Coronavirus So wird ein Impfstoff geprüft
Anfang Januar könnten die ersten Risikogruppen und Pflegebeschäftigen geimpft sein. Doch noch wurde kein Corona-Impfstoff zugelassen. Wie läuft das Verfahren ab - und was sind die nächsten Schritte?
Wie läuft die Zulassung in Europa ab?
Das Verfahren in Deutschland ist größtenteils durch das zentrale europäische Zulassungsverfahren ersetzt worden. Denn praktisch kein Impfstoff wird heute ausschließlich für den deutschen Markt zugelassen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit Sitz in Amsterdam ist die zentrale Prüfstelle. Nach einem Prüf-Verfahren gibt der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) eine Empfehlung über den Zulassungsantrag ab. Das ist schließlich die Basis für einen endgültige Zulassung durch die EU-Kommission.
Wie ist der Stand bei den Impfkandidaten?
Der Mainzer Hersteller Biontech hat heute bestätigt, dass der Konzern mit dem US-Unternehmen Pfizer am Montag einen Antrag auf bedingte Zulassung bei der EMA eingereicht hat. Bereits vor rund zwei Wochen ist eine Notfallzulassung in den USA beantragt worden.
Auch der US-Pharmakonzern Moderna hat die Zulassung für einen Corona-Impfstoff in der EU bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA eingereicht. Parallel dazu wurde auch eine Notfallzulassung bei der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA beantragt. Die FDA setzte für den 17. Dezember ein Treffen eines Beratungskomitees an, bei dem der Antrag diskutiert werden soll. Modernas Präparat ist dem Impfstoff von Biontech und Pfizer in der Wirkweise und auch in seiner Wirksamkeit ähnlich.
Was bedeutet das neue Rolling-Review-Verfahren?
Die Zulassungsanträge können in einem sogenannten Rolling-Review bewertet werden - das ist sowohl bei Moderna als auch beim aussichtsreichen Vakzin von Biontech und Pfizer der Fall. Das Verfahren soll die Bewertung durch die EMA beschleunigen. Noch bevor alle erforderlichen Daten für einen "normalen" Zulassungsantrag eingereicht wurden, kann mit der Beurteilung des Impfstoffkandidaten begonnen werden. Die EMA hat eine Covid-19-Task-Force gegründet, die bereits während der Entwicklung schnelle wissenschaftliche Beratung bietet. Die EMA betont, dass trotz Beschleunigung die Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der betreffenden Arzneimittel unverändert hoch bleiben.
Wie lange dauert es bis zur finalen Zulassung?
EMA äußert sich dazu nicht konkret. Da der Entwicklungsprozess des Moderna-Impfstoffes im Rolling-Review begleitet wurde, ist es wahrscheinlich, dass die EMA den Herstellern zu verstehen gibt, wann ein Zulassungsantrag sinnvoll ist.
Was genau prüft die EMA während des Zulassungsprozesses?
Die Vorteile eines Covid-19-Impfstoffs müssen nach EU-Arzneimittelgesetzgebung weitaus größer sein als alle Nebenwirkungen oder potenziellen Risiken. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) mit Wissenschaftlern aus allen europäischen Zulassungsbehörden beurteilt das neue Mittel. Experten geben Einschätzungen zur Wirkung des Arzneimittels ab und äußern sich zu Unsicherheiten der Daten - zudem können sie weitere Fragen stellen. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) bewertet schließlich die Arzneimittelsicherheit.
Was bedeutet eine bedingte Zulassung?
Bei Biontech/Pfizer und Moderna soll es eine bedingte Zulassung geben. Eine bedingte Genehmigung gibt es laut EMA dann, "wenn der Nutzen einer sofortigen Verfügbarkeit das Risiko, das von weniger als normalerweise erforderlichen Daten ausgeht, überwiegt." Fehlende Daten etwa zur Langzeitwirksamkeit müssen nachgereicht werden. Eine bedingte Zulassung gilt für ein Jahr und kann verlängert werden.
Wie schnell nach der Zulassung können die ersten Menschen geimpft werden?
Laut Arzneimittelgesetz darf der Impfstoff nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn er von der zuständigen Bundesoberbehörde freigegeben ist. Nach der EU-Zulassung ist das Paul-Ehrlich-Institut für die Prüfung zuständig. Wie lange diese Prüfung dauert, ist unklar. Biontech und Pfizer gehen davon aus, dass der Einsatz bereits vor Ende 2020 möglich sein könnte.
Wie ist der Stand der Vorbereitungen auf die Impfungen in Deutschland?
Bund und Länder stellen sich darauf ein, dass "bei bestmöglichem Verlauf" noch im Dezember mit ersten Impfstoff-Lieferungen gerechnet werden kann. Gesundheitsminister Jens Spahn sagte heute im Deutschlandfunk, dass Anfang Januar die Ersten aus den Risikogruppen und auch schon Pflegebeschäftigte geimpft sein könnten. In den Bundesländern werden derzeit Impfzentren aufgebaut. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung soll Module entwickeln, damit Patienten telefonisch und digital Termine vereinbaren können.