Bischofskonferenz in Fulda Einig, nicht einig zu sein
Georg Bätzing hat keinen leichten Job. Als Vorsitzender der Bischofskonferenz kämpft er für den Reformprozess des Synodalen Wegs - gegen Widerstand aus Rom und aus den eigenen Reihen.
Seit zweieinhalb Jahren ist Georg Bätzing Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Und seit drei Wochen weiß auch die breite Öffentlichkeit, was er in dieser Funktion unter einen Hut bringen muss, wie tief die Gräben zwischen der reformorientierten Mehrheit der Bischöfe und einer konservativen Minderheit sind.
Beim Reformprozess Synodaler Weg war ein Papier zur Sexualmoral am Widerstand konservativer Bischöfe gescheitert. Die Herbstvollversammlung in Fulda stand unter dem Eindruck dieses Eklats. Es ist gelungen, die Einheit der Konferenz zu wahren, ohne dass ihr Vorsitzender seine Reformposition aufgegeben hat. Bätzing lässt sich erkennbar nicht bremsen.
In Fulda scheint es gelungen zu sein, auch dem letzten Bischof klarzumachen, dass der Synodale Weg unter keinen Umständen scheitern darf. Es würde das Verhältnis zwischen Bischöfen und Laien irreparabel beschädigen, schließlich hatten die Bischöfe selbst zu diesem Reformprozess eingeladen.
Bätzing kämpft für den Synodalen Weg ...
Bätzing steht zu seinen Überzeugungen - auch gegenüber Rom. Als der in Rom amtierende Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch in einem Interview Parallelen des Synodalen Wegs mit den "Deutschen Christen" - einer rassistischen und antisemitischen Gruppierung in der evangelischen Kirche in der Nazi-Zeit - formuliert, reagiert Bätzing scharf. Der Kardinal müsse sich umgehend für diese "inakzeptable Entgleisung" entschuldigen, andernfalls werde er eine offizielle Beschwerde beim Papst einreichen.
Den Synodalen Weg hat sich Bätzing zutiefst zu eigen gemacht und verteidigt ihn leidenschaftlich. Er sieht ihn als einen notwendigen und überfälligen Schritt einer "Inkulturation" des Glaubens in diese Zeit. Der Umgang mit Frauen in der Kirche, die Sexualmoral, die unkontrollierte Klerikermacht haben sich in der katholischen Kirche zu existenzbedrohenden Hindernissen ausgewachsen. Wer die Liebe und die Freiheit von Menschen unterdrückt, kann eben nicht glaubwürdig von einem liebenden Gott sprechen, der den Menschen "zur Freiheit berufen" hat.
... auch gegen Widerstand aus Rom
Mit dieser Grundüberzeugung kontert Bischof Bätzing die Störmanöver, mit denen der Vatikan den Synodalen Weg aus dem Tritt bringen will. Als Rom im März 2021 die Segnung Homosexueller ausdrücklich verbietet, erklärt Bischof Bätzing: "Ein Dokument, das sich in seiner Argumentation so eklatant einem Erkenntnisfortschritt theologischer und humanwissenschaftlicher Art verschließt, wird dazu führen, dass die pastorale Praxis darüber hinweggehen wird."
Als im Juli 2022 ein offiziöses, aber absenderloses Schreiben aus dem Vatikan den Synodalen Weg abkanzelt, kontert Bätzing zusammen mit Präsidentin Irme Stetter-Karp: Es "zeugt von keinem guten Stil der Kommunikation innerhalb der Kirche, wenn nicht namentlich gezeichnete Erklärungen veröffentlicht werden".
Die konservative Minderheit in den eigenen Reihen versucht Bätzing zu integrieren, ohne seine Position aufzugeben. Zur Befriedung der Lager hat in Fulda maßgeblich beigetragen, dass er die Minderheitenpositionen ausführlich zu Wort kommen ließ und Zeit für den Austausch organisierte. Konflikte sollen nicht unter den Tisch gekehrt werden.
Insofern ist es ein Fortschritt, dass am Ende der Tage der ausdrückliche "Konsens" steht, "dass wir einen Dissens haben". Trotzdem respektvoll miteinander umzugehen, sieht Bätzing als gemeinsame Verantwortung der Bischöfe. Jeder Bischof könne selbst überlegen, wo er auf andere zugehen könne: "Nein sagen allein reicht nicht."
Weltweit dieselben Sorgen
Römische Kreise inklusive Papst Franziskus schauen auf den deutschen Synodalen Weg mit einer Mischung aus Skepsis und Angst. Es herrscht die Sorge, dass sich die Reformimpulse aus Deutschland zu einem Flächenbrand ausweiten.
Der Papst hat einen eigenen Synodalen Prozess ausgerufen und die Bischöfe weltweit aufgerufen, den Reformbedarf bei den Gläubigen abzufragen. Der Rücklauf zeigt, dass die zentralen Themen identisch sind mit den Reformanliegen des Synodalen Wegs. Die in Rom verbreitete Argumentation, dass die Deutschen mit ihren Themen einen "nationalen Sonderweg" gehen, bricht damit in sich zusammen.
Ergebnisse sollen nicht in Rom versanden
Bätzing hofft deshalb, dass die Vorarbeiten des Synodalen Wegs, wie die Argumentationspapiere zur Frauenweihe und auch der abgelehnte Text für eine erneuerte Sexualmoral, den Synodalen Prozess auf Weltebene beflügeln könnten.
Deshalb stellt er für den bevorstehenden, turnusgemäßen "Ad-limina-Besuch" der deutschen Bischöfe in Rom im November konkrete Forderungen. In zahlreichen Gesprächen mit dem Papst und den Leitern der zentralen Kurienbehörden sollen die Bischöfe die bisherigen Ergebnisse des Synodalen Weges vorstellen. Bätzing drängt darauf, dass diese in Fulda detailliert vorbereiteten Präsentationen innerkirchlich protokolliert und verbindlich weiterkommuniziert werden. Sie sollen nicht einfach abgeheftet oder "schubladisiert" werden.
Fehlende Vernetzung in Rom ist die Schwachstelle
Die Kommunikation nach Rom gehört zu den Schwachstellen des Synodalen Wegs, sie ist auch Bätzings Schwachstelle. Anders als andere Spitzenkleriker hat er nicht in Rom studiert, spricht nicht italienisch, verfügt kaum über vertrauliche Kontakte in die Zentrale. Und das Präsidium des Synodalen Wegs ist vom Papst, trotz dringender Bitten Bätzings, in Rom auch noch nicht vorgelassen worden.
Ob der Reformprozess gelingt, bleibt offen
Ob der Kampf des Bischofs von Limburg und der Mehrheit seiner Mitbrüder für Reformen in der Katholische Kirche erfolgreich ist, bleibt fraglich. Auf ihre Weise spiegelt auch die Kirche die derzeit politisch und gesellschaftlich erstarkenden illiberalen und antidemokratischen Tendenzen. Auch innerkirchlich tobt der Kampf um die großen Grundfragen des Zusammenlebens. Das autoritäre Modell, das politisch auf dem Vormarsch ist, steckt der Kirche ohnehin in den Genen und wird dadurch teilweise revitalisiert.
Mit konservativen Bischöfen, die sich ganz auf Seiten der rechten Lehre und Roms wähnen, wird Bätzing rechnen und leben müssen, solange er die Bischofskonferenz leitet. Die nötigen Kämpferqualitäten dafür hat er.