
CSU und FW ringen um Finanzpaket Ungemach aus dem Süden?
Das Milliardenpaket von Union, SPD und Grünen braucht auch die Zustimmung im Bundesrat. Doch ausgerechnet in Bayern könnte die Sache noch einmal spannend werden. Was ist da los?
Als wäre der Abend der Bundestagswahl nicht schon bitter genug gewesen für die Freien Wähler, gab es am nächsten Vormittag Spott vom Koalitionspartner in Bayern. Die Partei werde zur "Splittergruppe", stichelte CSU-Chef Markus Söder. Beim Politischen Aschermittwoch attackierten sich Söder und FW-Chef Hubert Aiwanger gegenseitig. Aiwanger warf CDU und CSU wegen ihrer Finanzpläne die "Glaubwürdigkeit eines Heiratsschwindlers" vor.
Söder forderte die Freien Wähler auf, ihn mit ihrem "bundespolitischen Gequake" zu verschonen, da sie doch "null Ahnung von der Sache haben".
Sechs Stimmen aus Bayern
Im Zusammenhang mit dem geplanten milliardenschweren Paket für Verteidigung und Infrastruktur aber spielt das "bundespolitische Gequake" der FW für Söder eine erhebliche Rolle. Von ihrer Zustimmung hängt ab, ob im Bundesrat die sechs bayerischen Stimmen als Ja gewertet werden. Sollte sich der kleine Koalitionspartner verweigern, wäre die Zwei-Drittel-Mehrheit in der Länderkammer in Gefahr. Und damit das gesamte Finanzpaket. In der ARD-Sendung "Caren Miosga" versicherte Söder am Sonntag, an Bayern werde das Milliardenpaket im Bundesrat nicht scheitern.
Allerdings räumte er ein, mit Aiwanger noch gar nicht über das Thema gesprochen zu haben. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Landtag, Florian Streibl, berichtete am nächsten Tag, mit ihm habe es lediglich einen SMS-Kontakt sowie ein kurzes Telefonat mit CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek gegeben.
Er erwarte vom Koalitionspartner, "dass wir uns zeitnah zusammensetzen". Dazu kam es diese Woche nicht. Stattdessen tagten die Freien Wähler allein. "So wie derzeit dieses Papier der schwarz-roten künftigen Koalition vorliegt, können wir nicht zustimmen, weil wir damit mehr Gefahr als Chance für die Stabilität unseres Landes sehen", sagte Aiwanger anschließend.
Streibl betonte, die FW lehnten eine Lockerung oder Aufweichung der Schuldenbremse ab. Skeptisch zeigte er sich auch mit Blick auf das geplante Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für Investitionen in Infrastruktur, aus dem 100 Milliarden Euro den Ländern und Kommunen zugutekommen sollen.
Erinnerung an die kommunalpolitische Verwurzelung
CSU-Fraktionschef Holetschek erinnerte die Freien Wähler daraufhin an ihre kommunalpolitische Verwurzelung: "Wenn das scheitert, dann ist es auch ein Schaden für die Kommunen in Bayern. Und das wollen doch die Freien Wähler sicherlich nicht, die sich auch als Kommunalpartei bezeichnen." Hier spielte der CSU eine Pressemitteilung in die Hände, die der Bayerische Landkreistag am Donnerstag verschickte. "Angesichts der laufenden Diskussionen zum Sondierungspapier der rot-schwarzen Sondierungsführer rufen die bayerischen Landrätinnen und Landräte alle Verantwortlichen zur Vernunft auf", hieß es darin.
Im Namen des Landkreistags forderte Präsident Thomas Karmasin (CSU) "zügige Strukturreformen und das geplante Sondervermögen". Eine Sprecherin versicherte, dies sei einhellige Meinung der 71 Landrätinnen und Landräte. 13 von ihnen sind Freie Wähler.
Schnell verbreitete sich die Schlagzeile: "Freie-Wähler-Landräte stellen sich gegen Kurs ihrer Partei". Auf BR-Anfrage gehen FW-Landräte nun aber reihenweise auf Distanz: Weder habe es einen solchen Beschluss gegeben, noch herrsche ein Dissens bei den Freien Wählern. Mehrere Freie-Wähler-Spitzenpolitiker wollen sich auf BR-Anfrage nicht öffentlich dazu äußern. Hinter vorgehaltener Hand aber wird die Frage aufgeworfen, ob die CSU versucht habe, die Partei zu spalten.
"Immer gesprächsbereit"
Die Verärgerung ist groß. Sprach man in den vergangenen Tagen mit CSUlern, war wenig Bereitschaft zu erkennen, mit dem Koalitionspartner pfleglicher umzugehen. Stattdessen wurde der Hinweis gestreut, dass für die CSU auch eine Koalition mit der SPD rechnerisch möglich wäre. Die Sozialdemokraten lassen erkennen, dass sie nicht abgeneigt wären. SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer sagte kürzlich: Er sei nicht im Landtag, um - überspitzt gesagt - Politik für den Papierkorb zu machen. "Mein Anspruch ist es, etwas zu verändern und etwas zu bewegen. Und das geht natürlich leichter in einer Regierung." Die SPD sei "immer gesprächsbereit".
Koalitionsbruch in Bayern?
Ein schwarz-rotes Bündnis hätte in Bayern aber nur eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme. Damit müssten bei Abstimmungen alle Minister und der Ministerpräsident im Landtag sein. Das Kokettieren der CSU mit Schwarz-Rot in Bayern dürfte vor allem dazu dienen, den Druck auf die Freien Wähler weiter zu erhöhen. Dass es zu einem Bruch der Koalition kommt, wird auf keiner Seite erwartet.
Nach BR-Informationen wird sich Anfang nächster Woche der Koalitionsausschuss treffen. Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) versichert, seine Partei werde sich "mit der gebotenen Ernsthaftigkeit" mit der Einigung befassen, die Union und SPD mit den Grünen mittlerweile erzielt haben. "Dabei sind wir uns unserer Verantwortung in herausfordernden Zeiten bewusst, in denen unser Land unter massivem geo- und wirtschaftspolitisch Druck steht."