Organisierte Kriminalität Gewaltbereitschaft in kriminellen Gruppen gestiegen
Kriminelle Gruppierungen in Deutschland agieren laut Bundeskriminalamt zunehmend gewaltbereiter. Die meisten Verfahren aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität drehten sich 2022 um Rauschgifthandel.
Nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes (BKA) nimmt die Gewaltbereitschaft in kriminellen Gruppierungen immer mehr zu. Das geht aus dem Lagebild zur Organisierten Kriminalität in Deutschland hervor.
Ein Hauptfazit des Berichts lautet, dass Gruppierungen, die dem Bereich der Organisierten Kriminalität zugerechnet werden "zunehmend bereit" seien, "mit zum Teil drastischen Mitteln Gewalt- beziehungsweise Einschüchterungshandlungen vorzunehmen". Als Beispiele nennt der Bericht etwa die Einschüchterung von Zeugen oder das Schuldeneintreiben unter Ausübung von Gewalt.
Wie aus dem Lagebild hervorgeht spielte Gewalt im vergangenen Jahr in 224 von insgesamt 639 Ermittlungsverfahren eine Rolle. Der Definition des BKA zufolge reicht sie "von verbalen Drohungen über Geiselnahmen, Vergewaltigungen und Körperverletzungsdelikten bis hin zu (versuchten) Tötungsdelikten" und "richtet sich sowohl gegen die Mitglieder der eigenen Gruppierung als auch gegen rivalisierende Gruppierungen oder Personen außerhalb der Gruppierung, z. B. Familienangehörige, mit Wohnsitz innerhalb und außerhalb Deutschlands". Auch Einsatzkräfte der Polizei, Anwälte oder Mitarbeitende von Justizbehörden werden demnach in einigen Fällen Opfer von Gewalt.
14 Mordfälle, 42 gefährliche Körperverletzungen
So erfassten Strafbehörden im vergangenen Jahr 16 Tötungsdelikte. In 14 dieser Fälle handelte es sich demnach um Mord. Hinzu kämen 22 versuchte Tötungsdelikte. Zudem weist das Lagebild 76 Fälle von Körperverletzung aus, die von Mitgliedern krimineller Gruppen verübt wurden, darunter 42 Fälle von gefährlicher Körperverletzung.
BKA-Präsident Holger Münch betonte zudem "das Ausmaß der Bewaffnung" von Tatverdächtigen. 275 von ihnen konnte demnach eine Schusswaffe zugeordnet werden, in 23 Fällen handelte es sich aber um legalen Waffenbesitz. Hinzu kommen laut Lagebild 106 Schusswaffen, die sichergestellt, aber mit keinem Verdächtigen in Zusammenhang gebracht werden konnte.
Am häufigsten wegen Rauschgifthandels und-schmuggels ermittelt
Mit 639 Ermittlungsverfahren in 2022 ging deren Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 8,2 Prozent zurück. Allerdings lag die Zahl laut BKA deutlich über dem Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2020.
Die Verfahren richteten sich dem Bericht zufolge gegen mehr als 7250 Verdächtige. In 46,2 Prozent der Fälle wurde wegen des Handels oder Schmuggels mit Rauschgift ermittelt. Dahinter folgen Wirtschaftskriminalität, die in 17,4 Prozent der Verfahren eine Rolle spielte, in 9,2 Prozent wurde wegen Eigentumskriminalität ermittelt und in 7,7 Prozent der Verfahren wegen Schleusungskriminalität.
Durch die Organisierte Kriminalität wurde 2022 ein geschätzter Schaden von 1,3 Milliarden Euro verursacht. Mit 587,5 Millionen Euro entfielen 45,7 Prozent dieses Schadens in den Bereich Cyberkriminalität. Allerdings sei dieser hohe Anteil vor allem auf vier große Verfahren mit Schadenssummen im meist dreistelligen Millionenbereich zurückzuführen.
"Druck auf Organisierte Kriminalität so hoch wie nie"
Organisierte Kriminalität sei eine "erhebliche Bedrohung für Gesellschaft, Wirtschaft und Staat", betonte BKA-Präsident Holger Münch bei der Vorstellung des Lagebilds.
Gerade deshalb bleibe deren Bekämpfung Schwerpunkt der Polizei auf Bundes- und Länderebende, hieß es auch von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. "Der Druck auf die Organisierte Kriminalität in Deutschland ist heute so hoch wie nie", so die SPD-Politikerin. Ziel sei es, Organisierte Kriminalität nachhaltig zu zerschlagen.