Bundesverfassungsgericht Rechtsberatung für Hartz-IV-Empfänger
Hartz-IV-Empfänger müssen in einigen Fällen kostenlose Rechtsberatung bekommen - das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Das Gericht gab damit einem Mann recht, der sich gegen einen Bescheid des Jobcenters wehrte.
Das Bundesverfassungsgericht hat einem bayerischen Hartz-IV-Empfänger beigestanden, der sich mit einem Anwalt gegen einen Bescheid des Jobcenters wehren wollte. Als er zum Amtsgericht Kaufbeuren ging, um dort einen Beratungshilfeschein zu beantragen - also kostenlose Unterstützung für die Rechtsberatung -, beschied ihm die dortige Rechtspflegerin: Nein, Hilfe gebe es nicht. Er könne allein Widerspruch gegen den Bescheid einlegen.
Das Amtsgericht wies den Antrag als "mutwillig" ab. Der Mann könne zum Jobcenter gehen, welches den Bescheid erlassen hat. Die Behörde sei gesetzlich zur Beratung verpflichtet. Einen Widerspruch gegen den Bescheid könne er ohne anwaltliche Hilfe anfertigen.
Beratungshilfe bei schwierigen Fragen
Das Bundesverfassungsgericht sieht das aber anders und stellt klar: Hartz-IV-Empfänger müssen in einigen Fällen kostenlose Rechtsberatung bekommen - zumindest dann, wenn es um kompliziertere juristische Fragen geht.
Das Grundgesetz sehe vor, dass auch mittellose Menschen die Möglichkeit haben müssen, ihre Rechte außergerichtlich durchsetzen zu können. Hierfür sei die staatliche Beratungshilfe vorgesehen, mit der anwaltlicher Rat eingeholt werden kann. Verfüge ein Ratsuchender nicht über ausreichende rechtliche Kenntnisse und handele es sich um schwierige rechtliche Fragen, dürfe die Beratungshilfe nicht verweigert werden. So verhalte es sich hier.
Das Verfassungsgericht kritisierte das Amtsgericht Kaufbeuren scharf. Es habe die "Bedeutung und Rechtswahrnehmungsgleichheit verkannt".
Komplexer Fall
Im vorliegenden Fall wollte der Mann sich dagegen wehren, dass er ans Jobcenter zu viel erhaltenes Geld zurückzahlen sollte. Das Jobcenter hatte dies mit einem Betriebskostenguthaben begründet. Dieses wurde nicht einmalig, sondern auf sechs Monate verteilt auf das Arbeitslosengeld II monatlich mindernd berücksichtigt.
Die Sache war komplex, so das Verfassungsgericht. Dies hätte der Mann nicht ohne weiteres allein hinbekommen, er habe keine besonderen Rechtskenntnisse gehabt. Man dürfe ihn auch nicht darauf verweisen, dass er das sich an das Jobcenter wenden sollte. Denn das Jobcenter habe ja den Bescheid erlassen.
(AZ: 1 BvR 1370/21)
Mit Informationen von Gigi Deppe, ARD-Studio Karlsruhe