Regierung plant neue Regeln Warum viele Asylsuchende bisher nicht arbeiten dürfen
Bislang dürfen Asylbewerber in den ersten drei Monaten gar nicht arbeiten, danach gelten verschiedene Regelungen. Das Kabinett hat nun beschlossen, die Arbeitsverbote zu lockern. Was gilt bisher und wie sollen die Regeln künftig aussehen? Ein Überblick.
Geflüchtete in Deutschland dürfen nach bisheriger Rechtslage frühestens nach drei Monaten arbeiten - in vielen Fällen gelten aber deutlich längere Fristen. Mit Blick auf viele unbesetzte Stellen in der deutschen Wirtschaft und eine bessere Integration will die Bundesregierung die Arbeitsverbote nun lockern.
Die Bundesregierung erhofft sich davon eine höhere Beschäftigung von Asylsuchenden. Das soll auch Städte und Gemeinden bei den Sozialleistungen entlasten. Eine entsprechende Gesetzesänderung dazu will das Kabinett heute verabschieden.
Die Arbeitserleichterungen sind Teil des Migrationspakets, auf dessen Eckpunkte sich die Spitzen von SPD, Grünen und FDP vor drei Wochen verständigt hatten. Den ersten Teil hatte Innenministerin Nancy Faeser bereits vergangene Woche im Kabinett auf den Weg gebracht. Dabei ging es um Gesetzesänderungen, die schnellere Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber ermöglichen sollen.
Was sieht der Gesetzentwurf vor?
Im Kern geht es um drei Änderungen. Erstens sollen Asylbewerber in Erstaufnahmeeinrichtungen künftig bereits nach sechs statt neun Monaten arbeiten dürfen.
Die zweite Änderung betrifft die Duldung, die abgelehnte Asylbewerber im Fall von Beschäftigung oder Ausbildung erhalten können: Davon sollen Ausländer profitieren können, die bis zum 31. Dezember 2022 nach Deutschland gekommen sind. Bisher war der Stichtag der 31. August 2018.
Drittens sollen Ausländerbehörden ihre Zustimmung zur Beschäftigung von geduldeten Ausländern künftig im Regelfall erteilen. Bisher ist das eine Ermessensentscheidung der Behörde.
Was gilt bisher?
In den ersten drei Monaten dürfen Geflüchtete bislang nicht arbeiten - egal, welchen Status sie haben. Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern dürfen zudem generell nicht in Deutschland einer Beschäftigung nachgehen. Das sind Staaten, bei denen angenommen wird, das dort keine Verfolgung im Sinne des Asylrechts stattfindet.
Für ihre Bürger gibt es beschleunigte Asyl- und Abschiebeverfahren. Derzeit gibt es acht sichere Herkunftsländer: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien. Demnächst sollen auch Moldau und Georgien hinzukommen.
Wie dürfen Geflüchtete aktuell arbeiten?
Nach drei Monaten dürfen Asylbewerber eine Arbeit aufnehmen, wenn sie nicht verpflichtet sind, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu leben. Unter dieser Bedingung dürfen auch Geduldete arbeiten. Das sind Menschen, die eigentlich aus Deutschland ausreisen müssten, aber aus humanitären Gründen oder wegen der Sicherheitslage in ihrem Heimatland nicht abgeschoben werden können. Einen Anspruch auf eine Beschäftigungserlaubnis haben Geduldete nicht, das ist eine Ermessensentscheidung der Behörden. Geduldete, deren Identität nicht geklärt ist, dürfen in der Regel nicht arbeiten.
Nach sechs Monaten können Asylbewerber mit minderjährigen Kindern eine Arbeit aufnehmen, auch wenn sie in einer Sammelunterkunft leben.
Nach neun Monaten dürfen auch Asylbewerber arbeiten, die keine minderjährigen Kinder haben - auch wenn sie weiter in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen müssen.
Welche Jobs sind erlaubt?
Zusammen mit den Ausländerbehörden prüft die Bundesagentur für Arbeit die Beschäftigungsbedingungen. Geflüchtete dürfen nicht zu schlechteren Konditionen beschäftigt werden als vergleichbare inländische Arbeitnehmer.
Seit August 2019 wird laut Bundesagentur für Arbeit bundesweit auf die sogenannte Vorrangprüfung verzichtet. Bis dahin wurde auch geprüft, ob für die Stelle nicht ein Deutscher oder EU-Bürger in Frage kommt.
Ein Teil der Geflüchteten scheitert heute noch daran, in dem Job zu arbeiten, für den sie in der Heimat ausgebildet wurden. Denn häufig dauert die Anerkennung ausländischer Schul-, Ausbildungs- und Studienabschlüsse lange oder wird abgelehnt.
Wie viele Arbeitserlaubnisse gab es bisher?
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres hatten knapp 35.000 Geduldete eine Beschäftigungserlaubnis, von denen rund 3.100 im ersten Halbjahr erteilt wurden. In 237 Fällen wurde die Arbeitserlaubnis abgelehnt. Das geht aus Zahlen der Bundesregierung hervor, die auf eine regelmäßige Anfrage von Clara Bünger von der Linksfraktion zurückgehen.
Bei den Asylsuchenden gab es zum 30. Juni 2023 rund 21.000 mit einer Beschäftigungserlaubnis, von denen gut 9.000 allein im ersten Halbjahr erteilt wurden. 563 wurden abgelehnt.
Was gilt für Beschäftigte in Bezug auf den Aufenthalt?
Für die Beschäftigungsduldung sieht der neue Gesetzentwurf neben der Stichtagsänderung weitere Erleichterungen vor. Sie setzt künftig voraus, dass die betroffene Person zuvor 12 statt bisher 18 Monate lang eine sozialabgabenpflichtige Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von nur 20 statt 35 Wochenstunden hatte.
Andere Hürden bleiben hoch, etwa dass der Lebensunterhalt vollständig aus eigener Kraft gesichert sein muss. Zuletzt wurde von der Beschäftigungsduldung eher wenig Gebrauch gemacht: Mitte 2023 hatten 3.382 Personen einschließlich Familienangehörige eine Beschäftigungsduldung - davon 2.406 Beschäftigte.