Ermittlungen nach Anschlag Attentat offenbar mit islamistischem Hintergrund
Der Selbstmordattentäter von Ansbach sprengte sich offenbar aus islamistischen Motiven in die Luft. Ermittler fanden auf einem Handy ein Bekennervideo, in dem er einen Racheakt an Deutschen ankündigt. Auch die Terrormiliz IS beanspruchte einem Bericht zufolge die Tat des Syrers für sich.
Der Selbstmordanschlag von Ansbach hat offenbar einen islamistischen Hintergrund. Das gehe aus einem Bekennervideo auf dem Handy des Attentäters hervor, wie der bayerische Innenministers Joachim Herrmann mitteilte. In der Filmsequenz kündigt der 27-jährige Syrer einen Racheakt gegen Deutsche an. Er wolle Vergeltung üben, weil Deutsche Muslime umbrächten. Für Herrmann sei damit "unzweifelhaft" erwiesen, dass es sich "um einen Anschlag, um einen Terroranschlag mit entsprechend islamistischem Hintergrund" gehandelt habe.
In dem Video spricht der Täter arabisch. Einer ersten Übersetzung seiner Worte zufolge war er überzeugt, im Namen Allahs zu handeln. Außerdem bezeugt er laut Herrmann "seine Zugehörigkeit" zu Abu Bakr al-Baghdadi, einem Anführer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Herrmann zitierte aus dem Video: Es gebe Leute, die mit der Welt abgeschlossen hätten. Die Deutschen würden nicht mehr in Ruhe schlafen können.
Bericht: IS beansprucht Anschlag für sich
In der Wohnung des als Flüchtling nach Deutschland eingereisten Syrers seien insgesamt zwei Handys mit mehreren SIM-Karten und ein Laptop gefunden worden. Auf ihnen hätten die Ermittler Gewaltvideos mit islamistischer Ausrichtung und salafistischem Inhalt entdeckt. Trotzdem sei man mit den Ermittlungen über die Hintergründe der Tat "erst am Anfang", betonte Oberstaatsanwalt Michael Schrotberger. So müssten etwa mögliche Verbindungen zu Hintermännern geklärt werden.
Auch der IS selbst bezeichnete den Täter als einen ihm zugehörigen "Soldaten des Islamischen Staates", wie die der Terrormiliz nahestehende Nachrichtenagentur Amak unter Bezug auf eine nicht näher genannte IS-"Sicherheitsquelle" mitteilte. Demzufolge sei der Attentäter dem Ruf der Miliz gefolgt, die Koalition anzugreifen, die sich dem Kampf gegen den IS verschrieben habe.
Ermittlungen "erst am Anfang"
Der Täter hatte sich gestern Abend am Rande eines Musikfestivals in die Luft gesprengt. 15 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Es schwebt aber niemand in Lebensgefahr. Doch der Syrer hätte viel mehr Menschen verletzen oder gar töten können. Die Bombe, die er in einem Rucksack bei sich trug, sei mit einer Vorrichtung versehen gewesen, um viele Menschen töten zu können, sagte der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger. So sei der Sprengkörper mit scharfkantigen Metallteilen gefüllt gewesen. Wie Herrmann hinzufügte, wurden bei der Durchsuchung einer Asylunterkunft weitere Materialien gefunden, die zum Bau einer Bombe genutzt werden könnten - darunter etwa ein Lötkolben, Batterien, Drähte sowie einen mit Diesel gefüllten Benzinkanister und Salzsäure.
Mordversuch in 15 Fällen
Doch der Syrer gelangte nicht bis in die Publikumsmenge auf dem Open-Air-Konzert. Er besaß keine Eintrittskarte und wurde am Eingang abgewiesen, woraufhin er sich direkt am Eingang in die Luft sprengte. Die Metallteile in der Bombe seien über einen Radius von 20 Metern verstreut gewesen. Die Explosion habe die Hauptschlagader, Lunge und Leber des Mannes zerrissen, sagte Schrotberger. Diese Verletzungen hätten zum sofortigen Tod des Täters geführt. Aus Sicht des Oberstaatsanwalts stellt der Anschlag einen versuchten Mord in 15 Fällen sowie eine schwere staatsgefährdende Straftat dar.
Laut Schrotberger litt der Täter unter depressiven Episoden. Zudem habe er mehrmals versucht sich das Leben zu nehmen, weswegen er bereits Aufenthalte in einer psychiatrischen Klinik durchlaufen hatte. Wegen seines psychischen Zustands habe der 27-Jährige unter Betreuung gestanden.
Innenminister Herrmann zufolge war der Täter Anfang Juli 2014 nach Deutschland eingereist. Er stamme aus Aleppo. Bei der Obduktion seien Kriegsverletzungen entdeckt worden, hieß es von Fertinger weiter. So wurden in den Beinen und Füßen des Syrers Splitter gefunden. Unklar ist, ob diese Verletzungen auf einen militärischen Hintergrund des Täters hinweisen. Fertinger zeigte sich allerdings überzeugt: Der Mann hätte sicher gewusst, wie er sich alleine tötet.
Täter sollte Deutschland verlassen
Seit Februar 2015 galt er als geduldet, der Status wurde mehrmals verlängert. Bayerns Innenminister Herrmann sagte im ARD-Brennpunkt, der Mann hätte nach Bulgarien ausreisen sollen, weil er dort bereits als Flüchtling anerkannt worden war. Die Abschiebungsanordnung sei dann wegen gesundheitlicher Probleme vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufgehoben worden. Vor knapp zwei Wochen habe das BAMF den 27-Jährigen ein weiteres Mal aufgefordert, Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen. Ob dies den Mann dazu gebracht habe, jetzt zur Tat zu schreiten, "darüber können wir nur spekulieren", sagte Herrmann.