Corona-Regeln Mehrere Bundesländer verlängern Maßnahmen
In dieser Woche will die Bundesregierung mit Änderungen am Infektionsschutzgesetz die Corona-Maßnahmen deutlich reduzieren. Mehrere Bundesländer planen jedoch, die derzeit geltenden Beschränkungen vorerst beizubehalten.
Angesichts bundesweit steigender Infektionszahlen wollen mehrere Länder bestehende Corona-Beschränkungen bis zum 2. April verlängern. Eine solche Übergangszeit ist Bestandteil eines Entwurfs der Bundesregierung für eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes, der ab dem 20. März generell weniger allgemeine Corona-Schutzregeln vorsieht.
In Bayern beschloss das Kabinett, dass es bis 2. April bei bisherigen 2G- und 3G-Zugangsregeln und einer Maskenpflicht auch in Schulen und im Handel bleiben soll. Auch Baden-Württemberg will die Übergangsfrist nutzen, wie Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) ankündigte. Thüringen will davon ebenso Gebrauch machen, wie ein Regierungssprecher sagte. Das sei vom Kabinett so beschlossen worden.
Die saarländische Landesregierung verlängerte die aktuelle Verordnung vorerst bis zum 31. März. Dies sei vorsorglich geschehen, um auf die möglichen Änderungen des Bundesgesetzes kurzfristig reagieren zu können, teilte das Gesundheitsministerium des Bundeslandes mit.
Berlin bleibt bei Maßnahmen bis Ende März
Berlin will die bisher geltenden Corona-Maßnahmen bis zum 31. März beibehalten. Darauf hat sich der Senat verständigt. Demnach soll es nur wenige Basis-Schutzmaßnahmen geben. Dazu zählen die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr sowie in Krankenhäusern und Altenpflegeheimen.
Für bestimmte Bereiche kann auch eine Testpflicht fortbestehen. Nach Angaben der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey soll in Schulen das Testen aus Sicherheitsgründen auch nach dem 1. April fortgeführt werden. Ein endgültiger Beschluss über die Umsetzung werde nach den Entscheidungen im Bundestag und Bundesrat getroffen.
Weitere Beschränkungen auch im Norden
Auch im Norden sind Verlängerungen der derzeitigen Corona-Maßnahmen geplant. Mecklenburg-Vorpommern hatte einen solchen Schritt bereits angekündigt. In Hamburg soll laut Gesundheitsbehörde die jetzige Verordnung an diesem Freitag unverändert verlängert werden. Hintergrund ist auch das Ende der Frühjahrsferien mit einem erwarteten Anstieg der Infektionszahlen, das in der Hansestadt ansonsten mit einem weitgehenden Ende der Maßnahmen am 20. März zusammenfallen würde. In Niedersachsen will die Landesregierung im Laufe der Woche eine Übergangsverordnung vorstellen, die bis 2. April gelten soll.
Auch Nordrhein-Westfalen plant nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa, die mögliche Übergangsregelung bis zum 2. April zu nutzen. Mit einer konkreten Entscheidung der CDU/FDP-Landesregierung wird aber erst gerechnet, wenn der Bundestag über das künftige Infektionsschutzgesetz abgestimmt hat. Erwartet wird unter anderem, dass in NRW die Maskenpflicht in Schulen weiter gelten soll.
Maskenpflicht in mehr Bereichen als geplant
Bei den Verhandlungen über das neue Infektionsschutzgesetz einigte sich die Koalition darauf, dass nach dem Auslaufen der bisherigen Schutzmaßnahmen am 19. März die Maskenpflicht künftig in mehr Bereichen als bisher geplant gelten kann. Das erfuhr das ARD-Hauptstadtstudio aus Koalitionskreisen. Zuerst hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet.
Demnach soll die Pflicht zum Tragen einer Schutzmaske nicht nur in Kliniken, Pflegeheimen und dem öffentlichen Personenverkehr möglich sein, sondern auch in Arztpraxen, in Tageskliniken, bei Rettungsdiensten, in Einrichtungen für ambulantes Operieren sowie in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt.
Zweiwöchige Übergangsphase
Der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) vorgelegte Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz sieht eine zweiwöchige Übergangszeit vor, um Regelungs- und Schutzlücken zu vermeiden. Demnach können bisherige Regelungen der Länder wie weitergehende Maskenpflichten oder Zugangsregeln wie 2G und 3G bis 2. April bestehen bleiben - ausgenommen etwa Kontaktbeschränkungen oder Teilnahmeobergrenzen für Veranstaltungen. Die Übergangszeit soll auch genutzt werden können, um neue Regeln zu beschließen.
Im Bundestag soll der Entwurf an diesem Mittwoch erstmals beraten und bereits am Freitag beschlossen werden. Am Donnerstag wollen die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Lage beraten.
Lauterbach ermunterte die Länder, die Übergangsfrist zu nutzen. Anschließend könnten sie auf die geplanten Regelungen für Regionen mit hoher Inzidenz setzen. "Die Länder müssen es anpacken. Das haben jetzt einige Länder, zum Beispiel Brandenburg, auch getan. Die gehen nach vorne und sagen: Wir verlängern fast alles, was wir haben, und dann nehmen wir die neuen Hotspot-Regelungen", sagte er im ARD-Morgenmagazin.
Kritik an den Plänen
SPD und Grüne machten deutlich, dass sie mit dem Gesetz unzufrieden sind. "Sie wissen, dass ein Koalitionspartner hier offensichtlich andere Ansichten hat über das Infektionsgeschehen und die notwendigen Restriktionen, die wir glauben, auch weiterhin in Deutschland sehen zu müssen", sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich mit Blick auf die FDP. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann erklärte, ihre Partei hätte sich einen "umfangreicheren Basisschutz" vorstellen können. Das sei mit einem der beiden Koalitionspartner aber nicht zu machen gewesen.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Der Bundestag darf bei der Novelle nicht die Vernunft begraben." Setze sich die radikale "Freedom-Day"-Fraktion durch, dann seien bei der aktuellen Inzidenz täglich Hunderte Tote zu erwarten.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisierte das neue Infektionsschutzgesetz scharf: "Eine großzügige Lockerung der Corona-Maßnahmen ist angesichts neuer Rekordwerte bei den Infektionszahlen schwer zu verantworten. Sie widerspricht auch vorherigen politischen Ankündigungen", erklärte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Er forderte Fortschritte bei der Impfquote, die nach wie vor deutlich zu niedrig sei.