Anhörung zur "Trauzeugen-Affäre" Habeck will sich nicht von Graichen trennen
Wirtschaftsminister Habeck denkt nicht daran, seinen Staatssekretär Graichen zu entlassen. Diese Entscheidung habe er auch bei einer Ausschussanhörung zu erklären versucht. Der Opposition reicht das aber nicht.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will seinen Staatssekretär Patrick Graichen wegen seines Fehlverhaltens bei der Besetzung einer wichtigen Stelle nicht entlassen. "Ich habe entschieden, dass Patrick Graichen wegen dieses Fehlers nicht gehen muss", sagte der Grünen-Politiker nach seiner Befragung in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Wirtschaft sowie Klimaschutz und Energie.
"Und die Debatte eben im Ausschuss gibt mir, meine ich, eine gewisse Hoffnung, dass die Differenzierung diese Entscheidung auch klarer verständlich macht", fügte Habeck an. Zugleich sagte der Grünen-Politiker, dass eine beamtenrechtliches Disziplinarverfahren gegen Graichen geprüft werde.
Anhörung vor verschlossenen Türen
Zuvor hatte Habeck gemeinsam mit Graichen den Ausschussmitgliedern hinter verschlossenen Türen Rede und Antwort gestanden - eine öffentliche Befragung hatte keine Mehrheit bekommen. Hintergrund ist die Auswahl eines neuen Geschäftsführers für die bundeseigene Deutsche Energie-Agentur (dena), an der Graichen beteiligt war - obwohl die Wahl am Ende auf seinen Trauzeugen Michael Schäfer fiel. Sowohl Graichen als auch Habeck sprechen mittlerweile von einem Fehler. Das Verfahren zur Personalauswahl soll neu aufgerollt werden.
Erklärung Graichens veröffentlicht
Was Graichen selbst in seinem Eröffnungsstatement vor dem Ausschuss äußerte, machte das Wirtschaftsministerium später öffentlich. Demnach entschuldigte sich Graichen vor den Ausschussmitgliedern erneut für sein Fehlverhalten. Er beteuerte, er habe weder Schäfer noch anderen Kandidaten Hinweise gegeben oder Vorteile verschafft. "Heute ist mir klar, dass ich mich aufgrund der Kandidatur von Michael Schäfer sofort aus der Findungskommission hätte zurückziehen müssen."
Er habe der Personalagentur der Findungskommission auch weitere Personen genannt, von denen sich einige auch beworben hätten. "Von den elf Kandidatinnen und Kandidaten, die die Personalagentur am Schluss ausgewählt und der Findungskommission vorgeschlagen hat, habe ich neun bereits aus vorheriger beruflicher Erfahrung gekannt - eine Folge dessen, dass ich seit über 20 Jahren beruflich in der Klima- und Energieszene unterwegs bin", erklärte Graichen demnach. "Für mich war es insofern eine graduelle Abstufung, wen der Bewerberinnen und Bewerber ich wie gut kannte."
Klöckner: "Weiter viele Fragen offen"
Auch nach der Befragung von Graichen und Habeck will die Opposition weiter nachhaken. "Es bleiben viele Fragen offen", sagte CDU-Wirtschaftsexpertin Julia Klöckner. "Die Ampelfraktionen haben heute eine große Chance vertan, für Aufklärung und Transparenz zu sorgen." Sie hätten auch gegen einen öffentliche Sitzung gestimmt. Daher wolle man eine weitere Befragung. Habeck sagte, er bedaure, dass die Sitzung nicht öffentlich war.
CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte bei einer Aktuellen Stunde zu dem Thema im Bundestag, dass "Habecks grüne Familienclique" die Sorgen der Menschen nicht ernst nehme. Mit Verweis auf die drohenden Kosten durch das geplante Heizungsgesetz klagte Czaja: "Das ist kein Klimaschutz, das ist soziale Kälte."
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch verlangte eine rasche Entlassung Graichens. "Schafft Robert Habeck es nicht, sich von Graichen zu trennen, steht nicht länger der Staatssekretär zur Disposition, sondern der Minister selbst."
Habeck sagte nach der Ausschusssitzung, die Fragen seien alle beantwortet, hier und da müsse man vielleicht nochmal nachlegen. In der Vergangenheit seien aber der Fehler bei der dena-Besetzung mit anderen Themen vermengt worden: "So dass es ein Gespinst von Unterstellungen, Unwahrheiten und Unterstellungen gegeben hat."
dena-Stelle soll neu ausgeschrieben werden
Die Stelle des dena-Geschäftsführers soll unterdessen in den kommenden Tagen neu ausgeschrieben werden. Das teilte der Vorsitzende des Aufsichtsrats, der Parlamentarische Wirtschaftsstaatssekretär Stefan Wenzel (Grüne), am Dienstagabend in Berlin mit. Diese werde in wenigen Tagen auch öffentlich ausgeschrieben und dann können sich jede und jeder neu bewerben. Wenzel zufolge wurde die Findungskommission breiter aufgestellt, von der Personenzahl her, aber auch, was die Verankerung in den Ministerien angehe.
Er hoffe, dass man "sehr zeitig" zu einer Entscheidung komme und noch vor der Sommerpause wisse, wer die dena künftig gemeinsam mit Geschäftsführerin Kristina Haverkamp leiten werde. Schäfer hätte sein Amt eigentlich am 15. Juni antreten sollen.