Corona-Zahlen des RKI Warnung trotz weniger Neuinfektionen
In Deutschland werden momentan weniger Coronavirus-Neuinfektionen gemeldet, auch die Reproduktionszahl sinkt. Allerdings warnt das Robert Koch-Institut vor einer zweiten oder dritten Welle.
Nach Ansicht des Robert Koch-Instituts (RKI) steht Deutschland trotz einer sinkenden Anzahl von Neuinfizierungen nach wie vor am Anfang eines Marathons zur Überwindung der Corona-Krise. Erst wenn die sogenannte Durchseuchung der Bevölkerung bei 60 bis 70 Prozent liege, sei die Pandemie unter Kontrolle, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. Derzeit liege man in Deutschland im einstelligen Prozentbereich.
Die Mehrheit der Wissenschaftler gehe im übrigen von einer zweiten und vielleicht sogar einer dritten Welle aus. "Das Virus ist in unserem Land, es wird noch monatelang in unserem Land bleiben", sagte Wieler.
RKI vermutet mehr Tote als offiziell gemeldet
"Wir sehen, dass die Übersterblichkeit in Deutschland steigt", berichtete der RKI-Präsident. "Wir gehen eigentlich davon aus, dass mehr Menschen daran gestorben sind als eigentlich gemeldet." Dazu gebe es aber noch keine belastbaren Zahlen. Mit Übersterblichkeit bezeichnet man die Differenz zwischen der aktuellen Anzahl an Todesfällen und der durchschnittlichen Anzahl aus den vergangenen Jahren.
"Sehr erfreuliche Entwicklung" bei den Neuinfizierungen
Wieler wies aber auch darauf hin, dass die Zahl der Neuinfizierten diese Woche im Vergleich zur Vorwoche weiter gesunken sei: "Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung." Positiv sei auch, dass die Zahl der Tests in der vergangenen Woche auf 467.000 gestiegen sei. Vor einigen Wochen lag die Zahl noch zwischen 350.000 und 400.000. Eigentlich hätten allein deswegen mehr Infizierte gefunden werden müssen. Allerdings habe es jetzt nur noch bei 5,4 Prozent der Untersuchungen einen Nachweis auf Covid-19 gegeben. Lange hatte die Rate bei fast zehn Prozent gelegen.
Bislang sind laut RKI mehr als 159.000 Infektionen registriert worden - knapp 1500 mehr als am Vortag. 123.500 Infizierte seien mittlerweile genesen. Wie für andere Länder rechnen Experten auch in Deutschland mit einer hohen Dunkelziffer nicht erfasster Fälle.
Mindestens 6288 Infizierte sind den Angaben zufolge bislang bundesweit gestorben - das sind 173 mehr als am Vortag.
Reproduktionszahl sinkt auf 0,75
Die Reproduktionszahl lag nach RKI-Schätzungen bei 0,75. Das bedeutet, zehn Infizierte stecken im Schnitt 7,5 Menschen an. Die Zahl der Neuinfektionen sinkt somit leicht. Seit Mittwoch nutzt das RKI ein sogenanntes Vier-Tage-Mittel für die Schätzung der aktuellen Neuinfektionen und damit auch der Reproduktionszahl. Zuvor wurde ein Drei-Tage-Mittel genutzt.
RKI fordert Konzepte für Schulöffnungen
Wieler sagte, es sei "gar keine Frage", dass die Schulen wieder eröffnet werden müssten. Wichtig sei aber, dass es Konzepte gebe, um Infektionen zu verhindern. Die Planungen müssten international ausgetauscht werden, und es müsse ein "best practice" gebe. Infektionen müssten schnell erkannt werden. Tests müssten an Schulen daher "sehr niedrigschwellig" gemacht werden. "Diese Rahmenbedingungen sind ganz entscheidend."
Die Zeit für sogenannte Immunitätspässe sei noch nicht gekommen. "Da sind wir momentan noch nicht", sagte Wieler. Es gebe noch zu viele offene Fragen, wann und wie lange ein Mensch wirklich immun sei. In verschiedenen Ländern werden Immunitätspässe erwogen, mit denen etwa Einreisen von Ausländern wieder möglich sein könnten.