ARD-DeutschlandTrend Knapp 70 Prozent für kürzere Quarantäne
Eine Mehrheit der Deutschen hält es für richtig, die Isolations- und Quarantänezeiten von Infizierten und Kontaktpersonen zu verringern. Knapp 60 Prozent fürchten laut ARD-DeutschlandTrend einen neuen Lockdown.
Eine Mehrheit der Deutschen fände es richtig, wenn die Bund-Länder-Runde am Freitag eine Verkürzung der Isolations- und Quarantänedauer beschließen würde. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend.
Demnach befürworten zwei Drittel (67 Prozent), die Quarantänedauer für Kontaktpersonen von Infizierten zu reduzieren, wenn diese symptomfrei sind. Ebenso viele befürworten es, die Isolationszeit für Infizierte zu kürzen, wenn diese negativ getestet und symptomfrei sind.
Nach den aktuellen Regelungen wird bei der Dauer der Quarantäne zwischen verschiedenen Virusvarianten unterschieden. Im Falle einer Omikron-Infektion müssen Infizierte für mindestens 14 Tage in Isolation und benötigen anschließend einen negativen Test. Enge Kontaktpersonen von Omikron-Infizierten müssen für zwei Wochen in Quarantäne.
Um die Gesundheitsämter zu entlasten und zu vermeiden, dass bei einem Anstieg der Infektionszahlen erhebliche Teile der Bevölkerung durch Isolation oder Quarantäne ausfallen, haben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und das Robert Koch-Institut für das Treffen von Bund und Ländern am Freitag ein Konzept erarbeitet, wonach sowohl die Isolations- als auch die Quarantänedauer künftig verkürzt werden soll.
Mehr Rückhalt für Corona-Maßnahmen als im Dezember
Einen Tag bevor Bund und Länder wieder zusammensitzen, um über die nächsten Schritte im Umgang mit der Pandemie zu beraten, ist das Stimmungsbild in der Bevölkerung ein deutlich anderes als noch Anfang Dezember. Vor einem Monat bewertete eine deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger die damals geltenden Corona-Regeln als nicht streng genug.
Seitdem wurden einige Maßnahmen verschärft und auch die Fallzahlen sind über den Dezember im bundesweiten Schnitt zurückgegangen. Seit einigen Tagen steigen die Zahlen der Corona-Neuinfektionen wieder an.
Gesundheitsminister Lauterbach hatte deshalb angekündigt: "Verschärfungen werden leider notwendig sein, um der schweren Welle, die auf uns zukommt, zu begegnen." Aktuell bewerten 31 Prozent der Deutschen (-29 Punkte im Vergleich zu Anfang Dezember) die geltenden Maßnahmen als nicht weitgehend genug; 42 Prozent (+22) halten sie für angemessen - und ein Viertel der Befragten gehen die Maßnahmen aktuell zu weit (+8).
Mehrheit hat Sorge vor weitgehenden Schließungen
Die Sorge vor neuen Varianten des Corona-Virus, wie der sich derzeit ausbreitenden Omikron-Variante, treibt derzeit die Hälfte der Bevölkerung um (51 Prozent), jedoch sind es deutlich weniger als noch Anfang Dezember (-9 Punkte).
Auch die Furcht vor Engpässen in der medizinischen Versorgung hat abgenommen: Aktuell äußern 50 Prozent diese Sorge (-15). Die Angst, sich selbst anzustecken, hat mit 30 Prozent ebenfalls leicht abgenommen (-3). Dass diese Sorge nicht mehr die bestimmende ist, hängt sicherlich auch mit der Impfquote von gut 70 Prozent und dem damit verbundenen Schutz vor einer schweren Erkrankung für weite Teile der Bevölkerung zusammen.
Deutlich größer ist in der Bevölkerung hingegen die Befürchtung, dass das gesellschaftliche Leben pandemiebedingt erneut in weiten Teilen des Landes zurückgefahren werden könnte: 59 Prozent äußern aktuell diese Sorge.
Lauterbachs Arbeit wird positiv bewertet
Knapp einen Monat nach dem Regierungsstart wird die Arbeit von SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (66 Prozent) und SPD-Kanzler Olaf Scholz (60 Prozent; +9 zu Dezember) mehrheitlich positiv bewertet.
Einen ähnlich hohen Zustimmungswert wie aktuell Lauterbach hatte im November 2020 übrigens auch der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Diese Zustimmung sank dann allerdings im Laufe der Pandemie wieder stark ab.
Mit seinem Zustimmungswert von 60 Prozent ist der Start des neues Kanzlers Olaf Scholz vergleichbar mit dem Beginn der Kanzlerschaft von Angela Merkel: Direkt nach ihrem Amtsantritt im Dezember 2005 zeigten sich 59 Prozent der Befragten im ARD-DeutschlandTrend mit der damals neuen Kanzlerin zufrieden. Bei SPD-Kanzler Gerhard Schröder waren es nach seinem Amtsantritt im Dezember 1998 56 Prozent.
Einige Kabinettsmitglieder vielen noch unbekannt
Von den abgefragten Mitgliedern des aktuellen Kabinetts folgen auf Lauterbach und Scholz im Bevölkerungsurteil dann, mit erkennbarem Abstand, FDP-Finanzminister Christian Lindner (49 Prozent; +11) und Grünen-Vizekanzler Robert Habeck (48 Prozent; +6).
Dagegen wird die Arbeit von Annalena Baerbock als Außenministerin, trotz leichten Sympathiegewinns (+3), weiter überwiegend negativ bewertet (32:57 Prozent). Viele Bundesbürger müssen sich jedoch von Teilen der neuen Ministerriege erst noch ein Bild verschaffen: Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) sind jeweils nur einer Minderheit der Befragten bekannt.
Nur ein Drittel äußert sich positiv zu Merz
Mit Bekanntheitsproblemen hat der designierte CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz nicht zu kämpfen. Knapp einen Monat vor seiner anstehenden Wahl auf dem CDU-Bundesparteitag äußert sich allerdings nur ein Drittel (32 Prozent) positiv zu seiner Person, unter den Unionsanhängern sind es 60 Prozent.
Wie Merz wird auch der neue SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil von etwa jedem dritten Wahlberechtigten (34 Prozent) positiv bewertet, unter den SPD-Anhängern ist es gut die Hälfte (55 Prozent). Die Arbeit des AfD-Fraktionsvorsitzenden Tino Chrupalla wird aktuell von 13 Prozent positiv bewertetet (+4 zu November). Und die Fraktionsvorsitzende der Linken, Amira Mohamed Ali, ist nach wie vor kaum bekannt. Ihre Arbeit wird aktuell von 12 Prozent der Befragten geschätzt (+4).
USA als Partnerland gewinnt an Vertrauen
Neben der Bewältigung der Corona-Pandemie steht die neue Bundesregierung auch auf anderen Politikfeldern vor Herausforderungen, unter anderem in der Außenpolitik. Am Mittwoch absolvierte Außenministerin Baerbock ihren Amtsantritt bei ihrem US-Kollegen Antony Blinken. Beide unterstrichen nach ihrem Treffen die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft.
Fragt man die Deutschen, dann sieht mittlerweile eine Mehrheit in den USA auch wieder einen vertrauenswürdigen Partner. Die Vereinigten Staaten haben nach dem Amtsantritt von Präsident Joe Biden bei den Bundesbürgern verlorengegangenes Vertrauen gutgemacht. Das Land gilt jetzt bei 56 Prozent der Befragten (+37 im Vergleich zu August 2019) als ein Land, dem man vertrauen kann.
Die aktuelle Bewertung ist damit auf einem ähnlichen Niveau wie unmittelbar vor dem Ende der Präsidentschaft von Barack Obama. Anfang der Obama-Präsidentschaft war das Vertrauen der Deutschen gegenüber den USA allerdings noch deutlich höher (78 Prozent) und wurde dann unter anderem durch die NSA-Affäre, aber auch durch die verschiedenen Standpunkte zum Beispiel in Afghanistan und Libyen, getrübt.
China und Russland verlieren an Ansehen
Ein ganz anderes Stimmungsbild zeigt sich bei zwei anderen Ländern: Russland und China haben in den vergangenen Jahren bei den Bundesbürgern deutlich an Sympathien eingebüßt. Russland wird aktuell von 17 Prozent der Befragten als vertrauenswürdiger Partner gesehen (-11 zu August 2019) und China nur noch von 7 Prozent (-21 zu Februar 2019).
Weiterhin hoch ist das Vertrauen der Deutschen in Frankreich: 81 Prozent halten das Nachbarland für einen vertrauenswürdigen Partner (-8). Großbritannien kommt auf 46 Prozent (+9), Polen auf 35 Prozent, die Ukraine auf 30 Prozent.
Bei Sanktionen gegenüber Russland gespalten
In den kommenden Tagen stehen mit Blick auf die eskalierende Lage in der Ukraine verschiedene diplomatische Termine an, auch unter Beteiligung einiger europäischer Staaten. Zwei Drittel der Deutschen (65 Prozent) wünschen sich bei der Vermittlung aktuell eine stärkere Rolle der europäischen Staaten.
Baerbock und Blinken bekräftigen bei ihrem Treffen unterdessen, dass sowohl die USA als auch Deutschland - beziehungsweise die EU - gewillt sind, mit schärferen Sanktionen zu reagieren, sollte es zu einer militärischen Eskalation von Seiten Russlands in der Ukraine kommen. Dazu bleibt die Haltung der Deutschen gespalten. Nach wie vor ist knapp jeder Zweite (47 Prozent; +3 zu 2018) offen für härtere Sanktionen gegenüber Russland, gut vier von zehn (41 Prozent) sind es dagegen nicht. Nach wie vor stoßen solch härtere Maßnahmen gegen Russland in Ostdeutschland eher auf Ablehnung.
Mehrheit für Nord Stream 2
Spannungen zwischen den USA und Deutschland bestehen im Umgang mit Russland aber weiterhin, vor allem was die Gaspipeline Nord Stream 2 angeht. An der Pipeline, die Erdgas aus Russland direkt nach Deutschland liefern soll, haben neben europäischen Staaten auch die USA immer wieder Kritik geübt. Die Leitung ist zwar fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb.
Die Mehrheit der Deutschen (60 Prozent) will an der umstrittenen Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 festhalten. Die größte Zustimmung findet sich unter den AfD-Anhängern. Größtenteils ablehnend äußern sich zum Projekt allein die Anhänger der Grünen. Generell findet Nord Stream 2 in Ostdeutschland (70 Prozent) einen deutlich größeren Rückhalt als im Westen der Republik. Aber auch in den westdeutschen Bundesländern überwiegt der Zuspruch zur Ostsee-Pipeline (57:30 Prozent).
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon*- und Online-Befragung
*davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk
Erhebungszeitraum: 03. bis 05. Januar 2022
Fallzahl: 1.325 Befragte (866 Telefoninterviews und 459 Online Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und
Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2* bis 3** Prozentpunkte
* bei einem Anteilswert von 10 Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap
Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle eine Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.