Debatte um Impfbereitschaft Schäuble will mehr Freiheiten für Geimpfte
Viele Politiker zeigen sich mittlerweile besorgt über die stagnierende Impfquote in Deutschland. Bundestagspräsident Schäuble sagte, er könne die mangelnde Impfbereitschaft nicht nachvollziehen und fordert mehr Freiheiten für Geimpfte.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hält es für angemessen, dass in der Corona-Pandemie Geimpfte und Genesene mehr Freiheiten genießen als Ungeimpfte. Es sei erwiesen, dass nach Genesung oder nach der vollständigen Impfung die Gefahr deutlich sinke, andere anzustecken, sagte Schäuble der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Daher werden wir diese Gruppen nicht dauerhaft allen Beschränkungen unterwerfen können, die für Nichtgeimpfte gelten müssen, um die Pandemie zu bekämpfen", betonte der CDU-Politiker.
Andere Länder als Vorbild
"Für eine solche unterschiedliche Behandlung von Getesteten einerseits und Genesenen und Geimpften andererseits, sehe ich keine verfassungsrechtlichen Probleme, da das Risiko des Impfens nach heutigem Wissensstand extrem gering ist."
Frankreich, wo Nichtgeimpfte nicht länger freien Zugang etwa zu Restaurants oder Kulturveranstaltungen erhalten, könne ein Vorbild für Deutschland sein. "Wir sollten durchaus schauen, wie Frankreich und andere Länder das Problem der mangelnden Impfbereitschaft angehen, welche Wege sie einschlagen", sagte Schäuble. Ein gewisser gesellschaftlicher Druck sei aus Schäubles Sicht "nicht verkehrt".
"Hausärzte verzweifeln wegen der vielen Impfdosen"
Schäuble zeigte sich bekümmert über die gesunkene Impfquote in Deutschland. "Ich kann die mangelnde Impfbereitschaft nicht nachvollziehen, das macht mich maßlos traurig", sagte der Parlamentspräsident. Zu Jahresbeginn hätten die Menschen es nicht erwarten können, die rettende Spritze zu bekommen. "Und jetzt verzweifeln Hausärzte, weil Impfdosen massenhaft bei ihnen liegen bleiben." Dabei sei ein vollständiger Impfschutz für so viele Menschen wie möglich die einzige Chance, Corona in die Schranken zu weisen und die Freiheit zu sichern.
Sozialer Druck und kreative Ideen
Um das Impftempo zu steigern, hofft Schäuble auch auf sozialen Druck. Jeder Einzelne solle sich stärker mit der Frage auseinandersetzen, welche Folgen eine Impfverweigerung für die Mitmenschen hätten. Zugleich brauche es noch mehr Impfangebote überall dort, wo sich die Menschen ohnehin aufhielten, bald etwa wieder vor dem Fußballstadion oder dem Open-Air-Konzert. Jede kreative Idee, wie mehr Menschen geimpft werden können, sei willkommen.
"Einen neuen Lockdown müssen wir alle gemeinsam vermeiden. Das wäre verheerend für die Gesellschaft, die Wirtschaft und alle anderen Lebensbereiche", machte Schäuble deutlich. Gerade auch in Bildungseinrichtungen von der Kita bis zur Hochschule dürfe es nicht wieder zu solchen Einschränkungen kommen, um den Kindern und jungen Leuten nicht noch mehr Schaden zuzufügen.
Appell, aber keinen Zwang
In Deutschland lehnen Politiker weiter eine Impfpflicht ab. Sie appellierten aber zugleich an die Bürger, sich gegen das Virus impfen zu lassen. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) hatte am Wochenende mögliche Beschränkungen für Nicht-Geimpfte ins Gespräch gebracht, falls Deutschland eine hohe vierte Welle drohe.
Im Bundesdurchschnitt sind 61,1 Prozent der Menschen einmal geimpft, vollständig geimpft sind 50,2 Prozent der Menschen.