfD-Kandidaten in den zweiten Wahlgang, in keinem konnten sie diesen für sich entscheiden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die ARD in einem Brennpunkt am 10. Juni 2024 um 20:15 Uhr.