Kultusministerkonferenz Warum Bildung eine Baustelle bleibt
Der sogenannte Bildungsgipfel wurde für die Bundesbildungsministerin zum Flop. 100 Tage und eine IGLU-Bildungsstudie später ist einzig der Handlungsdruck gewachsen. Nun berät die Kultusministerkonferenz.
Alle an einen Tisch, so hätte die Bundesbildungsministerin es gern: Bund, Länder, Kommunen, Lehrkräfte, Eltern, Bildungsforschende. Aber beim Bildungsgipfel vor 100 Tagen ist ihr das nicht so gelungen, die meisten Länder hatten abgesagt, wegen Kritik an der Vorbereitung.
Darüber möchte Bettina Stark-Watzinger eigentlich gar nicht mehr reden. Schließlich geht es ums Prinzip: "Es geht also wirklich darum, dass wir alle zusammenwirken, es geht ja um die Kinder in unserem Land und nicht um uns", so die FDP-Politikerin.
25 Prozent der Viertklässler können kaum lesen
Aber beim Zusammenwirken hakt es, vor allem zwischen Bund und Ländern. Will die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) also Impulse des Bildungsgipfels aufgreifen? "Ich würde mir das andersherum wünschen: dass solche Bildungsgipfel die Impulse der KMK aufgreifen", sagte die neue Vorsitzende, Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch von der CDU.
Günther-Wünsch ist gelernte Lehrerin. Sie weiß, was an den Schulen los ist, jetzt vertritt sie die Länderseite. Die ist zuständig und braucht zwar Geld vom Bund, aber will sich doch nicht reinreden lassen. Immerhin ist bei diesem Treffen jetzt das Startchancenprogramm des Bundes Thema.
Damit sollen ab 2024 benachteiligte Schüler und schwierige Schulstandorte gefördert werden. Doch der Handlungsdruck steigt schon jetzt: 25 Prozent der Viertklässler können kaum lesen. "Wenn jede Bildungsstudie einen blauen Brief für uns bedeutet, dann muss endlich ein Ruck durch die Bildungspolitik gehen", sagte Kai Gehring. Der Grünen-Politiker ist Vorsitzender des Bildungsausschusses im Bundestag.
Probleme schon vor der Schule
Ein Ruck? Thomas Jarzombek, Bildungspolitiker der CDU/CSU-Fraktion, hält nicht viel von Bildungsgipfeln. Die Kultusministerkonferenz, bei der die Bundesministerin regelmäßig zu Gast ist, reicht ihm als Dialogformat, sagt er.
Außerdem entstehen die Probleme seiner Meinung nach ohnehin schon vor der Schule: "Was wir brauchen, ist im dritten, vierten Lebensjahr für alle Kinder ein verbindlicher Test für Sprachkenntnis, um zu sehen, wo die Kinder stehen. Und da, wo Defizite sind, muss dann auch verbindlich dran gearbeitet werden, egal ob in der Kita oder an anderen Orten."
"Bildungskrise hat massive individuelle Folgen"
Im Bündnis "Bildungswende jetzt" sind immerhin auch Kita-Fachkräfte dabei. Außerdem: Gewerkschaftsgruppen, Schulen, Initiativen von Eltern, Lehrern und Schülern.
Bei 50.000 jungen Menschen pro Jahr ohne Schulabschluss haben wir eine der schwersten Bildungskrisen der Bundesrepublik, findet Philipp Dehne von "Bildungswende jetzt": "Diese Bildungskrise hat massive individuelle Folgen, das heißt Bildungsbiografien werden zerstört. Aber das hat auch massive gesellschaftliche Folgen. Was heißt das für den sozialen Zusammenhalt, was heißt das für die Wirtschaft, was heißt das für die Zukunft?"
Die Forderungen: unter anderem, dass mehr Lehrkräfte ausgebildet werden, außerdem ein Sondervermögen Bildung von 100 Milliarden Euro und ein echter Bildungsgipfel beim Bundeskanzler - diesmal mit allen Beteiligten.