Tödlicher Messerangriff in Mannheim Bestürzung - und eine Debatte über Islamismus
Die tödliche Messerattacke auf einen Polizisten in Mannheim hat bundesweit Entsetzen ausgelöst. Mit einer Schweigeminute soll des Opfers gedacht werden. Die Forderungen nach einem härterem Vorgehen gegen Islamisten werden lauter.
Nach der tödlichen Messerattacke auf einen Polizisten in Mannheim herrscht bundesweit Trauer und Bestürzung. Im Gedenken an den Getöteten fahren die Dienstfahrzeuge der Bundespolizei mit Trauerflor, wie das Bundesinnenministerium mitteilte.
Das Innenministerium in Baden-Württemberg ordnete ebenfalls Trauerflor an allen Streifenwagen der Landespolizei an. Die Beflaggungen an Booten der Wasserschutzpolizei sowie an Dienstgebäuden der Polizei und des Innenministeriums seien auf Halbmast gesetzt.
Am kommenden Freitag - eine Woche nach der Tat - soll zudem mit einer Schweigeminute des jungen Polizisten gedacht werden. Auch eine Trauerfeier ist geplant. Wann diese stattfinden soll, stehe bisher nicht fest, sagte ein Polizeisprecher. Man wolle zunächst der Familie Raum zum Trauern geben. Innenminister Thomas Strobl sagte: "Wir sind traurig, traurig, traurig." Für den Abend ist in Mannheim eine Kundgebung geplant, an der auch der CDU-Politiker teilnehmen will.
Scholz "zutiefst bestürzt"
Tief bewegt äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Plattform X. Die Nachricht über den Tod des 29-Jährigen bestürze ihn zutiefst. "Sein Einsatz für die Sicherheit von uns allen verdient allerhöchste Anerkennung." Der getötete Polizist habe das Recht aller verteidigt, die eigene Meinung sagen zu können. "Wenn Extremisten diese Rechte gewaltsam einschränken wollen, müssen sie wissen: Wir sind ihre härtesten Gegner. Wir werden mit allen Mitteln unseres Rechtsstaates vorgehen", kündigte der Bundeskanzler an.
Erschüttert zeigte sich auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. "So darf es nicht weitergehen. Gewalt gefährdet, was unsere Demokratie stark gemacht hat."
Angreifer noch nicht vernehmungsfähig
Am Freitag hatte ein 25-Jähriger auf dem Mannheimer Marktplatz mehrere Menschen mit einem Messer attackiert und sechs von ihnen zum Teil lebensgefährlich verletzt. Den Polizisten traf der Angreifer im Bereich des Kopfes, am Sonntag ist der Beamte seinen Verletzungen erlegen.
Die Messerattacke ereignete sich bei einem Stand der "Bürgerbewegung Pax Europa". Deren Mitglied Michael Stürzenberger, ein islamkritischer Aktivist, wurde ebenfalls schwer verletzt und in einer Klinik operiert.
Der Angreifer wurde von einem anderen Polizisten mit einem Schuss gestoppt. Laut Polizei ist der Mann in Afghanistan geboren und lebte seit 2014 in Deutschland. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und wohnt mit seiner Familie im hessischen Heppenheim.
Der für politische Delikte zuständige Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe hatte nach der Attacke die Ermittlungen übernommen. Das Motiv des 25-jährigen Täters ist aber noch unklar. Bisher sei der Mann aus gesundheitlichen Gründen nicht vernehmungsfähig gewesen, hieß es von der Staatsanwaltschaft.
Neben Aussagen zum Tatmotiv vom Täter selbst erhoffen sich die Ermittler weitere Erkenntnisse durch die Auswertung des Materials aus seiner Wohnung, welches bei der Durchsuchung beschlagnahmt worden war.
Aktuelle Stunde zur Gewalt gegen Polizisten geplant
Die Tat rückt Islamismus und die Gewalt gegen Polizisten wieder stärker in den Mittelpunkt der Debatten. "Uns allen führt diese fürchterliche Tat schmerzhaft vor Augen, welchem oft unkalkulierbaren Risiko Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind", sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Laut Rheinischer Post soll sich auf Antrag der Unionsfraktion der Bundestag in einer Aktuellen Stunde mit der Tat und der Gewalt gegen Einsatzkräfte beschäftigen. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, sagte der Zeitung: "Die Aktuelle Stunde ist jetzt wichtiger denn je. Der Deutsche Bundestag muss das Thema Gewalt gegen Polizisten und Messergewalt zusammen debattieren." Dann müsse auch "Entschlossenheit im Durchsetzen von Abschiebungen von Straftätern und Rückhalt für Polizisten folgen".
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese forderte in der Zeitung eine "Ausweitung von Messerverbotszonen" in den Kommunen. Dies könne "örtlich die Polizei stärken und präventiv wirken", auch wenn so nicht jede Tat "insbesondere bei radikalisierten oder spontanen Einzeltätern" verhindert werden könne.
Hartes Vorgehen gegen Islamismus gefordert
Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte, der Täter müsse "mit maximaler Härte des Gesetzes" bestraft werden. "Wenn sich ein islamistisches Motiv bestätigt, dann zeigt das, wie stark wir weiter islamistischem Terror entgegentreten müssen", sagte die SPD-Politikerin.
In der ARD-Sendung Caren Miosga bezeichnete die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang mit Blick auf die Tat den Islamismus als den "Feind einer freien Gesellschaft". "Und genau als solcher muss er auch behandelt werden und muss er bekämpft werden, sicherheitspolitisch und gesamtgesellschaftlich. Da darf es kein Vertun, keine Rechtfertigung geben." Die Grünen-Chefin räumte ein, dass ihre Partei in der Vergangenheit "vielleicht vor der Debatte zurückgeschreckt" sei, "weil sie dachten, damit helfen wir am Ende den Rechtspopulisten".
Der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, rief ebenfalls zu einem schärferen Vorgehen gegen Islamismus auf: "Wir haben viele Extremismusformen oft zu spät erkannt." So beispielsweise bei den Morden durch den sogenannten NSU. "Wir haben lange gedacht, es gibt keinen Rechtsextremismus. Wir dürfen jetzt nicht den gleichen Fehler machen, dass wir den Islamismus unterschätzen."
Linnemann für konsequente Abschiebung von Straftätern
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sprach in der Sendung Frühstart von RTL und ntv von einer mutmaßlich islamistischen Tat und forderte die konsequente Abschiebung von Straftätern, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Dies müsse auch für Afghanistan gelten.
"Die Zuwanderung aus Afghanistan muss beendet und Rückführungen dorthin in Angriff genommen werden", erklärten die AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel. "Um diese Anstrengung zu ermöglichen, muss die Bundesregierung endlich in diplomatischen Austausch mit der afghanischen Regierung treten." Abschiebungen nach Afghanistan sind seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban im Jahr 2021 ausgesetzt.