Anschlag auf Synagoge Höchststrafe für Halle-Attentäter
Im Prozess zum rechtsterroristischen Anschlag von Halle ist der Angeklagte zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Die Entscheidung traf auf breite Zustimmung.
Im Prozess um den rechtsterroristischen Anschlag auf die Synagoge in Halle an der Saale hat das Oberlandesgericht Naumburg die Höchststrafe verhängt. Der Angeklagte Stephan B. wurde in Magdeburg zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Das Urteil erging unter anderem wegen zweifachen Mordes, vielfachen Mordversuchs und Volksverhetzung. Das Gericht stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest.
Mit dem Urteil folgten die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens und die vier weiteren Richter der Forderung von Bundesanwaltschaft und Nebenklage. Gegen das Urteil kann vor dem Bundesgerichtshof Revision eingelegt werden.
"Feiger Anschlag"
Bei der Urteilsverkündung sagte Mertens, es sei ein "feiger Anschlag" gewesen. Der Angeklagte habe an vielen Stellen seine Taten und Motive relativiert. B. reagierte mit ausdruckslosem Gesicht auf den Urteilsspruch und begann, sich Notizen zu machen.
Der Verurteilte hatte am 9. Oktober 2019 am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur versucht, bewaffnet in die Synagoge in Halle einzudringen und die dort versammelten 51 Menschen zu töten. Er warf Brand- und Sprengsätze und schoss auf die Zugangstür, gelangte aber nicht auf das Gelände.
Vor der Synagoge ermordete er dann eine 40 Jahre alte Passantin und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss einen 20-Jährigen. Auf seiner Flucht schoss B. auf Polizisten, fuhr mit dem Fluchtwagen einen Schwarzen an und schoss in einem Dorf bei Halle einen Mann und eine Frau an, nachdem sie ihm ihr Auto nicht geben wollten. In einer Werkstatt erpresste der damals 27-Jährige dann ein Taxi, das die Polizei mit Hilfe des Taxifahrers orten konnte. Anschließend nahmen Polizisten ihn fest.
Der Attentäter filmte seine Taten und streamte sie live im Internet. Die Anklage ging im Prozess von einer rassistischen, antisemitischen und fremdenfeindlichen Gesinnung aus.
Urteil positiv aufgenommen
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte zu dem Urteil: "Heute ist ein wichtiger Tag für Deutschland. Denn das Urteil macht deutlich, dass mörderischer Hass auf Juden auf keinerlei Toleranz trifft." Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, begrüßt die Entscheidung ebenfalls. Diese werde es dem Täter lebenslang versagen, jemals wieder antisemitisch, rassistisch und frauenfeindlich motivierte Gewalt zu verüben, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff erklärte: "Wir haben einen fairen Prozess erlebt. Das Urteil zeige "in großer Klarheit, dass wir in einem wehrhaften Rechtsstaat leben. In ihm haben alle Formen von Antisemitismus, Rassismus und Hass keinen Platz, werden konsequent verfolgt und ziehen deutliche Strafen nach sich."
Größtes Strafverfahren in der Geschichte Sachsen-Anhalts
Der Prozess, der rund fünf Monate dauerte, gilt als größtes Strafverfahren in der Geschichte Sachsen-Anhalts. Aus Sicherheits- und Platzgründen hatte das Oberlandesgericht Naumburg die Verhandlung in den größten Gerichtssaal des Landes in Magdeburg verlegt.
An 25 Prozesstagen befragte das Gericht dort insgesamt 79 Zeugen und 15 Sachverständige. 45 Überlebende und Hinterbliebene hatten sich der Nebenklage angeschlossen, sie wurden von 23 Anwälten vertreten. Allein die Schlussvorträge der Überlebenden hatten drei Prozesstage gedauert, viele hatten dabei oder zuvor im Zeugenstand selbst das Wort ergriffen. Fast alle hatten von schweren psychischen Folgen der Tat berichtet.