Plan gegen Desinformation Ein Verhaltenskodex für Facebook
Die EU-Kommission hat einen Aktionsplan gegen Desinformation vorgestellt. Online-Plattformen sollen sich dazu verpflichten, stärker gegen irreführende Inhalte vorzugehen.
Die EU-Kommission will künftig die Verbreitung von Desinformation und Manipulation von öffentlichen Debatten in sozialen Medien durch neue Standards verhindern. Die Kommission forderte die Online-Plattformen auf, ihre Bemühungen zur Bekämpfung von Desinformation spürbar zu verstärken. So sollen die europäischen Werte und das demokratische System geschützt werden, teilte EU-Digitalkommissarin Mariya Gabriel in Brüssel mit.
Die Kommission schlägt einen Verhaltenskodex gegen Desinformation vor - geltend in der gesamten EU. Außerdem sollen journalistische Projekte unterstützt werden, die Fakten prüfen, über Desinformation aufklären und Instrumente für hochwertigen Journalismus entwickeln. Die Kommission schlägt vor, ein unabhängiges Netz von Faktenprüfern zu schaffen.
EU-Digitalkommissarin Gabriel stellte in Brüssel den Aktionsplan gegen Desinformation vor.
Im Sommer sollen Online-Plattformen und Medien auf freiwilliger Basis einen Verhaltenskodex erarbeiten. Dieser solle bereits im Juli 2018 veröffentlicht werden. Bereits im Oktober sollen diese Maßnahmen messbare Ergebnisse liefern. Sollten sich die Ergebnisse als nicht zufriedenstellend erweisen, könnte die Kommission weitere - auch regulatorische - Maßnahmen vorschlagen.
Vorgehen gegen Bots und Fake-Profile
Der Verhaltenskodex solle sich auch auf Bots erstrecken, indem klare Kennzeichnungsregeln und -systeme festgelegt werden, damit gewährleistet ist, dass ihre Aktivitäten nicht mit menschlicher Interaktion verwechselt werden können. Auch Plattformen müssten ihre Bemühungen zur Schließung von Scheinkonten intensivieren und deren Wirksamkeit nachweisen. Die Kommission kündigte außerdem an, man werde eine Europäische Woche der Medienkompetenz veranstalten.
Begriff Fake News zu ungenau
Die Kommission betont, der Begriff Fake News sei nicht angemessen, um das komplexe Phänomen zu beschreiben. Sie spricht daher von Desinformation. Dazu zählten nicht journalistische Fehler und Satire.
Zudem sei es wichtig, Transparenz bei Quellen zu schaffen, eine Medienvielfalt zu garantieren, Glaubwürdigkeit zu vermitteln und beim Kampf gegen Desinformation gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren nach Lösungen zu suchen.
Desinformation untergräbt das Vertrauen in die Institutionen und in digitale und traditionelle Medien. Sie schadet unseren Demokratien, da die Bürger keine fundierten Entscheidungen mehr treffen können. Sie kann polarisieren, gesellschaftliche Spannungen hervorrufen oder vertiefen sowie Wahlsysteme unterminieren und sich so im weitesten Sinne auf die Sicherheit in Europa auswirken. (EU-Kommission zu ihren Maßnahmen)
Expertengruppe hatte Vorschläge erarbeitet
Die Vorschläge der EU-Kommission basieren auf Empfehlungen einer Expertenkommission, die Selbstverpflichtungen der sozialen Netzwerke und eine Stärkung von Qualitätsmedien mit vertrauenswürdigen Informationen gefordert hatten.
Die Vorschläge der "High Level Group" mit 39 Experten - darunter Wissenschaftler, Journalisten und Vertreter von Konzernen wie Google, Twitter oder Facebook - hatte ausgeführt, Qualitätsjournalismus solle gefördert und Medienvielfalt erhalten bleiben, um Desinformation zu kontern. Möglich wären zum Beispiel Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer oder andere Steuervorteile für Medien.
Zudem plädieren die Experten dafür, dass soziale Netzwerke in Zusammenarbeit mit Medien die Inhalte glaubwürdiger Quellen für die Nutzer besser sichtbar machen. Dies soll Teil eines "Prinzipien-Kodex" sein, also einer Art Selbstverpflichtung. Darin sollten die Netzwerke auch zusagen, mehr Einblick in ihre Werbepraktiken und die Verarbeitung von Nutzerdaten zu geben. Auch sollten sie Benutzereinstellungen verfeinern. Wenn möglich, sollte neben Nachrichten auf ergänzende Angebote hingewiesen werden.
Gezielte Falschnachrichten im Internet hatten zuletzt unter anderem in Wahlkämpfen für Unruhe gesorgt. Laut einer neuen Umfrage im Eurobarometer sind auch viele Bürger besorgt. So sagten 83 Prozent der rund 26.000 Teilnehmer, das Phänomen sei eine Bedrohung für die Demokratie. Traditionelle Medien gelten demnach als relativ glaubwürdige Nachrichtenquellen: Im Eurobarometer nannten 70 Prozent Radio, 66 Prozent Fernsehen und 63 Prozent Printmedien, während reine Onlinequellen nur bei 26 bis 27 Prozent Vertrauen genossen.