Eine der Scheiben des Cafés "Bajszel" in Berlin zeigt die durch einen Steinwurf verursachte Risse.

Bericht 2024 Zahl antisemitischer Vorfälle erneut stark gestiegen

Stand: 04.06.2025 10:22 Uhr

Fast 24 antisemitische Vorfälle pro Tag - die Meldestelle RIAS verzeichnet für 2024 einen drastischen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Der Antisemitismusbeauftragte Klein warnt mit Blick auf den Nahostkrieg vor kollektiven Schuldzuweisungen.

Die Zahl antisemitisch motivierter Vorfälle in Deutschland ist 2024 erneut drastisch gestiegen. Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) dokumentierte im vergangenen Jahr 8.627 Vorfälle - ein Anstieg um fast 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Statistisch bedeutet das: Täglich ereigneten sich fast 24 antisemitische Vorfälle, 2023 waren es noch etwa 13 pro Tag. "Für Jüdinnen und Juden bleibt der Antisemitismus in Deutschland ein alltagsprägendes Phänomen", heißt es in dem Bericht. 

Politisierter Antisemitismus nimmt zu

Der deutliche Anstieg gegenüber dem Vorjahr sei vor allem in stark politisierten Kontexten auszumachen. Besonders häufig habe sich Antisemitismus 2024 bei Versammlungen, durch antisemitische Aufkleber im öffentlichen Raum sowie an Hochschulen gezeigt.

Die meisten dokumentierten Vorfälle mit eindeutig politisch-weltanschaulichem Hintergrund entfielen auf antiisraelischen Aktivismus. Insgesamt 5.857 Fälle konnten entsprechend zugeordnet werden. 

Rechtsextremer Hintergrund auf Höchststand

Auch antisemitische Vorfälle mit rechtsextremem Hintergrund erreichten mit 544 dokumentierten Fällen den höchsten Stand seit Beginn des bundesweiten Vergleichs 2020.

Besonders besorgniserregend ist der Anstieg gewaltsamer Übergriffe: RIAS zählte acht Fälle extremer Gewalt, 186 Angriffe und 300 Bedrohungen.

Zu den Daten
Der RIAS-Bundesverband wurde im Oktober 2018 gegründet. Er verfolgt nach eigenen Angaben das Ziel, mithilfe des Portals report-antisemitism.de bundesweit eine einheitliche zivilgesellschaftliche Erfassung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle zu gewährleisten.

Die veröffentlichten Zahlen basieren auf Meldungen antisemitischer Vorfälle durch Betroffene oder Zeugen sowie auf Informationen, die andere Organisationen an RIAS übermittelten. Die Meldungen wurden entweder vom Bundesverband RIAS oder von einer der regionalen RIAS-Meldestellen erfasst und verarbeitet.

Anstieg seit Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023

Seit dem Angriff der militant-islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verzeichnet die Recherchestelle einen ungebremsten Anstieg antisemitischer Vorfälle in Deutschland. Inzwischen werde der "tiefe Einschnitt", den der Hamas-Angriff und die darauf folgenden Entwicklungen markierten, "immer greifbarer", hieß es in dem Bericht.

Vor diesem Hintergrund warnte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, eindringlich vor kollektiven Schuldzuweisungen gegenüber Jüdinnen und Juden. Der Krieg diene als Rechtfertigung für viele Menschen, sich antisemitisch zu betätigen, sagte Klein im ARD-Morgenmagazin.

Die jüdische Community in Deutschland werde dafür in Kollektivhaftung genommen. Das habe negative Auswirkungen auf ihre Lebensqualität. Klein forderte, mit allen politischen und gesellschaftlichen Mitteln dagegen vorzugehen.