Europawahl 2024
Prognosen und Hochrechnungen zur Europawahl Front National gewinnt in Frankreich
Der rechtsextreme Front National von Marine Le Pen hat die Europawahl in Frankreich deutlich gewonnen. Die Partei holte 26 Prozent der Stimmen - das sind rund 20 Prozentpunkte mehr als 2009. Auch in anderen Ländern gewannen rechtspopulistische Parteien dazu.
In Frankreich hat der rechtsextreme Front National von Marine Le Pen die meisten Stimmen bei der Europawahl geholt. Die Partei bekam laut vorläufigem Ergebnis des Innenministeriums 26 Prozent. Bei der vorangegangenen Wahl 2009 lag der FN noch bei 6,3 Prozent.
Die regierenden Sozialisten von Präsident François Hollande mussten mit 13,9 Prozent erneut eine schwere Schlappe hinnehmen (2009: 16,5 Prozent). Die konservative UMP wurde mit 20,7 Prozent zweitstärkste Kraft, musste aber auch Verluste verkraften (2009: 27,9 Prozent).
Le Pen fordert Neuwahlen in Frankreich
Angesichts des starken Abschneidens ihrer Partei forderte Le Pen Neuwahlen in Frankreich. Das Parlament in Paris sei nicht mehr repräsentativ für den Willen des Volke, sagte sie.
Frankreichs Regierungschef Manuel Valls sprach von einem "ernsten Moment für Frankreich und Europa". Das Ergebnis sei ein Schock für alle in der Politik Verantwortlichen. Umweltministerin Ségolène Royal machte eine "gigantische Wut" bei den französischen Wähler aus.
Erfolge für Rechtspopulisten auch in anderen Ländern
Auch in anderen europäischen Ländern konnten rechtspopulistische Parteien Stimmen dazugewinnen. In Dänemark wurde die rechtspopulistische Dänische Volkspartei stärkste Kraft. Nach einer Prognose, die der dänische Rundfunksender DR veröffentlichte, bekam die Partei 23,1 Prozent der Stimmen. Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt landeten demnach mit 20,2 Prozent der Stimmen nur auf Platz zwei.
In Finnland holte die Partei "Wahre Finnen" laut Prognosen 12,8 Prozent. In Österreich steigerte sich die FPÖ laut vorläufigem Ergebnis auf 20,5 Prozent, knapp acht Punkte mehr als 2009. In Schweden erreichten die rechtspopulistischen Schwedendemokraten sieben Prozent und bekommen damit wohl zum ersten Mal einen Sitz im Europaparlament.
Regierungspartei in Italien vorne
In Italien galt die Europawahl als wichtiger Test für Regierungschef Matteo Renzi. Laut ersten Prognosen geht seine Demokratische Partei (PD) mit bis zu 33 Prozent als stärkste Kraft hervor. Dahinter folgt die populistische und europaskeptische Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) des Komikers Beppe Grillo, die bei ihrer ersten Europawahl auf bis zu 28 Prozent der Stimmen kam.
Die konservative Oppositionspartei Forza Italia (FI) des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi rutschte mit bis zu 20 Prozent auf Platz drei. Erneut den Einzug ins Parlament schaffen könnte die rechtspopulistische Lega Nord, die vier Prozentpunkte verlor und bei 6,0 Prozent stand.
Niederlande: Wilders verliert
Auch in den Niederlanden setzten sich die europafreundlichen Kräfte durch. Stärkste Partei wurden laut vorläufigem Endergebnis die Christdemokraten, die fünf Mandate erzielten. Die linksliberale Partei D66 wird mit vier Abgeordneten ins EU-Parlament einziehen. Die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders wurde mit derzeit 13,2 Prozent drittstärkste Kraft und gewinnt demnach vier Mandate. Insgesamt stellen die Niederlande 26 Abgeordnete im Europaparlament.
In Ungarn liegt erwartungsgemäß die regierende rechtskonservative Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban vorn. Sie erhielt laut Wahlkommission 51,5 Prozent der Stimmen und sicherte sich damit zwölf der 21 Mandate, die auf Ungarn entfallen. Die Wahlbeteiligung lag mit 28 Prozent unter jener der zwei Europawahlen, an denen Ungarn bisher teilgenommen hat.
Prognose aus Griechenland sieht Linksbündnis vorn
In Griechenland wurde das oppositionelle Bündnis der radikalen Linken, "Syriza", Prognosen zufolge stärkste Kraft. Es kam demnach auf 26 bis 30 Prozent. Die zusammen mit den Sozialisten regierende konservative Nea Dimokratia landete laut Prognosen mit 23 bis 27 Prozent auf dem zweiten Platz. Drittstärkste Kraft könnte demnach die rechtsradikale Goldene Morgenröte mit acht bis zehn Prozent werden.
In Lettland, Slowenien und vielen anderen Ländern lagen dagegen europafreundliche Parteien vorn.
Nationalisten in Bulgarien verpassen Einzug ins Parlament
In Bulgarien hat die oppositionelle bürgerliche Partei GERB einer ersten Prognose zufolge die Europawahl klar gewonnen. Sie erhielt demnach 29,9 Prozent der Stimmen, während die regierenden Sozialisten auf lediglich 19,7 Prozent kamen. Das teilte das Meinungsforschungsinstitut Gallup am Sonntag im bulgarischen Staatsradio auf der Basis von Nachwahlbefragungen mit. Die bislang im Europaparlament vertretene nationalistische Partei Ataka bekam nach dieser Prognose nur 3,1 Prozent der Stimmen und verpasste damit den Einzug ins Europaparlament.
Starkes Abschneiden der Europaskeptiker in Großbritannien
In Großbritannien zeichnete sich ein deutlicher Stimmenzuwachs für die rechtspopulistische Unabhängigkeitspartei UKIP ab, die einen Austritt aus der EU anstrebt. UKIP_Gründer Nigel Farrage verkündete bereits den Sieg: "Die UKIP wird diese Wahl gewinnen und ja, das wird ein Erdbeben sein", sagte er vor Journalisten. Zwar wurden keine Prognosen veröffentlicht - das gute Ergebnis der UKIP bei den Kommunalwahlen, die parallel stattfanden, deutet jedoch darauf hin, dass die Partei auch bei der Europawahl gut abgeschnitten haben dürfte.
Verluste für etablierte Parteien in Irland
In Irland, wo die Beteiligung immerhin bei um die 50 Prozent lag, verpassten die Wähler der Regierung bei der Europawahl einen Denkzettel. Die konservative Fine-Gael-Partei von Premierminister Enda Kenny kam nur auf 22 Prozent der Stimmen, die mitregierenden Sozialdemokraten erzielten gar nur sechs Prozent. Das bedeutet Verluste im zweistelligen Bereich im Vergleich zu früheren Wahlen. Starke Zugewinne verbuchten unabhängige Bewerber. Die linksgerichtete Sinn-Fein-Partei des Ex-IRA-Mannes Gerry Adams legte ebenfalls zu. Sie ist derzeit mit 17 Prozent drittstärkste Partei.
Wahlbeteiligung EU-weit bei 43,11 Prozent
400 Millionen Menschen in 28 Staaten waren aufgerufen, bei der Europawahl ihre Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung lag ersten Schätzungen zufolge EU-weit bei 43,11 Prozent. Bei der Europawahl im Jahr 2009 hatte die Beteiligung mit 43 Prozent einen historischen Tiefstand erreicht, nachdem sie zuvor stetig gesunken war.
Vor allem in den osteuropäischen Ländern war das Interesse eher gering. In der Slowakei nahmen nur 13 Prozent der Stimmberechtigten an der EU-Wahl teil, ein historischer Negativrekord. Auch 2009 war die Wahlbeteiligung in der Slowakei mit 19,6 Prozent die niedrigste aller EU-Länder. In Tschechien gingen 19,5 Prozent zur Wahl.
Am stärksten war die Wahlbeteiligung in Belgien und Luxemburg. Dort lag sie bei jeweils 90 Prozent. In beiden Ländern gibt es eine formelle Wahlpflicht.