Asylstreit Maximal genervt
Während sich die Union streitet, sind der Koalitionspartner SPD und die Opposition nur noch genervt. Die Asylfrage halten sie für ein Wahlkampfthema. Einer fordert sogar den Rauswurf von Innenminister Seehofer.
Der Koalitionspartner ist maximal genervt. Der Asylstreit in der Union sei brandgefährlich für Deutschland und Europa, schimpft SPD-Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel. "Wir schauen ja im Moment zu, wie sich die beiden Unionsparteien wirklich zerlegen. Auf Grund von persönlichen Zerwürfnissen. Und das geht in einer Koalition nicht."
Alleingang oder europäische Lösung?
Zumal es Streit um einen Plan gibt, über den alle reden, den aber kaum einer kennt. Klar ist, Kanzlerin und Innenminister haben ein grundsätzliches Problem: Soll Deutschland in der Flüchtlingsfrage einen Alleingang starten? Das will Horst Seehofer. Oder weiter auf europäische Lösungen setzen? Das ist der Plan von Angela Merkel. Die Unterstützung der SPD habe sie dabei, so Schäfer-Gümbel im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
Er vermutet hinter dem offenen Streit einen unausgesprochenen Konflikt: "Das einzige Thema, um das es im Moment geht, ist der 14. Oktober und die bayerische Landtagswahl. Das ist eine absurde Strategie. Ich will offen sagen, der gefährlichste Satz von Herrn Söder in der letzten Woche war: Dass man jetzt das Ende des institutionalen Multilateralismus sieht."
Söder glaubt nicht an europäische Lösung
Übersetzt heiße das: Der bayerische Ministerpräsident glaube nicht mehr an eine europäische Integration. Und tatsächlich lassen sich die jüngsten Äußerungen Söders so deuten: An eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage glaube er nicht: "Weil Deutschland Im Jahr 2015 mit einer einseitigen, nationalen Entscheidung, seine Grenzen aufzumachen, die europäischen Partner damals allein gelassen hat. Insofern glaube ich nicht, dass etwas wirklich Substantielles passieren kann."
Zahl der Asylsuchenden sinkt weiter
Deshalb müsse Deutschland einen Alleingang starten und Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückweisen. Wie das konkret funktionieren soll, bleibt derzeit Geheimnis der CSU. Und auch, ob es tatsächlich ein drängendes Problem ist. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen jedenfalls hat errechnet: Die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland sinkt weiter - im ersten Quartal erneut um 16 Prozent.
Auch deshalb fordert NRW-Ministerpräsident Armin Laschet von der CDU, den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen: "Es ist nicht gut, wenn man so streitet. Das macht übrigens auch nur die Extreme stark. Die Umfrageergebnisse der letzten Tage haben wir alle erlebt. Und deshalb ist eine Sachlösung immer das beste Mittel."
Oppositionsparteien fordern Beilegung des Streits
Selbst die Opposition ruft die Union dazu auf, ihren Streit beizulegen. Der sei nur aufgeschoben, finden FDP, Linkspartei und Grüne. Sie wollen, dass Seehofer seinen Plan zur Integration endlich vorlegt. Die AfD behauptet als einzige Partei, den Plan zu kennen: Er sei aus dem Parteiprogramm abgeschrieben. Einen nationalen Alleingang favorisiert neben den Rechtspopulisten auch die FDP.
Die Linkspartei hält ihn für nicht durchsetzbar. Und Fraktionschef Dietmar Bartsch forderte die Union auf, ihren Streit beizulegen. "Und wenn sie keine Lösung kriegen, dann muss Frau Merkel handeln, ihre Position durchsetzen. Dann muss Herr Seehofer entlassen werden."
Während Opposition und Koalitionspartner also genervt vom Unionsstreit sind, müht sich die Kanzlerin weiter um eine Lösung. Gestern sprach sie mit Italiens Regierungschef über ein bilaterales Asylabkommen - heute ist Frankreichs Präsident Macron in Berlin. Eigentlich geht es um ein gemeinsames Reformkonzept für die EU - doch das Thema Asylpolitik dürfte wohl die größere Rolle spielen.