EU plant Reiseerleichterungen für Balkanstaaten Brüssel will Visafreiheit - aber nicht für jeden
Bürger Serbiens sollen ab 2010 erstmals ohne Visum und ohne Grenzkontrollen in den Schengen-Raum einreisen können - diese Erleichterungen will die EU-Kommission heute auf den Weg bringen. Kritiker bemängeln, dass andere Balkan-Staaten nicht profitieren.
Michael Götschenberg, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
In einem Punkt ist man sich einig in Brüssel: Kroatien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Albanien und Mazedonien - alle Länder auf dem westlichen Balkan sollen früher oder später einmal in die EU aufgenommen werden. Aber es gibt erhebliche Unterschiede: Für manche ist der EU-Beitritt zum Greifen nah - Kroatien könnte in absehbarer Zeit schon beitreten. Für alle anderen ist der Beitritt dagegen in weiter Ferne.
EU muss spürbare Vorteile bringen
Für eine Regierung sei es nicht immer leicht, die EU-Begeisterung der Menschen über einen so langen Zeitraum aufrecht zu erhalten, sagt Melica Delevic, EU-Beauftragte der serbischen Regierung: "Wenn man immer von der Aussicht auf den EU-Beitritt spricht, ohne dass es spürbare Vorteile für die Menschen gibt, dann ist das sehr schwierig zu verkaufen", sagt sie.
Ein solcher Vorteil ist die Visafreiheit für Reisen in die EU - bisher haben nur die Kroaten dieses Privileg. Doch das soll sich bald ändern: Brüssel will den Kreis erweitern, wenn auch nicht um alle Balkan-Länder. Die Serben gehören zu denen, die darauf hoffen können, bald ohne Visum in die EU einreisen zu dürfen - genau so wie die Montenegriner und die Mazedonier.
Visafreiheit gibt es nicht umsonst
Die meisten Serben könnten sich ohnehin keine Reise leisten und nur gut zehn Prozent der Bevölkerung habe überhaupt einen Pass, sagt Melica Delevic. "Aber zu wissen, dass man die Möglichkeit hätte, wenn man denn könnte, das wäre eine enorm wichtige Sache." Die EU-Kommission will heute den Innenministern der EU einen entsprechenden Vorschlag machen - die Entscheidung liegt letztlich dann bei ihnen.
Die Visafreiheit gibt es nicht umsonst. In Mazedonien beispielsweise wurden mit großem Aufwand die Datenbanken mit dem Schengensystem vernetzt und die alten Pässe durch biometrische Reisepässe ersetzt. "Mazedonien erfüllt alle Bedingungen, die uns gestellt worden sind", sagt die mazedonische Innenminsiterin Gordona Jankuloska mit einigem Stolz.
"Haarsträubende Diskriminierung"
Andere sind nach Einschätzung der EU-Kommission in Brüssel noch nicht soweit: Bosnier, Kosovaren und Albaner sollen weiter für ein Schengen-Visum in die EU Schlange stehen müssen. "Eine haarsträubende Diskriminierung" sei das, meint der Grünen-Fraktionschef im Europa-Parlament, Daniel Cohn-Bendit. Zumal die Serben in Bosnien und im Kosovo von der Regierung in Belgrad serbische Pässe bekommen, wenn sie das wollen - diskriminiert würden also letztlich vor allem die Opfer der Balkan-Kriege, meint Cohn-Bendit.
Die Innenminister der EU haben bis Herbst Zeit, sich eine Meinung dazu zu bilden - morgen in Stockholm haben sie eine erste Gelegenheit dazu. In Serbien, Montenegro und Mazedonien hofft man dagegen bereits, dass die Visapflicht zum Jahreswechsel wegfällt.