Stufenweise Einführung CDU-Parteitag beschließt Frauenquote
Seit Jahrzehnten hat die Partei darüber gestritten - nun haben die Christdemokraten auf ihrem Parteitag eine Frauenquote bei der Vergabe von Parteiämtern beschlossen. Die Regelung soll bis 2029 befristet sein.
Die CDU hat sich auf ihrem Bundesparteitag in Hannover mit großer Mehrheit für die Einführung einer abgestuften Frauenquote in der Partei entschieden. Die Delegierten votierte am Freitagabend mit 559 Stimmen gegen 409 Stimmen für einen Kompromissvorschlag des Bundesvorstands. Ab dem kommenden Jahr müssen damit bei Vorständen ab der Kreisebene ein Drittel der Posten mit Frauen besetzt werden, ab 2024 sind es 40 Prozent und ab Mitte 2025 dann 50 Prozent.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich zuvor eindringlich gegen einen Vorschlag ausgesprochen, die Abstimmung zu verschieben. Der Kreisverband Vechta hatte gefordert, zunächst eine Mitgliederbefragung abzuhalten und dann später auf einem anderen Parteitag zu entscheiden. Der Antrag wurde per Handzeichen mit großer Mehrheit abgelehnt.
Wüst, Günther und Kramp-Karrenbauer für Quote
In der Debatte zur Frauenquote äußerten sich 36 Rednerinnen und Redner, darunter sechs Männer. Die Gegner einer Quote - darunter viele junge Frauen - führten an, diese sei nur Symbolpolitik. Problematisch sei nicht der Einstieg in die Politik, sondern die Vereinbarkeit von Familie und politischem Engagement. Es dürfe nicht eine Gruppe über andere in der Partei gestellt werden, dies sei eine erzwungene Umverteilung von Ämtern.
Die Befürworter, zu denen die Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (Nordrhein-Westfalen) und Daniel Günther (Schleswig-Holstein) sowie die frühere Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer zählten, betonten hingegen, es gehe darum, Frauen mehr Chancen zu ermöglichen. Außerdem arbeiteten gemischte Teams kreativer und erfolgreicher.
Merz, der als letzter Redner das Wort ergriff, sagte, es gehe "um ein Signal nach draußen, dass wir dieses Thema ernst nehmen". Mehr als 50 Prozent der Wähler seien in Deutschland Frauen. Er rief: "Ist das unser Ernst, dass wir dieses Problem praktisch ausblenden und sagen, wir müssen hier nicht über eine Lösung reden?"
CDU unterdurchschnittlich weiblich
Die CDU hat sowohl unter den Mitgliedern als auch in Parlamenten einen unterdurchschnittlichen Frauenanteil - im Bundestag sind es 23,5 Prozent. Die nun beschlossene Regel soll zu Jahresende 2029 auslaufen. Merz hatte vehement für die Annahme des Vorschlags des Bundesvorstands geworben. 37,4 Prozent der Delegierten des Parteitages in Hannover sind Frauen.
Für den Parteichef - seit etwa sieben Monaten im Amt - war die Abstimmung eine erste Bewährungsprobe. Vor allem der Wirtschaftsflügel und der Parteinachwuchs von der Jungen Union lehnen die Frauenquote vehement ab.
In seiner Parteitagsrede war Merz zuvor mit der Ampelkoalition hart ins Gericht gegangen - wegen ihres Umgangs mit der Energiekrise. "Gerade in einer solchen Zeit, in der Führung, klarer Kurs und Handeln gefordert ist, leistet sich unser Land eine der wohl schwächsten Bundesregierungen aller Zeiten", sagte er. Mit Blick auf aktuelle Umfragewerte betonte Merz: "Wir sind zurück auf Platz eins unter den deutschen Parteien."
Merz wettert gegen Ampel
Merz sagte, wenn vom Parteitag die richtigen Signale ausgingen, könne dies dazu beitragen, auch die Wahl in Niedersachsen am 9. Oktober mit CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann zu gewinnen. So könne 2022 "eines der erfolgreichsten Jahre unserer Parteigeschichte" werden.
Merz verlangte von Scholz eine Kurskorrektur in der Energiepolitik. "Stoppen Sie dieses rot-grün-gelbe Narrenschiff auf diesem Kurs, auf dem Sie sind", rief er unter dem Jubel der Delegierten. Vorwürfe aus der Ampel, die Union sei mit ihrer Politik der vergangenen 16 Jahre alleine verantwortlich für die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas, wies Merz scharf zurück. 20 von 24 der vergangenen Jahre hätten Sozialdemokraten in Deutschland mitregiert. "Sie tragen mindestens genauso dieselbe Verantwortung für diese Dummheit und für diese Naivität und für diese Fehler."
CDU-Papier zu Energiekrise
In einem am Abend beschlossen Papier fordert die CDU ihrerseits eine größere staatliche Kontrolle über die Gasspeicher in Deutschland, die Abschaffung der Gasumlage und einen festgesetzten Preis für einen Gas-Grundbedarf für private Haushalte. "Die Gasspeicher, die aktuell in russischer Beteiligung sind, müssen dauerhaft in nationale Verantwortung übernommen werden." Zudem solle der Verkauf von Gasspeichern an ausländische Investoren untersagt werden.
Zudem beschloss der Parteitag die Forderung nach einem Preisdeckel für einen Grundbedarf an Strom und Gas für private Haushalte. "Als Gas-Grundbedarf sollen 75 Prozent des Vorjahresverbrauchs gelten und hierfür ein Preis von zwölf Cent pro Kilowattstunde garantiert werden." Die CDU will auch eine Strompreisbremse, ohne dass Details genannt wurden.
Außerdem verlangt die Partei, dass die Regierung die zum 1. Oktober geplante Gasumlage nicht einführt. Sie belaste unverhältnismäßig stark private Haushalte und Unternehmen und treibe die Inflationsrate weiter nach oben. Falls Gasimporteure insolvenzgefährdet seien und unterstützt werden müssten, sollten sie direkt unterstützt werden.