Bundestagswahl 2025

Bundestagswahl 2025 Fernsehmarathon in Rekordzeit
Der Bundestagswahlkampf war kurz und intensiv. Fast täglich haben sich die Spitzenkandidaten im Fernsehen getroffen, gestritten und diskutiert. Zu zweit, zu viert oder auch in großer Runde. Gestern Abend das letzte Mal.
Wenn alle durcheinander reden, wird es schwer. Dann versteht keiner mehr etwas - und genau solche Momente gab es reichlich gestern Abend bei der "Schlussrunde" des Wahlkampfes in ARD und ZDF. Acht Parteien waren eingeladen, es wurde persönlich und hitzig.
Und es gab Überraschungen: Alice Weidel von der AfD sprach über die Wehrpflicht. Die will ihre Partei zwar wieder einführen. Neu ist aber, dass junge Männer zwei Jahre zur Bundeswehr gehen sollen.
Diesmal ging es auch um Themen, die sonst zu kurz gekommen waren: Gesundheit, Pflege und Klimaschutz. Die Union nannte das Heizungsgesetz der Ampel ein Fiasko. Beim Thema Pflege forderte die SPD, den Eigenbetrag bei 1.000 Euro zu deckeln. Und die FDP kritisierte, dass alle anderen zu viel Geld ausgeben wollten.
Politiker unter besonderer Beobachtung
Es war ein Fernsehmarathon in Rekordzeit - in diesem Wahlkampf, in dem alles schneller gehen muss. Alles kann da wichtig sein: ein Aussetzer, ein falsches Wort, ein Lachen an der falschen Stelle. Politiker stehen im Wahlkampf unter besonderer Beobachtung.
"Der Fernsehwahlkampf war ja diesmal so intensiv wie nie", sagt die Politikwissenschaftlerin Sabine Kropp von der Freien Universität Berlin. Da die Sendungen sehr lange dauerten - bis zu zwei Stunden - hätten die Wähler die Möglichkeit gehabt, sich auch über persönliche Eigenschaften der Kandidaten zu informieren. "Wie Glaubwürdigkeit, Führungsfähigkeit, Standfestigkeit. Oder auch über deren persönliches und sympathisches oder auch unsympathisches Auftreten."
Diskussionen vor Millionen
Scholz, Merz, Habeck, Weidel, Lindner, van Aken, Wagenknecht und all die anderen haben über viele Stunden miteinander diskutiert - vor einem Millionenpublikum. Da war ein angriffslustiger Bundeskanzler, der fragte: "Warum soll man so doof sein?" Ein CDU-Herausforderer Friedrich Merz, der Olaf Scholz vorwarf, er lebe in einem "Märchenschloss". Ein Robert Habeck von den Grünen, der sich über die schlechte Stimmung beschwerte, und eine AfD-Chefin Alice Weidel, die gegen alle schoss.
Zu sehen war ein Kanzler, den viele schon abgeschrieben hatten, der aber doch teilweise punkten konnte. Und der sich manchmal mit seinem CDU-Herausforderer Merz einig war. Auch wenn ein Streitthema des Wahlkampfes immer wieder aufflammte: Scholz warf Merz vor, er habe sein Wort gebrochen und Mehrheiten mit der AfD gesucht. Der CDU-Chef wies das zurück.
Je größer die Runde, desto mehr Emotionen
Wenn die zwei sich stritten, dann freute sich die Dritte. AfD-Chefin Weidel sprach in einer Runde darüber, dass ihre Partei Freunde in West und Ost hat. Sie meint Russland, die Ukraine und auch China. "Deutschland würde es besser zu Gesicht stehen, ein neutraler Mittler zu sein", sagte Weidel. Und Merz entgegnete: "Nein, Frau Weidel. Wir sind nicht neutral. Wir stehen nicht dazwischen. Wir sind auf der Seite der Ukraine." Es war auch ein Moment, in dem sich zeigte, dass auf der einen Seite Union, SPD und Grüne stehen und sich bei allem Streit ziemlich einig sind - auf der anderen Seite die AfD.
Davon erzählten auch die Emotionen. Die kochten umso höher, je größer eine Runde war. Weidel beschwerte sich, als sie "Nazi" genannt wurde. Ihr Co-Sprecher Tino Chrupalla bekam vom Linken-Chef Jan van Aken an den Kopf geworfen: "Jetzt halten Sie doch mal Ihren rechten Rand!"
Lindner beschwerte sich, Pfiffe gegen Weidel
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner warf ein, man dürfe auch mal einen Hinweis geben, und beschwerte sich über zu wenig Sendezeit im ZDF. Er sei nur bei der Runde der Kleinen dabei gewesen. Die Moderatorin wies ihn darauf hin: Mit vier Prozent gehöre er zu den Kleinen. Eine Szene, die gern geteilt worden ist.
Wie auch die von AfD-Chefin Weidel, die im ZDF auf eine kritische Frage eines Pflegeheimleiters genervt reagierte: "Ich habe den Eindruck, dass Sie mir nicht zugehört haben, dass Sie unser Wahlprogramm nicht gelesen haben. Und dass Sie das, was Sie gerade sagen, auswendig gelernt haben." Es folgten Pfiffe aus dem Publikum.
Der Wahlkampf war hart, teilweise persönlich
Es war Empathie gefragt, so fasst es Politikwissenschaftlerin Kropp zusammen. Außerdem seien in den Sendungen mit Publikum Themen wie Wohnen, Bildung oder Renten zurück in den Wahlkampf geholt worden. "Dabei ist auch deutlich geworden, dass die Zuschauer den teilweise umfassenden Wahlversprechen nur bedingt Glauben schenken - also realistischer sind als die Kampagnen selbst."
Der Wahlkampf war hart, teilweise persönlich. Es wurde erbittert gestritten, aber manchmal auch gelacht. Im RTL-Quadrell freute sich der Kanzler besonders, als er eine Frage von Günter Jauch, gestellt wie in der Quizsendung "Wer wird Millionär", richtig beantwortet hatte - denn nichts will Olaf Scholz mehr als eine Runde weiterkommen. Wir erfuhren, dass Scholz bei jungen Frauen angeblich besser ankommt als Merz. Der wiederum gestand, dass er lieber noch Jahrzehnte in der Opposition bleibt als einmal ins Dschungelcamp zu gehen.
Schon am Wahlabend werden sie sich alle wiedersehen. Im Fernsehen. Und bei einem Punkt sind sich Kanzler Scholz und Herausforderer Merz jetzt schon einig. Dass sie zusammen in einer Regierung landen, halten beide für relativ unwahrscheinlich - resümierte Merz. Und Scholz stimmte zu: "Wo er Recht hat, hat er Recht."