Patriot-Ausbildung "Ja, wir sind bereit"
Auf der US-Militärbasis Fort Sill in Oklahoma sind Soldaten aus der Ukraine in einem Crashkurs am Raketenabwehrsystem "Patriot" geschult worden. Bald sind sie wieder im Krieg - zusammen mit den Hightechwaffen.
Lkw-große Militärfahrzeuge, auf die gewaltige mobile Raketenabschuss-Rampen montiert sind, rollen an in der Prärie in Fort Sill. 65 ukrainische Soldatinnen und Soldaten trainieren, ein Patriot-Flugabwehrsystem in Stellung zu bringen. "Die Fahrzeuge mit den Trägerraketen fahren jetzt das Gelände runter, die anderen bleiben hier - das Einsatzkontrollzentrum, das mobile Radar und der Stromgenerator", erklärt einer der Ausbilder, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben muss.
Die sand- oder camouflagefarbenen Fahrzeuge stoppen. Und sofort sind die ukrainischen Soldaten dabei, die mobilen Raketenstartrampen in Position zu bringen. Seit Januar trainieren die Ukrainerinnen und Ukrainer, die meisten sind Männer, in Fort Sill.
Nur zehn Wochen hat das Training gedauert. Das ist deutlich schneller, als es das US-Verteidigungsministerium erwartet hatte. Es sei ein sehr intensives Training gewesen, sechs Tage die Woche von morgens 7 Uhr bis abends um 5 Uhr oder 6 Uhr, erzählt ein leitender US-Militär.
Der Ausbilder, ein junger Mann in Armeeuniform mit schwarzer Sonnenbrille, kann kaum glauben, wie schnell es tatsächlich ging. Wenn hier Amerikaner ausgebildet würden, dauere das in der Regel bis zu sechs Monate, erklärt er. Aber die Ukrainer seien so gut ausgebildet, sie hätten einen so starken Willen. "Wenn mir jemand gesagt hätte, wir schaffen das in zehn Wochen - ich hätte es nicht geglaubt."
Die Besten der Besten
Für das Training an dem Patriot-System, einem der modernsten Flugabwehrsysteme der Welt, hat die Ukraine Soldaten ausgewählt, die viel Erfahrung im Abfangen von Luftangriffen haben. Sie seien die Besten der Besten in dem, was sie in der Luftverteidigung für die Ukraine tun, zeigt sich auch der kommandierende General von Fort Sill, Brigadegeneral Shane Morgan, beeindruckt.
Auf dem Feld in Fort Sill beobachten die Ausbilder genau, wie die Ukrainer die Patriot-Batterie aufbauen und in Position bringen. "Sie sind jetzt an dem Punkt, an dem wir nur noch beobachten", erläutert der US-Ausbilder.
Es ist das erste Mal, dass Journalisten beim Training der Ukrainerinnen und Ukrainer in Fort Sill in Oklahoma dabei sein dürfen. Fotos und Videoaufnahmen während des Trainings sind aus Sicherheitsgründen streng verboten.
Das Patriot-System ist eines der modernsten Flugabwehrsysteme der Welt.
Wartung und Instandsetzung des Patriot-Systems
Die eigentliche Ausbildung in Fort Sill, die auch die Wartung und Instandsetzung des Patriot-Systems umfasste, haben die Ukrainer jetzt abgeschlossen. In einigen Wochen werden sie wieder im Krieg sein, ihr Land gegen die russischen Invasoren verteidigen.
Die Vorstellung lässt den Ausbilder nicht kalt. Er sagt, das gehe schon ans Herz. "Gerade heute haben sie uns diese Armbänder geschenkt. Einfach um nochmal danke zu sagen für alles." Er zieht seinen Ärmel hoch und zeigt ein geflochtenes Armband in dunkelgrün und khaki.
Der US-Ausbilder erzählt, sie hätten füreinander gekocht: typische amerikanische und typische ukrainische Gerichte. Und auch der Speiseplan in Fort Sill wurde für die Ukrainer angepasst. Sie hätten festgestellt, erzählt ein US-Militär, dass die Ukrainer Suppe gerne mögen, darum sei mehr Suppe zum Speiseplan hinzugefügt worden.
Erst nach Europa, dann zurück in den Krieg
Fort Sill ist fast wie eine Kleinstadt: mit eigenem Kindergarten, Grundschule, eigener Feuerwehr, Kirchen und Geschäften. Aus Sicherheitsgründen durften die Ukrainer Fort Sill zehn Wochen lang nicht verlassen.
Nun nach Abschluss der Ausbildung werden sie nach Europa fliegen - wohin ist geheim - und dann mit den Ukrainern zusammenkommen, die in Deutschland und den Niederlanden an den Patriot-Flugabwehrsystemen ausgebildet wurden. In den kommenden Wochen, heißt es, sollen sie mit den Patriot-Systemen in die Ukraine zurückkehren.
Interviews mit den ukrainischen Soldaten in Fort Sill sind nicht erlaubt. Ein US-Journalist aus der Ukraine lässt es sich aber nicht nehmen, den Soldaten etwas auf Ukrainisch zuzurufen, als sie vom Aufbau der Trägerraketen Richtung Kommandozentrale zurückgejoggt kommen. Sie winken ihm und rufen zurück. "Ich habe sie gefragt, ob sie bereit sind. Sie haben gesagt - ja, wir sind bereit", übersetzt der Journalist.