Spaniel verlässt AfD Austritt mit schweren Vorwürfen
Der Verkehrspolitiker Dirk Spaniel will die AfD verlassen. Seine Austrittserklärung liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor. Als Begründung führt er unter anderem an, sein Landesverband habe Unwahrheiten über ihn verbreitet.
In einem kleinen Raum im Paul-Löbe-Haus im Berliner Regierungsviertel sitzt Dirk Spaniel vor wenigen Journalisten. Der ehemalige verkehrspolitische Sprecher der AfD-Fraktion will erklären, warum er nicht mehr in der AfD bleiben kann. "Mit sofortiger Wirkung trete ich aus der Alternative für Deutschland und der zugehörigen Bundestagsfraktion aus", so der erste Satz in seiner Austrittserklärung. Das liege aber nicht an einer "verlorenen demokratischen Wahl".
Gemeint ist der Landesparteitag der AfD Baden-Württemberg Anfang Oktober in Ulm, bei dem Spaniel die Kampfkandidatur um den fünften Listenplatz gegen den Landtagsabgeordneten Ruben Rupp verlor.
"Unwahrheiten und Stimmungsmache"
Es sind ziemlich schwere Vorwürfe, die Spaniel in seiner Erklärung erhebt. Sie fügen sich ein in eine jahrelange Auseinandersetzung zweier Lager in Baden-Württemberg - dem Weidel-Lager und dem Spaniel-Lager - die immer wieder einer Schlammschlacht ähnelte. Der Landesvorstand, so Spaniel jetzt, habe zum Beispiel Unwahrheiten über ihn verbreitet. Und die Parteiressourcen ausgenutzt, um im Vorfeld der Aufstellungsversammlung gezielt Stimmung gegen ihn zu machen. Jetzt wolle er die Partei verlassen, weil es Versuche gegeben habe, die "nicht vorstandgenehme" parteiinterne Meinungsbildung zu unterbinden.
Ein weiteres Zitat klingt wie ein Beitrag zur aktuellen Diskussion um ein AfD-Verbotsverfahren: "Jeder kann sich vorstellen, was passiert, wenn Menschen in Deutschland an die Macht gelangen, die freie Meinungsbildung und demokratische Prozesse bereits innerparteilich unterlaufen und praktisch bedingungslose persönliche Loyalität zu Parteiführern einfordern."
Sprecher von Weidel weist Vorwürfe zurück
Das Büro von Alice Weidel reagiert schnell, als es um eine Stellungnahme gebeten wird. Ganz so, als habe man irgendwie schon mit einem solchen Abgang und solchen Aussagen gerechnet. Die Vorwürfe "von Herrn Spaniel", so der Sprecher der Partei- und Fraktionschefin, "entbehren jeglicher Grundlage". Und weiter: Die Aufstellungsversammlung sei ein basisdemokratischer Akt gewesen, jedes Mitglied des Landesverbandes Baden-Württemberg habe die Möglichkeit gehabt, seine Stimme abzugeben.
Auf die Nachfrage der Versammlungsleiter am Ende des Parteitages, ob es Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Aufstellung gebe, habe es keine Wortmeldung und keinen Widerspruch gegeben.
Spaniel kommt Parteiausschlussverfahren zuvor
Tatsächlich kommt der Verkehrspolitiker einem Parteiausschlussverfahren zuvor, das der Landesvorstand Baden-Württemberg schon gegen ihn angestrebt hat. Der Landesvorsitzende Markus Frohnmaier hatte dem SWR als Begründung gesagt, Spaniel habe in internen Chatgruppen angekündigt, eine eigene Partei gründen zu wollen. Zudem habe er in der Vergangenheit bereits vier Abmahnungen erhalten. Spaniel seien mit sofortiger Wirkung die Mitgliederrechte entzogen.
Langjähriger Prozess der Entfremdung
Dem Austritt ist ein jahrelanger Prozess der Entfremdung vorausgegangen. Schon Alexander Gauland, heute Ehrenvorsitzender der Partei, hatte vor Jahren festgestellt, die AfD sei ein "gäriger Haufen - und besonders gärig in Baden-Württemberg."
Den Ausspruch wies der Verkehrspolitiker allerdings heute noch einmal zurück: Das sei despektierlich. "Die AfD hätte die Meinungsbildung in Baden-Württemberg gestalten, nicht unterdrücken sollen." Als Machtkampf will Spaniel die Auseinandersetzung mit Weidel auch nicht verstanden wissen, das sei ein "Ringen um die Ideale einer innerparteilichen Demokratie gewesen."
Keine Selbstkritik, kühle Reaktion
Selbstkritik mag der enorm selbstbewusste Abgeordnete am heutigen Tage nur in homöopathischen Dosen üben. Im Überschwang hätten seine Unterstützer oder Mitarbeiter vielleicht mal unanständige Sachen gesagt, er selbst aber nicht, so Spaniel.
Weidels Sprecher sagte, niemand sei von dem Austritt überrascht gewesen, denn Spaniel habe das bereits unmittelbar nach seiner Nichtwahl auf der Aufstellungsversammlung in Ulm angekündigt. Und weiter: "Die Fraktion wartet nun ab, ob er auch sein Mandat konsequenterweise zur Verfügung stellt."
Das allerdings wird nicht der Fall sein, das hat Spaniel der Presse am Nachmittag eindringlich versichert. Er will sein Bundestagsmandat behalten. In der Austrittserklärung heißt es: "Ich sehe es als meine Aufgabe an, weiterhin auf Fehlentwicklungen in der Politik hinzuweisen." Wie seine genaue Zukunft aussieht, ob er möglicherweise einem anderen Projekt beitreten oder am Ende eine eigene Partei gründen will - dazu wollte er sich nicht äußern.