Staatsanwaltschaften Zahl unerledigter Verfahren steigt weiter
Bundesweit türmen sich offene Verfahren bei den Staatsanwaltschaften - mehr als 900.000 sind es vergangenes Jahr gewesen. Der Deutsche Richterbund sieht die Gründe unter anderem beim Personalmangel in der Justiz.
Bei den Staatsanwaltschaften in Deutschland gibt es nach Angaben des Deutschen Richterbundes immer mehr unerledigte Fälle. Im vergangenen Jahr seien 906.536 Verfahren offen gewesen. Innerhalb von zwei Jahren sei die Zahl unbearbeiteter Akten damit um ein Viertel gestiegen. Im Jahr 2022 zählten die offenen Verfahren noch 840.727, im Jahr 2021 waren es 727.021.
Die Zahlen gehen auf eine Umfrage bei den Justizverwaltungen der Länder zurück, die die vom Richterbund herausgegebene Deutsche Richterzeitung durchgeführt hat. Berücksichtigt wurden dabei nur die Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte, wie es hieß.
Deutlicher Anstieg in Hamburg
Nach den Angaben hat sich die Situation insbesondere in Hamburg verschlechtert. Im Zwei-Jahres-Vergleich ist die Anzahl der noch zu bearbeitenden Fälle in der Hansestadt um 70 Prozent auf 39.000 gestiegen (2021: 22.900; 2022: 30.800). In Bremen wurde demnach von 2021 bis zum Jahr 2023 ein Anstieg um 51 Prozent auf 15.426 Verfahren (2021: 10.241) registriert.
Sachsen folgt mit einem Anstieg um 39 Prozent von 29.915 auf 41.474 offene Fälle. Dicht dahinter liegt Thüringen mit 34 Prozent bei 28.322 unerledigten Verfahren. In Berlin gab es dagegen lediglich einen Zuwachs von 6 Prozent in den vergangenen zwei Jahren. Die Hauptstadt meldete demnach 36.840 offene Fälle zum Jahresende 2023.
Als einziges Bundesland verzeichnet Sachsen-Anhalt einen Rückgang der offenen Verfahren seit 2021. Ende 2023 gab es dort nach den Angaben 20.351 unbearbeitete Fälle, zwei Jahre zuvor waren es 22.111. Grund dafür sei jedoch ein Sondereffekt, hieß es: Im vergangenen Jahr sei dort ein Ermittlungskomplex mit Tausenden Betrugsfällen abgeschlossen worden.
Richterbund beklagt "personell ausgezehrte Strafjustiz"
Bundesweit haben die Staatsanwaltschaften laut Richterbund im vergangenen Jahr rund 5,4 Millionen neue Fälle auf den Tisch bekommen - so viele wie noch nie. Zwei Jahre zuvor habe es noch etwa 4,7 Millionen Neuzugänge gegeben. Der Bundesgeschäftsführer des Richterbundes, Sven Rebehn, sieht unter anderem eine Zunahme von Verfahren wegen Hass und Hetze im Netz als einen Grund für die Entwicklung.
Zudem gebe es vermehrte Straftaten nach dem Aufenthaltsgesetz und mehr Fälle im Bereich der Kinderpornografie. "Eine personell ausgezehrte Strafjustiz kann mit der Entwicklung immer schlechter Schritt halten", sagte Rebehn der Nachrichtenagentur dpa.