Weihnachtsmarkt in Magdeburg Zwei Tote und viele Verletzte bei Anschlag
Auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist ein Auto in eine Menschenmenge gefahren. Die Behörden gehen von einem Anschlag aus. Ministerpräsident Haseloff sprach von mindestens zwei Toten und 60 Verletzten.
Bei einem mutmaßlichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg sind mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen. Wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) bestätigte, starben ein Erwachsener und ein Kleinkind, als ein Auto in eine Menschenmenge raste.
Außerdem gebe es mindestens 60 Verletzte, darunter seien zahlreiche Schwerverletzte. Haseloff war nach dem Anschlag nach Magdeburg gereist.
Die ersten zehn bis 20 Verletzten werden laut Nachrichtenagentur dpa im Universitätsklinikum Magdeburg behandelt. Man stelle sich jedoch auf deutlich mehr Verletzte ein. "Wir rüsten gerade auf", sagte demnach ein Sprecher der Uniklinik, "Intensivbetten stehen bereit." Einige Verletzte wurden in Krankenhäuser in Halle geflogen.
Fahrer in Gewahrsam
Ein Verdächtiger wurde festgenommen, wie Haseloff bestätigte. Dabei handele es sich um einen aus Saudi-Arabien stammenden Arzt, der 2006 nach Deutschland kam und in Sachsen-Anhalt lebe. Haseloff ging von einem Einzeltäter aus. Nun liefen die Ermittlungen, etwa zu einem möglichen Motiv. Der Mann ist dem Ministerpräsidenten zufolge mit einem Leihwagen in die Menschenmenge gefahren.
Den deutschen Behörden soll der 50-Jährige nach Informationen aus Sicherheitskreisen bislang nicht als Islamist bekannt gewesen sein. In Sachsen-Anhalt soll er zuletzt als Arzt im Fachbereich der Psychotherapie gearbeitet haben. Nach Recherchen von WDR und NDR soll er in der saudischen Exil-Community eine durchaus prominente Figur sein und als Ansprechpartner für Asylsuchende, insbesondere Frauen, gegolten haben. Seit 2016 hat er den Asylstatus als politischer Flüchtling.
Äußerungen, die der Mann bis zuletzt in sozialen Medien getätigt haben soll, liefern Hinweise darauf, dass er sich möglicherweise verfolgt gefühlt haben könnte und dass er eine Islamisierung Deutschlands befürchtete.
In dem Fahrzeug des mutmaßlichen Täters wurde kein Sprengsatz gefunden, wie Tracy Hering von der Polizei Magdeburg erklärte. Der Bereich um das Auto war zuvor weiträumig abgesperrt worden, weil die Polizei darin einen Sprengsatz vermutete. Nach Informationen des Spiegel handelt es sich dabei um einen schwarzen BMW. Demnach sei der Mann um 19:04 Uhr "mindestens 400 Meter über den Weihnachtsmarkt" gerast.
Einsatzkräfte und Feuerwehr sind mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Stadt bildete laut MDR im Rathaus einen Krisenstab. Die Polizei richtete ein Bürgertelefon für Angehörige ein sowie ein Portal, bei dem Hinweise wie Bilder und Videos hochgeladen werden können. Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris kündigte am Samstag um 19 Uhr eine gemeinsame Gedenkstunde im Magdeburger Dom an.
Bestürzung und Anteilnahme
Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf X: "Die Meldungen aus Magdeburg lassen Schlimmes erahnen." Seine Gedanken seien bei den Opfern und ihren Angehörigen. "Mein Dank gilt den engagierten Rettungskräften in diesen bangen Stunden." Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich bestürzt. "Die Vorfreude auf ein friedliches Weihnachtsfest wurde durch die Meldungen aus Magdeburg jäh unterbrochen", erklärte er auf X. Scholz wird Haseloff zufolge am Samstag nach Magdeburg reisen.
Vizekanzler und Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, sprach von "furchtbaren Nachrichten aus Magdeburg, wo Menschen die Adventszeit in Frieden und Gemeinschaft verbringen wollten". Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Nachrichten aus Magdeburg "zutiefst erschütternd". Die Rettungsdienste täten alles, "um die Verletzten zu versorgen und Menschenleben zu retten". Ihre Gedanken seien bei den Opfern und ihren Angehörigen. "Die Sicherheitsbehörden werden die Hintergründe aufklären." Faeser sicherte der Landesregierung von Sachsen-Anhalt die Hilfe des Bundes bei den Ermittlungen zu. Auch sie will mit Scholz am Samstag nach Magdeburg reisen.
Auch Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union, äußerte seine Anteilnahme: "Das sind sehr bedrückende Nachrichten aus Magdeburg", schrieb er bei X. "Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Ich danke allen Einsatzkräften, die sich vor Ort um die Verletzten kümmern."
AfD-Chefin Alice Weidel schrieb auf der Plattform: "Die Bilder aus Magdeburg sind erschütternd! In Gedanken bin ich bei den Hinterbliebenen und Verletzten. Wann hat dieser Wahnsinn ein Ende?"
Macron äußert sich "zutiefst schockiert"
Auch aus dem Ausland gab es erste Reaktionen. So sprach etwa Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Opfern sein Mitgefühl aus. Er sei angesichts des "Horrors, der an diesem Abend den Weihnachtsmarkt in Magdeburg" getroffen habe "zutiefst schockiert", schrieb er auf X. "Meine Gedanken sind bei den Opfern, bei den Verletzten sowie bei ihren Angehörigen. Frankreich teilt den Schmerz des deutschen Volkes und bringt seine volle Solidarität zum Ausdruck."
Auch die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat den mutmaßlichen Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg verurteilt. Sie sei "zutiefst erschüttert" über den "brutalen" Angriff, schireb sie bei X.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beklagte online die "brutale und feige" Tat und schrieb weiter: "Diese Gewalttat muss aufgeklärt und hart geahndet werden."
Faeser sprach von "abstrakt hoher Bedrohungslage"
Innenministerin Faeser hatte zuletzt wiederholt zu Wachsamkeit bei Weihnachtsmarktbesuchen aufgerufen - konkrete Gefährdungshinweise gab es aber nicht. Sie wird am Samstag zusammen mit Bundeskanzler Scholz nach Magdeburg reisen.
Fast auf den Tag genau vor acht Jahren, am 19. Dezember 2016, war in Berlin ein islamistischer Terrorist mit einem Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gerast. Dabei wurden zwölf Menschen getötet, das 13. Opfer starb 2021 an den Folgen. Mehr als 70 Menschen wurden verletzt. Der Attentäter floh nach Italien, wo er von der Polizei erschossen wurde.