Bundestagswahl Union stellt Wahlprogramm vor
Knapp 100 Tage vor der Bundestagswahl wollen CDU-Chef Laschet und CSU-Chef Söder heute das gemeinsame Wahlprogramm vorstellen. Bei einer Klausur demonstrierten beide Einigkeit. Die letzten Streitpunkte scheinen ausgeräumt.
Als letzte der großen Parteien wollen CDU und CSU heute ihr Wahlprogramm vorstellen. Knapp 100 Tage vor der Wahl am 26. September demonstrierten CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder Geschlossenheit und attackierten die politischen Gegner von Grünen und SPD scharf. "Unser Anspruch ist, ein Programm zu machen für ein modernes Deutschland", sagte Unions-Kanzlerkandidat Laschet bei einem Auftritt mit CSU-Chef Söder vor den Schlussberatungen der Union über das gemeinsame Wahlprogramm in Berlin.
Aus dem nach dem Treffen der Präsidien verschickten aktuellen Entwurf geht hervor, dass die Spitzen von CDU und CSU die Wahl mit einer Absage an Steuererhöhungen und einer Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen gewinnen wollen. "Gerade nach der Pandemie sind Steuererhöhungen der falsche Weg. Sie stehen dem notwendigen Aufschwung unserer Wirtschaft entgegen", heißt es in dem Papier, berichtete die Nachrichtenagentur dpa.
Weitere Kernpunkte sind: der Erhalt des Industriestandorts Deutschland bei gleichzeitiger Stärkung des Klimaschutzes und die Ausarbeitung eines Konzepts zur Sicherung der Rente über das Jahr 2030 hinaus.
140 Seiten Wahlprogramm
Die Union verspricht: "Wir werden den Solidaritätszuschlag für alle schrittweise abschaffen und gleichzeitig kleine und mittlere Einkommen bei der Einkommensteuer entlasten." Das Papier ist mit einem Umfang von knapp 140 Seiten deutlich gestraffter als zuletzt kursierende Entwürfe. Es trägt den Titel: "Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland."
Laschet und Söder wollen das Programm am Nachmittag vorstellen; es ist ihr erster größerer gemeinsamer Auftritt nach dem Machtkampf um die Kanzlerkandidatur. Zuvor sollen die Vorstände beider Parteien online zu der Klausur zugeschaltet werden und über das Papier abstimmen.
Keine Mütterrente, keine Steuererhöhungen
Laut Söder sind alle Punkte des Wahlprogramms zwischen CDU und CSU geeint, einzig die von ihm verlangte Aufstockung der Mütterrente stehe nicht im Unions-Wahlprogramm. Er hoffe, dass das Thema in Koalitionsverhandlungen diskutiert werden könne. Damit signalisierte Söder, dass es in den Verhandlungen mit der CDU über das Wahlprogramm bei diesem Thema keinen Streit mehr geben wird.
In dem neuesten Entwurf verspricht die Union unter anderem, trotz der immensen Staatsschulden wegen der Corona-Pandemie auf Steuererhöhungen zu verzichten. Überlegungen zur Einführung neuer Substanzsteuern wie der Vermögensteuer oder der Erhöhung der Erbschaftssteuer trete man entschieden entgegen. "Beides würde vor allem auch die wirtschaftliche Substanz Deutschlands gefährden und Arbeitsplätze kosten."
Weniger Bürokratiekosten, neue Altersvorsorge
In einem "Entfesselungspaket" für die Wirtschaft wird eine "wettbewerbsfähige Unternehmenssteuer" angekündigt. "Wir wollen die Steuerlast für Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, perspektivisch auf 25 Prozent deckeln", heißt es in dem Papier. Unternehmen sollten von Bürokratiekosten in Milliardenhöhe entlastet werden. Die Lohnzusatzkosten sollen demnach "auf einem stabilen Niveau von maximal 40 Prozent" gehalten werden. Die Minijobgrenze von 450 Euro soll auf 550 Euro erhöht werden.
Die Union will nach dem Entwurf zudem ein Konzept entwickeln, um eine neue Form der kapitalgedeckten Altersvorsorge zu etablieren. "Dafür kann eine Generationenrente für eine Altersvorsorge von Geburt an ein guter Baustein sein", heißt es in dem Papier. Man wolle prüfen, wie man eine solche Generationenrente mit einem staatlichen Monatsbeitrag zur Anlage in einen Pensionsfonds mit Schutz vor staatlichem Zugriff ausgestalten könne.
Attacken gegen andere Parteien
Eindringlich warnte Laschet vor einem rot-rot-grünen Bündnis oder einer Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP nach der Wahl. Beide Konstellationen könnten das Modernisierungsjahrzehnt nicht gestalten. "Dazu ist Seriosität im Regierungshandeln und eine Vision der Modernisierung erforderlich." Deshalb sei "diese Kombination keine gute für Deutschland", sagte Laschet. "Es darf kein Bündnis gegen die Union gebildet werden." CSU-Chef Söder sagte: "Deutschland ist immer stark geführt worden, wenn CDU und CSU geschlossen waren."
Der Machtkampf um die Kanzlerkandidatur belaste weder das Verhältnis der Parteien noch das von ihm und Laschet persönlich, sagte Söder: "Zwischen uns ist die Welt heil. Wir wollen, dass die Union erfolgreich ist." Die gemeinsame Klausur für das Wahlprogramm sei sowohl der inhaltliche als auch der atmosphärische Auftakt des Wahlkampfs.
Kritik von Linkspartei und Grünen
Die Linkspartei kritisierte das Programm der Union als eine "Mogelpackung". "Das einzige deutliche Versprechen sind Steuersenkungen für Gutverdiener und das Versprechen, keine Vermögensteuer einzuführen. Damit sind Sozialabbau und Rentenraub in eine etwaige CDU-Kanzlerschaft bereits eingepreist", sagte die Co-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Kritik gab es auch von den Grünen: "Im Entwurf zum Wahlprogramm findet man über 110 finanzwirksame Versprechungen. Entweder Armin Laschet will ein gigantisches Schuldenprogramm auflegen oder das sind vielfach ungedeckte Schecks", sagte der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer der "Augsburger Allgemeinen".