Die Anleger für die Schiffe in Dresden sind vom Hochwasser der Elbe umspült

Hochwasser in Europa Aufatmen an der Elbe, Aufräumen bei den Nachbarn

Stand: 19.09.2024 19:23 Uhr

Die Pegelstände an der Elbe in Sachsen gehen langsam zurück. Derweil laufen in Hochwassergebieten der Nachbarländer die Aufräumarbeiten. Auch von der EU soll es Geld zur Unterstützung geben.

Der Hochwasserscheitel der Elbe ist nach Angaben des Landeshochwasserzentrums am sächsischen Flussabschnitt angekommen. Am ersten Pegel Schöna an der Grenze zu Tschechien lag der Wert am Nachmittag bei etwa 6,50 Metern - mit langsam fallender Tendenz. Normal sind dort 1,58 Meter. Auch in Dresden sinkt der Pegelstand Zentimeter für Zentimeter. Die Hydrologen rechnen damit, dass er nach Mitternacht unter die Sechs-Meter-Marke fällt - also unter den Wert für die zweithöchste Alarmstufe. Am Nachmittag waren es 6,07 Meter, der Normalwert für Dresden liegt bei 1,42 Meter. 

"Die Elbe sinkt", Djamina Böl, MDR, über das Hochwasser in Dresden

tagesschau24, 19.09.2024 16:00 Uhr

Noch ist das Hochwasser hierzulande nicht überstanden. In Brandenburg ist ab kommender Woche bis zur Wochenmitte mit einer ernsteren Hochwasserlage an der Oder zu rechnen. Die Stadt Frankfurt (Oder) hat Schutzwände an der Uferpromenade aufgebaut. Auch Sandsäcke liegen bereit. Wachdienste für die Deiche sind organisiert - sie gehen die Schutzanlagen ab, wenn sich die Lage verschärft.

In Bayern gab es bereits am Mittwoch Entwarnung.

Von der Leyen verspricht Unterstützung aus EU-Geldern

In den meisten vom Hochwasser betroffenen Regionen in Mittel- und Südosteuropa läuft das große Aufräumen: Schutt und Schlamm werden von den Straßen geschoben oder aus Häusern entfernt. Andere retten, was noch zu retten ist. Auch das Militär ist im Einsatz. Noch ist das Ausmaß der Schäden unklar.

Bei einem Besuch im schwer von den Fluten betroffenen Breslau versprach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für die von Unwettern betroffene Regionen auch Hilfe aus EU-Geldern. "Auf den ersten Blick sind zehn Milliarden Euro aus dem Kohäsionsfonds für die betroffenen Länder mobilisierbar. Das ist jetzt eine Notfallreaktion", sagte von der Leyen. Es sei herzzerreißend, die Verwüstung und Zerstörung zu sehen.   

Tusk dankt von der Leyen für schnelle Hilfe

Sie traf in Polen unter anderem den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk, den tschechischen Regierungschef Petr Fiala, seinen slowakischen Amtskollegen Robert Fico und den österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer.

Tusk dankte von der Leyen für die schnelle und unbürokratische Hilfe. "Wir haben genau 45 Minuten gebraucht, um uns auf unsere Erwartungen zu einigen und zufriedenstellende Erklärungen von der EU-Kommission zu bekommen." Jetzt sei jeder der Regierungschefs für die Wiederaufbaupläne in seinem Land nach den Überschwemmungen verantwortlich.

Plünderungen in Tschechien

In Tschechien erreichte die Elbe in Usti (Aussig) unweit der Grenze zu Sachsen ihren Höchststand bei knapp über 6,80 Metern - normal sind rund zwei Meter. Die Schutzwände hielten den Wassermassen stand. In den Katastrophengebieten im Osten des Landes halfen Feuerwehrleute, Soldaten und Häftlinge bei den Aufräumarbeiten.

Die Beseitigung der Schäden könnte nach Einschätzung von Tschechiens Präsident Petr Pavel Jahre dauern. Eine wichtige Staatsstraße wurde wegen Unterspülung selbst für die Rettungskräfte gesperrt. Die Polizei sprach von weiteren Fällen von Plünderungen.

Keine Entwarnung in Polen

In Polen hat die Hochwasserwelle in der Nacht die niederschlesische Stadt Breslau erreicht. Der Wasserstand betrage 6,38 Meter, sagte Bürgermeister Jacek Sutryk dem Sender TVN24. Ein Pegelstand von 6,30 bis 6,40 Meter werde sich länger halten. Normal ist ein Wasserstand von etwas mehr als drei Metern. Die jetzige Flutwelle ist deutlich niedriger als beim Oderhochwasser 1997, als der Wasserstand 7,24 Meter erreichte.

Regierungschef Tusk warnte bei einer Sitzung des Krisenstabs davor, die Situation zu unterschätzen. "Es ist zu früh, um den Sieg über das Hochwasser bei Breslau zu verkünden." Man müsse die Lage weiter im Auge behalten. Das Hochwasser bei Breslau könnte laut Prognosen bis Montag anhalten - die Hoffnung ist, dass die Deiche halten.

Deutschland bot Polen einen Hilfseinsatz von Soldaten in den Hochwassergebieten an. Details dazu seien aber noch nicht vereinbart, teilte das Verteidigungsministerium mit.

Österreich rechnet mit jahrelangen Reparaturen

In Österreich wird die Reparatur der Schäden nach dem Hochwasser wohl sehr lange Zeit in Anspruch nehmen. Die Ministerpräsidentin des besonders betroffenen Bundeslands Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, geht inzwischen davon aus, dass der Wiederaufbau der zerstörten Regionen "nicht Tage, Wochen oder Monate, sondern Jahre dauern" werde.

Inzwischen entspannt sich die Situation weiter, allerorts gehen die Pegelstände zurück. Rund 300 Gebäude können im besonders betroffenen Niederösterreich weiter nicht betreten werden. Die Zahl lag vor wenigen Tagen noch bei 1.400. 

Entspannung in der Slowakei

In der Slowakei entspannt sich die Hochwassersituation im Westen des Landes um die Hauptstadt Bratislava, während der Pegel der Donau weiter südöstlich noch steigt. In Komarno an der ungarischen Grenze wird die Scheitelwelle für Freitag erwartet. Dort verstärken auch Nebenflüsse aus dem Norden der Slowakei die Wassermassen der Donau.

Im Stadtzentrum von Bratislava hat die Donau am Mittwochabend ihren Höchststand mit über 9,80 Metern erreicht und fällt seitdem stetig. Am Donnerstagvormittag wurden noch 9,30 Meter gemessen. Der normale Wasserstand liegt im Durchschnitt bei drei Metern. 

Schulen in Bologna geschlossen

In Italien hatte vor allem die Region Emilia-Romagna im Norden des Landes unter heftigem Regen zu leiden. In mehreren Städten wie Ravenna, Forlì oder Castel Bolognese stand Wasser in den Straßen, weil Flüsse über die Ufer traten. Mehrere Hundert Menschen wurden aus ihren Häusern evakuiert und in Aufnahmezentren gebracht. 

Aus Sicherheitsgründen blieben in der Regionalhauptstadt Bologna und anderswo viele Schulen geschlossen. Zudem riefen die dortigen Behörden die Menschen auf, besser zu Hause zu bleiben. In der Lagunenstadt Venedig wurde erstmals nach den Sommerferien das System "Mose" aus stählernen Barrieren zum Schutz vor Hochwasser in Betrieb genommen.

Patricia Verne, ARD Warschau, tagesschau, 19.09.2024 19:12 Uhr