Carsten Linnemann spricht auf einer CDU-Veranstaltung.

CDU-Generalsekretär zum Bürgergeld "Wir müssen wirklich an die Substanz"

Stand: 08.06.2025 09:42 Uhr

Dass das Bürgergeld reformiert werden soll, ist beschlossene Sache. Doch die Umsetzung birgt Konfliktpotenzial zwischen Union und SPD. CDU-Generalsekretär Linnemann fordert eine umfassende Reform und sogar den Stopp von Zahlungen.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann dringt auf tiefgreifende Veränderungen beim Bürgergeld. "Wir müssen wirklich an die Substanz des Systems gehen", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Wir können nicht wie in den vergangenen Jahren einfach nur irgendwelche neuen Sanktionen ankündigen, die dann in den Jobcentern vor Ort nicht umgesetzt werden können."

Der CDU-Politiker betonte: "Wir müssen uns auf einen ganz wichtigen Punkt einigen: Wenn jemand nachweislich wiederholt einen zumutbaren Job nicht annimmt, obwohl er offenkundig arbeiten kann, dann muss der Staat davon ausgehen, dass derjenige nicht bedürftig ist. Und dann bekommt er auch kein Bürgergeld mehr. Wir brauchen hier einen Paradigmenwechsel."

Damit liegt Linnemann auf einer Linie mit Bundeskanzler Friedrich Merz, der betont hatte: "Für Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen."

"Bürgergeld ist Chiffre für Ungerechtigkeit"

Er suche den engen Schulterschluss mit Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), sagte Linnemann, der als Unionsfraktionsvize für das Thema zuständig ist. "Wir haben beide ein Interesse daran, dass wir wieder ein gerechtes Sozialsystem bekommen." Generell sei der Eindruck entstanden, dass das Bürgergeld schon "eine Chiffre für Ungerechtigkeit in Deutschland" geworden sei.

Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, das Bürgergeld zu einer neuen "Grundsicherung für Arbeitssuchende" umzubauen. Dabei soll Vermittlung in Arbeit bei erwerbsfähigen Menschen Vorrang haben und erleichtert werden. Außerdem sollen Mitwirkungspflichten und Sanktionen verschärft werden. Weiter heißt es: "Bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen." Dabei werde die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beachtet.

Linnemann sagte: "Wenn jemand nicht arbeiten kann, weil er körperlich oder aus welchen Gründen auch immer nicht dazu in der Lage ist, dann braucht er natürlich die volle Unterstützung der Solidargemeinschaft." Es müsse aber der Grundsatz gelten: Wer arbeiten kann, muss arbeiten gehen. "Niemand kann erwarten, dass Menschen für ihn bezahlen, die jeden Tag arbeiten gehen."

Bas: Müssen mafiöse Strukturen zerschlagen

Bundesarbeitsministerin Bas hatte bereits angekündigt, gegen systematischen Betrug beim Bürgergeld vorgehen zu wollen. Wer nicht genügend Geld verdiene, könne ergänzend Bürgergeld beantragen, so die SPD-Politikerin. "Es gibt jedoch ausbeuterische Strukturen, die Menschen aus anderen europäischen Ländern nach Deutschland locken und ihnen Mini-Arbeitsverträge anbieten", sagte sie dem Magazin Stern.

"Gleichzeitig lassen sie diese Menschen Bürgergeld beantragen und schöpfen die staatlichen Mittel dann selbst ab! Das sind mafiöse Strukturen, die wir zerschlagen müssen."

Sozialverband fordert höheres Bürgergeld

Unterdessen forderte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, eine Erhöhung des Bürgergelds sowie eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. In einem Interview des "RedaktionsNetzwerks Deutschland" verwies sie zur Begründung auf stark gestiegene Preise für Erdbeeren und andere regionalen Lebensmittel. "Die Preise für regionales, frisches Obst wie Erdbeeren sind für Familien mit kleinen Einkommen oder im Bürgergeld-Bezug kaum zu bezahlen."

Die Regelsätze des Bürgergelds müssten immer den aktuellen Preisentwicklungen angepasst werden, forderte Bentele. "Die Kosten für Ernährung in den monatlichen Regelsätzen müssen so berechnet werden, dass man sich davon gesund und ausreichend ernähren kann", sagte die VdK-Chefin. Zudem könne eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel wie Obst und Gemüse helfen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 08. Juni 2025 um 09:00 Uhr.