Corona-Gipfel Bund bringt Länder gegen sich auf
Obwohl die Zahl der Neuinfektionen deutlich steigt, will die Bundesregierung die Corona-Auflagen lockern. Die Länderchefs halten nichts von diesen Plänen. Bei den Bund-Länder-Beratungen mit Kanzler Scholz übten sie parteiübergreifend Kritik.
Bei der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz haben die Länder massive Kritik an den Corona-Lockerungen geübt, auf die sich die Ampelregierung verständigt hatte.
Konkret stören sich die Länder daran, dass der Bund beinahe in allen Bereichen des Alltags die Maskenpflicht abschaffen will, die Hürden für die Einführung der sogenannten Hotspot-Regelung halten sie in der Praxis für kaum umsetzbar.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte auf der Pressekonferenz, der Gesetzentwurf des Bundes sei "viel zu kompliziert, um schnell zu reagieren. Es gibt lange Verfahren und hohe Hürden - und das für so grundlegende Schutzmaßnahmen wie Abstand und Maske. Die Regelungen des Gesetzentwurfs sind rechtlich unsicher und praktisch nicht umsetzbar. Das gilt vor allem für die sogenannte Hotspot-Regelung."
Länder fühlen sich übergangen
Wüst sagte weiter, dass den Ländern vom Bund "ausdrücklich eine intensive Einbindung bei der Erstellung des Gesetzes zugesagt" worden sei - der Bund habe das Gesetz dann allerdings ohne eine frühzeitige Beteiligung der Länder konzipiert, "und das, obwohl die Länder maßgeblich für den Vollzug zuständig sind. Die Kritik der Länder am Verfahren und am Inhalt war in der Ministerpräsidentenkonferenz parteiübergreifend - und sie ist sehr deutlich", so Wüst weiter, der derzeit Vorsitzender der Runde der 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ist.
"Der Bund trägt jetzt die Verantwortung dafür, dass den Ländern die Werkzeuge für einen schnellen und effektiven Basisschutz genommen wurden", sagte Wüst, der wegen einer Corona-Infektion während einer Dienstreise nach Israel aus Jerusalem zugeschaltet war. "Bund und Länder waren in der Pandemie immer erfolgreich, wenn sie gemeinsam gehandelt haben. Die Länder sind auch in Zukunft bereit dazu."
Scholz verteidigt Auslaufen vieler Auflagen
Scholz verteidigte das geplante Auslaufen vieler Corona-Maßnahmen. Die Corona-Pandemie sei nicht vorbei, darüber sei man sich einig. Aber die Lage in den Krankenhäusern entwickele sich nicht so dramatisch, wie das früher bei solch hohen Corona-Zahlen der Fall gewesen wäre. Wer geimpft und geboostert sei, könne auf einen eher milden Verlauf hoffen.
"Nun treten wir auch in eine neue Phase der Pandemie ein, in der wir, wie fast alle unsere Nachbarländer, auf die meisten Schutzmaßnahmen verzichten werden." Es sei klar, dass die Bundesländer sich mehr wünschten. Trotzdem sei das eine rechtliche Grundlage, auf der für die Zukunft aufgebaut werden könne, sagte Scholz mit Blick auf die entsprechenden Änderungen des Infektionsschutzgesetzes, die ab Sonntag nur noch bestimmte Corona-Maßnahmen erlauben.
Gesetz soll morgen beschlossen worden
Das neue Gesetz für das Corona-Management soll an diesem Freitag vom Bundestag beschlossen werden und kommt dann direkt in den Bundesrat - zustimmungspflichtig ist es dort aber nicht. Für einen möglichen Antrag auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses wäre eine Mehrheit von 35 Stimmen in der Länderkammer nötig. Zugleich besteht Zeitdruck für eine schnelle Anschlussregelung, da sonst ab Sonntag gar keine Rechtsgrundlage für Corona-Maßnahmen mehr bestünde.
Die Gesetzespläne sehen nur noch wenige allgemeine Vorgaben zu Masken und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen vor. In Bussen und Bahnen soll weiterhin Maskenpflicht gelten können. Für regionale "Hotspots" sollen jedoch weitergehende Beschränkungen möglich sein, wenn das Landesparlament für diese eine besonders kritische Corona-Lage feststellt. Zahlreiche Länder wollen aber noch eine vorgesehene Übergangsfrist nutzen und aktuell geltende Schutzregeln bis zum 2. April aufrechterhalten.