Konflikt mit Griechenland Türkei räumt Flüchtlingscamp
Die türkischen Behörden haben das Flüchtlingscamp an der türkisch-griechischen Grenze aufgelöst. Offenbar gab es auch Corona-Fälle im Camp. Wie es für die Menschen weitergeht, ist unklar.
Die an der türkisch-griechischen Grenze verbliebenen Flüchtlinge sind ins Landesinnere gebracht worden. Griechische Behörden hatten zuerst von zahlreichen Bränden auf der türkischen Seite der Grenze berichtet.
In Pazarkule campierten seit einem Monat mehrere Tausend Migranten in notdürftigen Unterkünften in der Hoffnung, nach Europa zu gelangen. Handyvideos von Flüchtlingen aus der Nacht zeigen chaotische Szenen: Überall brennt es, Menschen laufen aufgeregt durcheinander, einige schreien.
Der syrische Flüchtling Halil berichtet am Telefon, türkische Sicherheitskräfte hätten die provisorischen Unterkünfte der Migranten zerstört. Gegen ein Uhr nachts hätten Soldaten die Menschen aufgefordert, ihre Unterstände zu verlassen. "Und dann haben sie sie zerstört und angezündet. Es brannte lichterloh überall", erzählt er.
Busse bringen Flüchtlinge ins Landesinnere
Die Flüchtlinge berichten, sie seien zum Teil mit Stöcken in bereitstehende Busse getrieben worden. Wohin sie gebracht werden, sei ihnen nicht gesagt worden, sagt Halil. Die Fahrt hätte die ganze Nacht und einen halben Tag gedauert.
"Ich sah zuerst einen großen Busbahnhof. Inzwischen weiß ich, dass wir in der Stadt Malatya sind", sagt Halil, "Syrer, Afghanen, alle - Einzelpersonen und Familien".
Malatya liegt gut 1300 Kilometer südöstlich von Edirne. Handyvideos der Neuankömmlinge zeigen eine große Containersiedlung mit Zaun und Wachtürmen - eine Art Abschiebelager, wie es sie in mehreren Regionen der Türkei gibt. Andere Flüchtlinge wurden in eine ähnliche Einrichtung nach Osmaniye nahe der syrischen Grenze gebracht.
Das Flüchtlingscamp bei Pazarkule in der Nähe der türkisch-griechischen Grenze vor der Räumung.
Offenbar Corona-Fälle im Camp
Türkische Onlinemedien berichten, die Räumung des Lagers habe auch im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie gestanden. Es soll zwei bestätigte Corona-Fälle unter den Migranten geben. Auch Halil hat davon gehört: "Die Soldaten sagten uns, wir müssten hier 14 Tage in Quarantäne bleiben." Was danach passiert, sei ihnen nicht gesagt worden.
Angesichts der Zustände in dem Camp an der türkisch-griechischen Grenze war es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Corona-Infektionen auftreten. Reza, ein junger Iraner, der das Lager vor einigen Tagen freiwillig verlassen hatte, beschrieb sie so:
Es war eine Katastrophe - für uns alle. Die ersten Tage gab es Essen, aber danach nicht mehr. Wir durften nicht mehr rausgehen, um uns selbst zu versorgen. Es gab keine Arzneimittel, nichts... So etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Ich war in Iran im Gefängnis, aber selbst dort war es besser als in Pazarkule.
Erdogan schickte Flüchtlinge zur Grenze
Türkische Medien berichten von 4500 Migranten, die nun aus dem Camp herausgebracht worden seien. Allerdings lassen sich diese Zahlen nicht unabhängig überprüfen. Inzwischen sollen Planierraupen angerückt sein, um die Reste des Lagers zu beseitigen.
Die Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien, Marokko und anderen Ländern waren vor einem Monat nach Pazarkule gekommen, nachdem der türkische Präsident Erdogan angekündigt hatte, dass die Grenzen nach Europa geöffnet seien. Viele, die zuvor in der Türkei lebten, hatten deshalb ihre Existenz aufgegeben.
Immer wieder hatten Migranten versucht, die Grenze nach Griechenland zu überwinden. Dabei wurden sie offenbar von türkischen Soldaten unterstützt. Griechenland hatte daraufhin mit Hilfe der EU-Grenzschutzagentur Frontex seine Grenze hermetisch abgeriegelt. Flüchtlinge, denen es gelungen war, den Grenzfluss zu überwinden, waren von den griechischen Sicherheitsbehörden umgehend wieder in die Türkei zurückgebracht worden. Griechenland hatte das zum Anlass genommen, das Asylrecht für einen Monat auszusetzen.