Jahresbilanz 2010 - CDU Eine Frau, eine Partei
"Stuttgart 21", ein neuer Bundespräsident, Rücktritte: Für die CDU war 2010 stürmisch. Dass die Partei dennoch stabil ist, liegt an ihrer Vorsitzenden. Angela Merkel hat innerparteiliche Konkurrenten ver- oder entsorgt und die neue Parteiführung in die Regierung eingebunden.
Von Frank Wahlig, SWR, ARD-Hauptstadtstudio
Wenn Angela Merkel unter dem Weihnachtsbaum Rückschau halten sollte, wird ihr dabei wahrscheinlich ein "Uff" entfahren. Nochmal gut gegangen - wieder einmal gut gegangen.
Die Frau und ihre Partei sind schon ein Phänomen. Die Union ist in Umfragen so stark wie lange nicht mehr. Das liegt nicht nur daran, dass die politische Konkurrenz in Berlin in dem Zustand ist, in dem sie ist. Es liegt auch nicht daran, dass der Kollege aus Bayern offenbar keine Kraft mehr zum Streiten hat. Es liegt an Angela Merkel und an der Geduld - oder soll man sagen - an der Trägheit ihrer eigenen Partei.
Konkurrenten - versorgt und entsorgt
Die Kanzlerin bestimmte, wer Bundespräsident werden soll. Sie versorgte den baden-württembergischen Ministerpräsidenten und CDU-Landeschef Günter Oettinger mit einem Job in Brüssel. Sie organisierte die Veränderungen innerhalb der Partei. Und siehe da: Die ehemals politischen Schwergewichte, die Kritiker, sie sind verschwunden. Versorgt, entsorgt. Die CDU ist ganz Merkel - keine Konkurrenten mehr.
Reaktion statt Aktion
Dabei ist politisch in diesem Land wenig gelaufen. Die Regierung war eher getriebene, denn handelnde. Getrieben durch die Krise der Euro-Staaten und ihrer Währung, getrieben durch die Gefahr des Terrorismus. Die Regierung reagiert, die Partei folgt. Merkel sagt, es gäbe keine Alternative zu diesem oder zu jenem. Merkel hat erreicht, dass die neue Parteiführung in die Regierungsarbeit eingebunden ist. Das sichert Abhängigkeiten und sorgt auch für Ruhe.
Waren früher die Landesfürsten gefürchtet, weil in gewisser Weise doch unabhängig, sind heute alle an der Person Angela Merkels orientiert. Sie ist Mittelpunkt und Machtzentrum. Sie kann belohnen, sie kann auch abstrafen. Aus der Partei gibt es kaum Widerworte, da werden keine Alternativen zum Regierungshandeln formulieren. Denn es gibt keine Alternative zu Merkel. Weder als Kanzlerin, noch als Parteivorsitzende, noch als Stichwortgeberin. So kann man es auch machen.
Zum Jahresende 2010 zieht tagesschau.de Bilanz. Welche Politiker haben in den vergangenen zwölf Monaten für Schlagzeilen gesorgt, welche Themen haben die Agenda bestimmt und wie hat sich die Parteienlandschaft verändert? Reporter aus dem ARD-Hauptstadtstudio blicken zurück auf ein Jahr, das geprägt war von überraschenden Rücktritten, unerwarteten Popularitätszuwächsen und Reformen, die die politische Landschaft verändern.
Merkel braucht kein "Basta!"
Ihr Vorgänger im Kanzleramt, Gerhard Schröder, gebrauchte den Begriff "Basta". Aber aus der SPD war wenigstens noch ein gewisses Murren zu vernehmen. Wenn Angela Merkel ihre Weihnachtspost öffnet, liest sie viele Ergebenheitsadressen. Das ist auch richtig so. Die Partei hat sich ihr ergeben. Da ist sie Helmut Kohl gar nicht so unähnlich. Kohl beherrschte Partei und das Land bis zum Überdruss. Das dauerte 16 Jahre.