"Landtag macht Schule" Die Jugend übernimmt die Politik
Zwei Tage lang übernehmen etwa 800 Jugendliche aus Schulen in ganz Nordrhein-Westfalen den Düsseldorfer Landtag. So sollen sie das Parlament und den politischen Betrieb von innen erleben.
Ein kurzer Blick ins Plenum, dann nimmt Ben Scheffzick die Glocke in die Hand und läutet sie kräftig. Normalerweise geht der Schüler in die 9. Klasse des Städtischen Gymnasiums Leichlingen. Heute übernimmt er die Rolle des Landtagspräsidenten. Für ihn eine sehr aufregende Angelegenheit: "Es ist schon ziemlich aufregend hier. Es geht mir schon ein bisschen die Pumpe", so seine erste Reaktion.
Der Düsseldorfer Landtag ist gut gefüllt. Insgesamt 800 Schülerinnen und Schüler beteiligen sich an dem Projekt "Landtag macht Schule". Seit 2018 gibt es diese Aktionstage. Die Schülerinnen und Schüler lernen nicht nur die Arbeitsweise und Aufgaben des Parlaments kennen, sondern können auch eine Plenarsitzung simulieren.
"Ich finde es wichtig, dass man sich in so einem jungen Alter mit der Politik auseinandersetzt, weil es jetzt auch immer wichtiger wird. Und ich bin auch damals schon im Jugendparlament gewesen und habe mich schon früh dafür interessiert und damit auseinandergesetzt", sagt Ben Scheffzick.
Simulation einer Plenarsitzung
Seine Mitschülerin Fine Geyer war erst einmal skeptisch, ob ihr diese Aktion wirklich etwas bringt. Nun findet sie den Ausflug sehr interessant. "Ich habe ein bisschen drüber nachgedacht und habe mir überlegt, dass es ja schon ganz interessant werden könnte, mal reinzugucken, wie es alles so abläuft", so Fine Geyer.
Spannend wird es, als eine Plenarsitzung simuliert wird. Aufgeteilt in die fünf Fraktionen des Landtags diskutierten die Schülerinnen und Schüler darüber, ob es an Karneval eine Kostümpflicht an Schulen geben sollte. Ben Scheffzick hat dazu eine klare Haltung: "Ich finde, jeder sollte so an Karneval in die Schule gehen, wie er möchte, ob er sich verkleiden möchte oder nicht. Und da sollte keiner das vorgeschrieben bekommen", vertritt er seine Position im Parlament.
Ziel der Aktion sei es, Jugendliche für Politik zu begeistern, sagt Landtagsvizepräsident Rainer Schmeltzer (rechts im Bild).
Demokratie ist nicht selbstverständlich
Auch Mohamad Yaser Alfaraj bringt sich ein. An seiner Düsseldorfer Gesamtschule ist er Klassensprecher und in der Schülervertretung. Heute ins Parlament zu dürfen und Politikern Fragen zu stellen, ist für ihn etwas ganz Besonderes.
Mohamad Yaser Alfaraj kommt aus Syrien. In seiner Heimat ist das Leben in einer Demokratie nicht selbstverständlich. "Ich habe in einem Land gelebt, wo es nicht so viel Gerechtigkeit gab. Ich würde mich gerne für die Gerechtigkeit einsetzen. Ich mag es, mich für eine spezielle Gruppe einzusetzen. Als Politiker setzt man sich für das Land ein, als Klassensprecher setzt man sich für die Schule oder Klasse ein. Das finde ich interessant", so der 15-Jährige.
Jugendliche für Politik begeistern
Den Tag über gibt es immer wieder Infos: Wie funktioniert der Landtag? Wie wird man Abgeordneter? Wer ist Ministerpräsident?
SPD-Politiker Rainer Schmeltzer ist der Vize-Präsident im Landtag. Er sagt, das Ziel der Aktion sei es, Jugendliche für Politik zu begeistern. "Die Schülerinnen und Schüler müssen verstehen, dass die Demokratie die beste Form ist, die es in einem Staat gibt, dass sie mitreden können, dass sie demonstrieren können."
Viele Schülerinnen und Schüler hätten das auch in den vergangenen Wochen getan. "Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit: Das sind Rechte, die es in vielen Ländern auf dieser Welt nicht gibt", so Schmeltzer.
Jedem steht der Weg in die Politik offen
Wichtig sei es, vor allem die mitzunehmen, die sich noch nicht so sehr für Politik interessierten. Dem Vizepräsidenten zufolge steht jedem der Weg in die Politik offen. Er will die Jugendlichen motivieren, sich zu engagieren.
Fay Koeman aus Düsseldorf interessiert sich noch nicht so sehr für Politik. Doch die Simulation der Plenarsitzung weckt ihr Interesse. "Ich denke, dass ich immer mehr in die Politik reingehe und wenn ich älter werde, werde ich ja irgendwann auch wählen gehen", so die Gesamtschülerin. Es sei wichtig für sie zu wissen, was jeden Tag in dem Land, in dem sie lebe, passiert.
Insgesamt zwei Tage lang haben die Schülerinnen und Schüler Zeit, das Parlament auszuprobieren. Danach wird aus dem vorübergehenden Landtagspräsidenten Ben Scheffzick wieder ein Schüler der 9. Klasse, der aber auf jeden Fall weiter an der Politik dranbleiben will.